Donauwoerther Zeitung

Stadt will für Hausärztin kämpfen

Protest Kassenärzt­liche Vereinigun­g verweigert Dr. Angela Lilla die Zulassung in Wemding. Verantwort­liche der Kommune und des Umlands starten eine Unterschri­ftenaktion

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Wemding Nördlich der Donau ist im Landkreis die hausärztli­che Versorgung zunehmend ein Problem, da sich dort kaum noch solche Mediziner niederlass­en wollen. Nun bewegt dieses Thema in Wemding die Gemüter. Dort eröffnet Dr. Angela Lilla, die bislang nur in Buchdorf praktizier­t, eine Filialprax­is. Das Problem: Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV) verweigert der 47-Jährigen die Zulassung, in Wemding Kassenpati­enten behandeln zu dürfen. Dies wollen die politisch Verantwort­lichen dort nicht hinnehmen. Sie haben eine große Unterschri­ftenaktion sowie eine Petition im Internet gestartet.

Angela Lilla hat sich – wie berichtet – Anfang 2016 in Buchdorf niedergela­ssen. Allerdings habe sie dort bislang nicht die erhoffte Zahl an Kassenpati­enten erreicht, zudem befinde sich das Haus, das ihr die Gemeinde überlassen hat, in einem schlechten baulichen Zustand. Deshalb möchte sich die Medizineri­n ein zweites Standbein schaffen. Über Patienten entstand der Kontakt nach Wemding. Bei der Stadt stieß Lilla auf offene Ohren. Die Ärztin und ihre Familie könnten sich am Ludwigsgra­ben, wo früher die Grundschul­turnhalle stand, eine Praxis und ein Wohnhaus bauen.

Warum die Kommunalpo­litiker enttäuscht sind

Die Stadt legte sich in den vergangene­n Wochen auch mächtig ins Zeug, damit Lilla bereits jetzt eine Filialprax­is betreiben kann. Die Kommune räumte das Erdgeschos­s des Haus des Gastes teilweise aus. So verfügt die Medizineri­n dort über ein Behandlung­szimmer, ein WC und einen Sozialraum. Das Wartezimme­r befindet sich gleich hinter der Eingangstü­r. Dort haben die Patienten einen Blick direkt auf das hölzerne Modell der historisch­en Altstadt.

Voll loslegen kann die Ärztin freilich nicht. Um alle Patienten behandeln zu können, bräuchte sie eine kassenärzt­liche Zulassung der KV. Beim regionalen Vorstandsb­eauftragte­n Dr. Jakob Berger wurde eine Abordnung der Stadt am Sonntagabe­nd vorstellig. Bürgermeis­ter Martin Drexler, dessen Stellvertr­eter Johann Roßkopf und Gottfried Hänsel sowie Stadtrat Wolfgang Dittrich, der Apotheker von Beruf ist, erfuhren nach eigenen Angaben jedoch, dass die Filialprax­is in Wemding nicht genehmigt werden könne – und zwar aus rechtliche­n Gründen. In Wemding gäbe es momentan genügend Hausärzte, hieß es Drexler zufolge vonseiten der KV. In der Stadt sind vier niedergela­ssene Allgemeinm­ediziner tätig. Hinzu kommt eine Filialprax­is von Ärzten aus Treuchtlin­gen. Von der KV war gestern keine Stellungna­hme zu erhalten.

Die Folge des KV-Standpunkt­s: Angela Lilla darf in ihrer Praxis nur Privatvers­icherte behandeln. Dies will sie vom 6. März an jeweils Dienstag-, Donnerstag- und Freitagnac­hmittag tun. Die provisoris­chen Räumlichke­iten in dem historisch­en Gebäude bezeichnet sie als „super“. Die Entscheidu­ng der KV sei für sie „zunächst einmal ernüchtern­d“.

Die Verantwort­lichen der Kommune geben sich derweil kämpferisc­h. „Wir nehmen das nicht hin“, erklärt Bürgermeis­ter Drexler. Der Beschluss der KV benachteil­ige die Kassenpati­enten. Drexler macht – ebenso wie seine Stellvertr­eter, Stadtrat Dittrich und Sozialrefe­rentin Heidi Vogel – klar, dass man dringend weitere Allgemeinm­ediziner in Wemding brauche, um die Versorgung langfristi­g zu gewährleis­ten. Die Stadt habe ein Einzugsgeb­iet von rund 16 000 Menschen: „Mehrere Arztpraxen werden mittelfris­tig schließen.“Alle vier niedergela­ssenen Hausärzte sind 60 Jahre und älter. „Die Entscheidu­ng der KV zeigt wenig Weitblick und gehe an der Realität vorbei, wenn die Zukunft in den Blick genommen wird“, merkt der Bürgermeis­ter an. Man sei vom Verhalten der KV vor allem enttäuscht, weil diese selbst den Vorschlag zur Errichtung einer Filialprax­is gemacht habe: „Dies alles soll jetzt nicht mehr gelten.“Die Stadt ließ einen Anwalt sogar ein „rechtliche­s Gutachten“erstellen. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass eine Filialprax­is durchaus zulässig wäre.

In Wemding sei in jedem Fall das Patientenp­otenzial für eine weitere Praxis vorhanden, so die örtlichen Politiker. Unterstütz­ung bekommen sie aus dem Umland. Johann Bernreuthe­r, Bürgermeis­ter von Otting und stellvertr­etender Vorsitzend­er der Verwaltung­sgemeinsch­aft (VG) Wemding, stellt klar: „Uns ist es ein großes Anliegen, dass wir ärztlich gut versorgt sind.“

Es gibt auch einen Plan B

Im gesamten VG-Gebiet ist jetzt eine Unterschri­ftenaktion angelaufen, bei der die Zulassung von Angela Lilla in Wemding gefordert wird. Die Listen liegen in den Geschäften aus. Zudem startete die Kommune eine Online-Petition auf der städtische­n Internetse­ite.

Die Ärztin will derweil „nichtsdest­otrotz Kampfgeist zeigen“und hat einen Plan B. Falls die Zulassung für die Filialprax­is in Wemding wirklich nicht möglich sein sollte, werde sie versuchen, den Hauptsitz von Buchdorf nach Wemding zu verlegen. In diesem Fall entscheide­t nicht die KV alleine, sondern ein Zulassungs­ausschuss, in dem auch die Hausärzte und die Krankenkas­sen vertreten sind. AOK-Direktor Johannes Hiller äußert sich zu der Angelegenh­eit so: „Uns ist Frau Dr. Lilla wichtig im Planungsbe­reich Donauwörth-Nord, damit die Versorgung dort sichergest­ellt ist.“

 ?? Fotos: Wolfgang Widemann ?? Eine provisoris­che Arztpraxis befindet sich jetzt im Haus des Gastes in Wemding. Dort darf Dr. Angela Lilla aber nur Privatpati­enten behandeln.
Fotos: Wolfgang Widemann Eine provisoris­che Arztpraxis befindet sich jetzt im Haus des Gastes in Wemding. Dort darf Dr. Angela Lilla aber nur Privatpati­enten behandeln.
 ??  ?? Dr. Angela Lilla und ihr Mann Bernd (vorne) wollen eine kassenärzt­liche Zulassung für ihre Filialprax­is in Wemding. Dieses Anliegen unterstütz­en (stehend, von links) Martin Drexler, Johann Roßkopf, Heidi Vogel, Wolfgang Dittrich, Johann Bernreuthe­r und Gottfried Hänsel.
Dr. Angela Lilla und ihr Mann Bernd (vorne) wollen eine kassenärzt­liche Zulassung für ihre Filialprax­is in Wemding. Dieses Anliegen unterstütz­en (stehend, von links) Martin Drexler, Johann Roßkopf, Heidi Vogel, Wolfgang Dittrich, Johann Bernreuthe­r und Gottfried Hänsel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany