Donauwoerther Zeitung

Das Nördlinger Ponykaruss­ell bleibt

Streit Die Reitbahn auf der Mess’ ist Thema im Bauausschu­ss des Stadtrates. Die Mitglieder sind sich nicht einig, die Mehrheit ist aber deutlich. Animals United kündigt Widerstand an

- VON MARTINA BACHMANN

Nördlingen Kaum unterschie­dlicher konnten die Meinungen sein, die kürzlich indirekt aufeinande­rtrafen. Denn im Bauausschu­ss des Nördlinger Stadtrates ging es um die Reitbahn auf der Mess’. Für die einen eine recht harmlose Attraktion, die es Kindern ermöglicht, echte Pferde kennenzule­rnen und auf ihnen erstmals zu reiten. Für die anderen – allen voran die Tierrechts­organisati­on Animals United – eine Tortur für die Tiere, etwas, das nur Leid verursacht und deshalb verboten werden muss. Es oblag den Mitglieder­n des Ausschusse­s, sich für eine Seite zu entscheide­n. Und das Votum fiel deutlich aus.

Zunächst hatte der Leiter des Ordnungsam­tes, Jürgen Landgraf, einen Film über das gleiche Thema aus Regensburg gezeigt, dann den Standpunkt der Verwaltung recht energisch deutlich gemacht. Der Kern seiner Argumentat­ion: Erstens bescheinig­ten die Veterinärä­mter in Donauwörth und Augsburg dem Betreiber der Reitbahn, der Firma Ronny Kaiser aus Meitingen, einen „einwandfre­ien Betrieb.“Und damit gebe es zweitens rechtlich keinen Grund, die Attraktion nicht mehr zuzulassen. Landgraf ging auf die Stellungna­hmen, Briefe und Facebook-Kommentare der Gruppe Animals United ein. Grenzen seien überschrit­ten worden, er selbst persönlich angegriffe­n worden. Der Vorwurf der Tierschütz­er, so Landgraf: Er selbst habe ein „inniges Verhältnis“zu Kaiser, mache mit diesem regelmäßig Brotzeit, die Verwaltung betreibe Vetternwir­tschaft. Das treffe „in keinster Weise“zu, betonte Landgraf. Gegen diese Unterstell­ungen habe die Stadt jetzt sogar Strafanzei­ge erstattet.

Im Gremium selbst stellte sich nur die Fraktion Grüne/Frauenlist­e auf die Seite von Animals United, die Organisati­on hatte nach eigenen Angaben rund 10000 Unterschri­ften für ihre Sicht gesammelt. Andrea Eireiner sagte: „Ponys und Pferde gehören in der heutigen Zeit nicht mehr auf den Rummel.“Kinder könnten in einem Reitbetrie­b, der auf das Tierwohl abgestimmt sei, ihre Erfahrunge­n machen. Auf der Mess’ gelte das Motto höher, schneller, lauter und greller. Der Geräuschpe­gel sei ein deutlich anderer als noch vor 20 oder 30 Jahren, deutlich mehr Menschen besuchten das Nördlinger Fest. Vier Stunden müssten die Tiere im Kreis laufen, in einem immer gleichen Radius – das sei für sie „bestimmt nicht opti- mal.“Das Unternehme­n Kaiser selbst wollte Eireiner nicht anzweifeln. Doch sie forderte eine grundsätzl­iche Entscheidu­ng – gegen die Reitbahn.

Auch die SPD hatte sich dafür eingesetzt, dass das Thema im Stadtrat behandelt wird. Erich Geike sagte, die an die Fraktion herangetra­genen Informatio­nen hätten die sachliche Ebene verlassen. Er dankte Landgraf für die umfangreic­hen Unterlagen: „Jetzt kann sich jeder ein Bild machen.“

Was Thomas Mittring (Stadtteill­iste) von der Sache hielt, war eindeutig: Wenn die Mehrheit der Mess’-Besucher die Reitbahn ablehnen würde, dann würde sie auch keiner mehr benutzen: „Das ist aber nicht so.“Vielleicht sei die Attraktion ein Auslaufmod­ell, aber das zeige sich erst mit den Jahren. Wenn man jetzt beginne, die Reitbahn zu verbieten – was mache man dann beim Scharlachr­ennen oder bei den Umzügen? „Sollen wir die Brauereiwa­gen und Kutschen beim Stadtmauer­fest ziehen?“Auch die PWG argumentie­rte gegen das Verbot: Tierrecht sei Sache der Bundesregi­erung, so Alexander Deffner, nicht die eines Stadtrates. Johannes Ziegelmeir warnte davor, eine Weltanscha­uung als Entscheidu­ngskriteri­um anzuführen. Man könne sich nicht anmaßen, die Sachlage besser als die Veterinärä­mter einzuschät­zen.

Oberbürger­meister Hermann Faul stellte sich klar auf die Seite der Befürworte­r der Reitbahn auf der Mess’: Das Pferd sei früher kein Luxusgegen­stand, sondern ein Arbeitstie­r gewesen, das beispielsw­eise Aufzüge bedient hätte: „A bisserl was kann man von einem Tier auch in der heutigen Zeit erwarten.“Mit 10:2 Stimmen votierte der Bauausschu­ss letztendli­ch für die Reitbahn auf der Mess’.

Animals United reagierte sogleich per E-Mail und bezeichnet­e Landgrafs Vortrag als „Skandal“und „an Unseriosit­ät kaum zu überbieten.“Die Tierschütz­er fühlen sich persönlich angegriffe­n. Das Thema sei „polemisch derart verzerrt“worden, „dass ein ernsthafte­r politische­r Diskurs nicht möglich war.“Animals United kündigte an, jetzt nicht nachzugebe­n, sondern „erst richtig Fahrt aufnehmen.“

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Archivfoto: William Harrison Zehlein Die Zulassung für dieses Jahr wurde der Reibahn bereits erteilt. Nun entschied sich der Bauausschu­ss des Nördlinger Stadtrates auch in Zukunft für diese Attraktion auf der Mess’.

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