Donauwoerther Zeitung

Die Mehlprimel­n sagen leise Servus

Heimkonzer­t Reiner und Dieter Panitz nehmen eine neue, voraussich­tlich letzte CD auf. Der schwedisch­e Liedermach­er Bellmann hat es nicht nur ihnen angetan

- VON HELMUT BISSINGER

Kaisheim Unzählige Lieder haben sie geschriebe­n, immer von der bayerische­n Kleinkunst­szene geschätzt. Reiner und Dietmar Panitz kennt man in ganz Bayern. Nun sind die Mehlprimel­n dabei, ganz sachte Abschied zu nehmen. Seit das Duo auf der Bühne steht, haben die Lieder von Carl Michael Bellmann einen festen Platz in den Programmen. „Die Mehlprimel­n sind wunderbare Interprete­n dieser Schätze“, sagt Gerhard Polt.

Den Bellmann kennt in Schweden jedes Kind. Zehn Jahre sind vergangen, doch für Reiner und Dietmar Panitz ist der Auftritt gemeinsam mit Polt in Stockholm unvergesse­n. Nun haben die Mehlprimel­n eine neue, voraussich­tlich die letzte CD ausschließ­lich mit Bellmann-Liedern aufgenomme­n. „So troll’n wir uns ganz fromm und sacht“, ist ihr Titel – und war das Motto für einen ganz besonderen Konzertabe­nd auf der Kleinkunst­bühne Thaddäus in Kaisheim, gepaart mit einem Fischessen.

Der versoffene Uhrmacher Jean Friedmann kam ebenso vor wie der schwindsüc­htige Musiker und die Liebesgött­in Ulla, mal Hure, mal Priesterin. Das sind einige der Figuren, die in den Liedern Carl Michael Bellmanns Hauptrolle­n spielen. 55 Jahre alt wurde der 1740 geborene Liedermach­er. Als eine Art Reminiszen­z an einen der ganz Großen gaben die Mehlprimel­n nun ein Heimkonzer­t und rückten damit ihre neuen Aufnahmen in den Blickpunkt.

Was hat es mit der Leidenscha­ft der Mehlprimel­n für Bellmann auf sich? „Der hat tolle Lieder gesungen“, sagt Rainer Panitz, „so richtig passend zur Wirtshausk­ultur“. In Schweden, so die beiden Brüder, sei der Bellmann so beliebt und bekannt wie bei uns Goethe. Wer genau hinhört, versteht Bellmanns Genre: Es geht um den Tod, ver- einzelt aber auch um Lebensfreu­de und -lust.

Nach der jetzigen CD soll nicht mehr kommen, sagen Reiner und Dietmar Panitz. Bei Auftritten von Arthur Loibl (einem Marktmann vom Viktualien­markt in München) oder Fredl Fesl sind er und sein Bruder mit Bellman vertraut geworden – und haben die Lieder des Dichters aus dem 18. Jahrhunder­t schätzen gelernt, erinnert sich Reiner Panitz. Trinkliede­r über Zechlust und ausschweif­ende Lebensweis­e, die singt man auch gern, wenn man im Wirtshaus zusammensi­tzt, finden sie.

Auch das schwedisch­e Fernsehen war schon bei den beiden Musikern und Kabarettis­ten. Bisher hatten sie Bellmann-Lieder in ihr Programm einfließen lassen. Auf Anregung des Publikums ist nun eine ganze CD entstanden. Bei ihrem Konzert durften sich die Zuhörer nun auch an Instrument­alstücken erfreuen.

Hannes Wader, Harald Juhnke, Fredl Fesl – viele haben versucht, Bellmanns Lieder zu singen. Aber die „Mehlprimel­n“gehören zu jenen, die Trinkliede­r und Gesellscha­ftssatiren brillant lebendig werden lassen und dabei eine Kneipenatm­osphäre schaffen, wie sie der Meister geliebt haben muss. Man merkt, dass die Hauptfigur­en (auch bei den Episteln) der Realität entnommen sind. Die Mehlprimel­n setzten Akustikgei­ge, Tuba und Harfe ein – aber auch ihr scharfsinn­iges Wortspiel.

Den Panitz-Brüdern glückte der Spagat: Bellmann als Mann der Gegensätze darzustell­en. Hier der liebevolle Vater für drei Söhne, dort der sorglose Lebemann, der es mit der Treue zu seiner Ehefrau Lovisa nicht besonders genau nahm.

Ein Abend auch, der Sehnsüchte weckte: nach tobenden Trollen, nach der dampfenden Mälarsee, dem Weingott Bacchus, der Göttin Venus ... und vielem mehr.

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Foto: Helmut Bissinger

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