Gottgewollt sind andere Dinge
Carsten Kengeter hat das Glück verlassen. Der Chef der Deutschen Börse strebte ganz nach oben und droht im Staub zu landen. Er wollte die Frankfurter mit der mächtigeren Londoner Börse fusionieren und selbst an der Themse Chef des Konzerns werden. Ein zu ehrgeiziges Vorhaben des chronisch selbstbewussten früheren Investmentbankers. Solche Geschäfte mögen zwischen normalen Unternehmen klappen. Börsen sind aber keine normalen Unternehmen, sondern hochpolitische Konstrukte. Nicht umsonst wurde Kengeter im Zuge seiner Pläne hierzulande als „Vaterlandsverräter“beschimpft.
Gerade in Zeiten heftiger Globalisierungskritik sind Politiker hellhörig geworden. Sie können nicht zuschauen, wie eine Institution, die trotz ihrer weltweiten Ausrichtung als nationale Einrichtung empfunden wird, von London geführt wird. Und umgekehrt verwundert es nicht, dass sich die in Börsenfragen überlegen fühlenden Briten nicht gerne einen Deutschen vor die Nase setzen lassen – in Brexit-Zeiten schon gar nicht. Das sind die eigentlichen Gründe für das sich abzeichnende Scheitern der Fusion. Wenn das Aus besiegelt ist, wird die Kritik an Kengeter noch lauter werden. Zu vollmundig hatte er erklärt, die Allianz sei gottgewollt. Gottgewollt sind andere Dinge, Börsenfusionen nicht.
Aber schon der frühere DaimlerChef Jürgen Schrempp hatte ja geglaubt, mit Chrysler eine Ehe im Himmel zu schließen. Es wurde die Hölle auf Erden. Kengeter, vom Typ her Schrempp ähnlich, droht ein Fiasko, zumal auch noch die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts des Insider-Handels ermittelt. Dabei es ist kaum vorstellbar, dass er so leichtsinnig gewesen ist, im großen Stil Aktien der Deutschen Börse AG zu kaufen, in der Hoffnung, sie würden im Zuge der Fusion mit London kräftig steigen.