Verunsichert und verärgert
Zu „Seehofer ärgert sich über anonyme Kritiker“(Bayern) vom 23. Februar: … und was ist mit bekennenden Kritikern? Freut er sich etwa über konstruktive Kritik? Als CSU-Ortsvorsitzender habe ich die Befürchtung: eher nein. Denn ich habe mich bereits sehr früh von der öffentlichen Schelte und der beschämenden Vorführung unserer Bundeskanzlerin distanziert. Auch wenn es berechtigten Grund zur Kritik gibt, macht man so etwas unter Partnern unter vier Augen aus – zeigt aber nach außen Schulterschluss. Ebenso habe ich die rechtspopulistische Rhetorik wiederholt per Facebook verurteilt und davor gewarnt, hier lediglich die unverbesserlichen Stammtischgenossen und AfDKlientel zu bedienen. Wenn Herr Seehofer nun behauptet, er kenne keine Kritiker und es gebe keine Verunsicherung, dann ist er anscheinend völlig entrückt und weit weg von der Realität. Auf dem CSUFacebook-Portal häufen sich die Stimmen bekennender Kritiker an dieser Art von „Wendehals-Politik“. Wenn Herr Seehofer nun nach der gemeinsamen Pressekonferenz mit Frau Merkel vor die Presse tritt und sagt: „Sie ist eine vorzügliche Kanzlerin“, dann klingt das wie erbärmliches Schmierentheater, bei dem niemand mehr abnimmt, was er sagt. Die einen, weil sie enttäuscht sind von der Kehrtwende und der Zusage, die Kanzlerin zu unterstützen. Die anderen – so wie ich –, die nicht nur verunsichert, sondern verärgert sind, weil diese Haltung unglaubhaft und unseriös für einen Ministerpräsidenten ist.
Reinhard Kremmling, Görisried