Unternehmen müssen mehr zahlen
Wirtschaft Rund 43 Jahre lang wurde die Gewerbesteuer in Nördlingen mit demselben Hebesatz berechnet. Doch angesichts der klammen Finanzlage erhöht der Stadtrat ihn jetzt erstmals
Nördlingen Zum ersten Mal seit 1974 steigt in Nördlingen die Gewerbesteuer. Konkret beschloss der Stadtrat, den Hebesatz um 20 auf dann 360 Prozentpunkte zu erhöhen. Mit diesem Satz wird die Gewerbesteuer berechnet, die Unternehmen zahlen müssen. Im Gremium leistete die CSU leidenschaftlich Widerstand gegen die Erhöhung. Doch die Mehrheit sprach sich für den Vorschlag von Stadtteilliste und Verwaltung aus.
Kämmerer Bernhard Kugler genügten wenige Zahlen, um die Erhöhung zu begründen. Er blickte auf den Schuldenstand der Stadt im Jahr 2020, die beiden Großprojekte Wemdinger Tunnel und Bahnhof eingerechnet. Bleibe man beim bisherigen Hebesatz, müsse man rund vier Millionen Euro neue Schulden machen, sagte der Kämmerer. Und dabei seien ein neues Parkhaus oder eine Sanierung des Hallenbads nicht berücksichtigt. Erhöhe man den Gewerbesteuer-Hebesatz dagegen, stünden am Ende wohl nur rund 820 000 Euro neue Miese – und damit rund 8,7 Millionen Euro Schulden. Kugler verglich Nördlingen mit anderen großen Kreisstädten, die hätten im Schnitt einen Satz von 356 Prozentpunkten. Eine Steuererhöhung mache man nicht gerne, doch diese sei eine „alternativlose Maßnahme“.
Jörg Schwarzer stemmte sich mit der stärksten Fraktion im Rat, der CSU, gegen eine Erhöhung. Kuglers Argument, dass diese ja nur rund 400 der 1955 Gewerbebetriebe in Nördlingen treffen würde, ärgerte Schwarzer. Jede Kapitalgesellschaft habe schließlich eine oder mehrere Personengesellschaften, es gebe viele kleine GmbHs in Nördlingen. „Wir sägen hier an einer der wichtigsten Säulen des Nördlinger Erfolgsmodells zur Gewerbeansiedlung.“Der Stadtrat habe in den vergangenen neun Jahren rund acht Millionen Euro neue Schulden beschlossen. Benötigt worden sei diese Summe aber bei Weitem nicht: „Tatsächlich haben wir 200 000 Euro zurückbezahlt.“Joachim Sigg (PWG) schloss sich Schwarzers Argumentation an.
Thomas Mittring (Stadtteilliste) verteidigte den Vorschlag seiner Fraktion. Die Infrastruktur-Maßnahmen wie Wemdinger Tunnel, Bahnhof und Breitbandausbau würden auch das Umfeld der Gewerbebetriebe verbessern. Die Stadt würde mit ihren Investitionen zudem Aufträge für die heimischen Betriebe generieren. Mittring verwies auf die hohen Investitionen, die Nördlingen angestoßen habe, etwa den sozialen Wohnungsbau. Die Privatpersonen hätten ihren Anteil bereits beigetrainsgesamt gen, weil sie mehr Grundsteuer bezahlen müssten. Ähnliche Argumente für die Erhöhung fand Helmut Beyschlag (PWG). Er wies auf das Hallenbad hin, das seine Fraktion nicht endgültig ad acta legen wolle, das die Bürger auch erwarteten. „Wir haben auch noch nicht darüber gesprochen, wie man ein Parkhaus finanziert.“Es sei keine leichte Entscheidung, an der Steuerschraube zu drehen, aber Nördlingen befinde sich in keiner guten finanziellen Situation. Immer nur neue Schulden zu machen, gefährde auf Dauer das Finanzsystem – und bei den Ausgaben zu sparen, habe man nicht vermocht.
Die Fraktion Grünen/Frauenliste plädierte sogar für 390 Prozentpunkte – das wurde aber von allen anderen Mitgliedern des Stadtrates abgelehnt. Nach mehr als 40 Jahren sei solch eine Erhöhung „mehr als gerechtfertigt“, meinte Sonja Kuban. Auf keinen Fall trage sie den 390-PunkteHebesatz mit, konterte Rita Ortler (SPD). Man müsse den Unternehmen nicht alles aufbürden. Und sparsames Wirtschaften sei trotz der Erhöhung wichtig.