Ferienglück mit leerem Magen
Fastenreisen Immer mehr Anbieter schnüren attraktive Pakete für Körper, Geist und Seele
Portugal oder Korsika, Provence oder Kreta: „Fasten und Fastenwandern berührt unsere innerste Tiefe“, sagt Veranstalter André Humbert. Durch die ausdauernde Bewegung mit mäßiger Anstrengung werde der Kreislauf angekurbelt, und die Zufuhr von Sauerstoff unterstütze die Fettverbrennung. Eine achttägige Tour im April durch die leicht hügelige Landschaft der luxemburgischen Ardennen führt über ausgedehnte Hochflächen und entlang quirliger Bäche und ruhiger Flüsse. Die Teilnehmer tauschen feste Nahrung gegen Wasser und Tee, wer mag, auch gegen ein paar Früchte sowie Bewegung, Sonne, frische Luft. Die Morgengymnastik beinhaltet Elemente aus Tai Chi, Qigong und Yoga. Das Wohlbefinden rundet ein Besuch im Wellnessbereich ab. Dort warten unter anderem Massagen, eine finnische Sauna, ein Hamam und eine Solegrotte.
Fernab weltlicher Einflüsse fasten Besucher bei den Zisterzienserinnen im Klosterstift St. Marienthal. Dort, im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien, ernähren sich die Klosterbewohner auf Zeit von Wasser, Kräutertees sowie Obst- und Gemüsesäften. Einmal täglich gibt es eine leichte Gemüsebrühe mit frischen Kräutern. Das stille Leben in der Abgeschiedenheit der Oberlausitz können die Besucher auch nutzen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Die Schwestern haben stets ein offenes Ohr und freuen sich über Gespräche mit den Gästen. Sie bieten zudem Vorträge über eine gesunde Lebensweise, Entspannungsübungen und Radausflüge.
Fasten, Wellness, und sich dabei mal richtig den Wind um die Ohren pusten lassen – das gibt es auf Sylt. Vor 18 Jahren bot Frank Ahlers erstmals Fasten nach Dr. Buchinger an. Heute kombinieren seine Teilnehmer Fasten mit Wandern, Yoga, Nordic Walking und Zumba. Und Mitte Januar wurde zusätzlich ein Basenfasten-Haus mit zehn Zimmern eröffnet. „Manchen Menschen fällt der Einstieg ins Fasten mit Basenfasten leichter, weil es basisches Essen gibt“, sagt Fastenleiter Finn. So stehen nach der Morgengymnastik etwa Obst mit Mandeln und Chiasamen auf dem Speiseplan, mittags eine Gemüsesuppe und abends darf man sich auf gefüllte Champignons, Kartoffeln oder eine Gemüsepfanne freuen. Vier bis fünf Stunden sind die Teilnehmer täglich unterwegs. Zum Ausgleich darf man sich auf Massagen oder ayurvedische Behandlungen freuen.
Einen großen Überblick über unterschiedliche Fastenarten und -orte gibt die Fasten-Wander-Zentrale in Kaiserslautern: Vom Allgäu bis nach Usedom, von Schweden bis Korsika, von der Methode Dr. Buchinger über Ayurveda-Fasten oder Fasten nach der heiligen Hildegard. Große und kleine Veranstalter bieten hier ihre Programme an. Einige stehen unter der Leitung von Ärzten, andere sind ärztlich geprüfte Fachberater, wieder andere Heilpraktiker.
Und wenn für keinen in diesem Jahr etwas dabeizusein scheint, bleibt immer noch das Programm der evangelischen Kirche. Unter dem Motto „Augenblick mal! 7 Wochen ohne Sofort!“ermuntert sie auch dieses Jahr wieder Millionen Menschen, während der Fastenzeit einmal innezuhalten. Es gilt, die Alltagsroutine zu hinterfragen, eine andere Perspektive einzunehmen und zu entdecken, worauf es im Leben eigentlich ankommt. Zwischen Aschermittwoch und Ostern liegt der Fokus in diesem Jahr auf der Geduld, eben dem „nicht Sofort“. Ganz gleich, ob es darum geht, sich spontan über den Nachbarn oder im Supermarkt über die lange Schlange an der Kasse zu ärgern. Vielleicht muss auch nicht gleich ein Schokoriegel her, wenn er einem in den Sinn kommt. Und das ist doch aus schon etwas. (srt)