Wir sehen so aus, wie wir heißen
Studie Mit vielen Namen verbindet man Vorurteile. Jetzt sagen Forscher: Jeder von uns orientiert sein Aussehen daran
Jerusalem Chantal, die auf Hip-Hop gestylte Schminkexpertin aus dem Kinohit „Fack Ju Göhte“? Florian, ein lässiger, gut aussehender Frauenschwarm wie Florian David Fitz?
Menschen sehen offenbar tatsächlich so aus, wie man sie sich wegen ihres Namens vorstellt. Versuchspersonen können mit erstaunlicher Trefferquote unbekannten Menschen den richtigen Namen zuordnen, schreibt ein internationales Forscherteam im Fachblatt Journal of Personality and Social Psychology.
Den Forschern zufolge nähern sich die Menschen dem an, was andere mit ihrem Namen verbinden. Das führe zu einer „selbsterfüllenden Prophezeiung“. Bereits Kinder bekommen gesagt, dass sie Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen sollen. „Aber dennoch tun wir es alle“, schreiben die Forscher um Yonat Zwebner von der Hebrew University of Jerusalem in ihrem Artikel.
Bekannt ist: Vom Aussehen eines Menschen schließen wir auf Charaktereigenschaften wie Intelligenz, Vertrauenswürdigkeit oder Warmherzigkeit. Die Frage sei: Funktioniert das auch andersherum? Beeinflusst das Urteil anderer Menschen unser Aussehen? Konkret untersuchten die Wissenschaftler, ob der Name eines Menschen seine Erscheinung beeinflusse. Sie führten dazu zahlreiche Experimente durch. So legten sie hunderten Versuchspersonen Fotos und eine Auswahl von vier bis fünf Namen vor. Aufgabe war es, den passenden Namen für den Menschen auf dem Foto zu wählen. Die Versuchspersonen schafften das deutlich häufiger, als nach dem Zufallsprinzip zu erwarten gewesen wäre, nämlich je nach Experiment in bis zu 40 Prozent der Fälle. Hätten sie bloße Zufallstreffer gelandet, hätte die Quote nicht mehr als 20 bis 25 Prozent betragen dürfen. Französische Testpersonen konnten zudem französische Namen und Gesichter besser zuordnen, israelische Versuchspersonen besser hebräische Namen mit israelischen Gesichtern in Verbindung bringen.
Schließlich fanden die Wissenschaftler heraus, dass einzelne kontrollierbare Charakteristika eines Gesichts – etwa die Frisur – ausreichten, um die Trefferquote zu erhöhen. Und dass auch Computer lernen konnten, welche Gesichter zu welchen Namen passen. Das Programm, das sie mit fast 100000 Gesichtspaaren trainiert hatten, erreichte bei der Zuordnung eine Trefferquote von 54 bis 64 Prozent.
Ein soziales Etikett wie der Name beeinflusst scheinbar unser Aussehen, fasst Mitautorin Ruth Mayo die Ergebnisse zusammen. „Von der Minute unserer Geburt unterliegen wir einer sozialen Gestaltung, nicht nur durch Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und sozioökonomischen Status, sondern einfach durch die Wahl, die andere für unseren Namen getroffen haben.“