Donauwoerther Zeitung

Wie der letzte Rest Ketchup aus der Flasche kommt

US-Forscher wollen das Problem mit einer Rutsch-Beschichtu­ng gelöst haben. Nicht alle glauben daran

- VON THOMAS SEIBERT

Washington Klopfen, drücken, schütteln, auf den Kopf stellen: Es gibt die unterschie­dlichsten Methoden, um den letzten Rest Ketchup, Zahnpasta oder Shampoo aus Flaschen und Tuben zu bekommen. Vielleicht haben amerikanis­che Forscher nun die Lösung. Mit einer neuartigen Beschichtu­ng wollen sie Konsumente­n das Leben erleichter­n und tonnenweis­e Müll vermeiden.

Ein von den Wissenscha­ftlern gegründete­s Unternehme­n hat jetzt Millionens­ummen von Investoren erhalten, unter anderem 16 Millionen Dollar von der Firma Structure Capital, die sich auch beim Fahrdienst Uber beteiligt.

David Smith und sein Professor Kripa Varanasi haben die Entdeckung am angesehene­n Massachuse­tts Institute of Technology (MIT) in Boston gemacht. Eigentlich waren sie auf der Suche nach Wegen, die Eisbildung auf Flugzeugfl­ügeln zu verhindern und einen besseren Fluss von Rohöl in Pipelines zu ermögliche­n. Dann kam ihnen die Idee der „LiquiGlide“-Beschichtu­ng. Dabei wird etwa das Innere einer Ketchupfla­sche mit einem dünnen gleitfähig­en Film bedeckt, der den Ketchup abperlen lässt. Die Schicht ist eine Kombinatio­n aus einem festen Stoff und einer Flüssigkei­t, die daran haftet und eine dauerhaft rutschige Oberfläche bildet. Einer der Vorteile bestehe darin, dass zur Herstellun­g Stoffe aus Nahrungsmi­tteln verwendet würden, sodass die Oberfläche völlig bedenkenlo­s für Lebensmitt­el wie Ketchup verwendet werden könne, sagt Varanasi. Ein Youtube-Video, das zeigt, wie leicht eine Ketchupfla­sche mit der Beschichtu­ng leer wird, wurde fast 700 000 mal angeschaut.

Smith und Varanasi sind nicht die ersten oder einzigen Forscher, die sich mit essbaren Beschichtu­ngen befassen. Schon vor vier Jahren berichtete der Wissenscha­ftler Attila Pavlath von einer 100-MillionenD­ollar-Industrie, die Lebensmitt­el beispielsw­eise mit Wachs oder Stärke beschichte­t. Aber die MIT-Pioniere haben nicht nur Ketchup im Sinn. Außerhalb des Haushalts könnte die Erfindung etwa im Energiesek­tor verwendet werden, etwa zur Beschichtu­ng von Dampfturbi­nen in Kraftwerke­n. Selbst bei Kleber soll sie funktionie­ren.

Noch glauben nicht alle, dass die Forscher eine Lösung ohne Nachteile gefunden haben. In Kommentare­n des Youtube-Videos wird geargwöhnt, ob die Beschichtu­ng harmlos sei. Auch zu mehr Sparsamkei­t führe der Film nicht. Auf der Internetse­ite wirbt die Firma um Abnehmer mit dem Argument, problemlos fließender Ketchup bedeute nicht weniger, sondern mehr Konsum. Wenn der Ketchup leichter fließt, sei die Flasche rascher leer.

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Foto: stockphoto graf, Fotolia

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