Die geliehene Oma
Familien im Fokus Im Landkreis gibt es ein Projekt, bei dem sich Senioren als Leihgroßeltern um Kinder kümmern. Die Nachfrage ist groß, doch es finden sich nur wenige Betreuerinnen
Landkreis Welches Kind bekommt nicht glänzende Augen, wenn es hört, dass es die Großeltern besuchen darf, dass die Oma vorbeikommt oder dass es mit dem Opa auf einen Ausflug geht? In nahezu jeder Familie haben die Großeltern eine besondere Stellung inne, die für die Kinder meist mehr Freiraum als bei den Eltern bedeutet. Doch da sich in der heutigen Zeit das Familienbild stark gewandelt hat, sind nicht immer eine Oma oder ein Opa vor Ort.
Aus diesem Grund hat im Landkreis Donau-Ries 2003 das Evangelische Bildungswerk Nördlingen das ehrenamtliche Projekt Leihoma ins Leben gerufen; seit 2005 ist es Bestandteil des Familienportals Donau-Ries.
„Mit diesem Konzept soll Kindern, deren Oma oder Opa nicht vor Ort oder nicht mehr da sind, ein Großelterngefühl vermittelt werden“, erklärt Waltraud Eberhardt, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Evangelischen Bildungswerks Nördlingen und Initiatorin dieses besonderen Ehrenamts. „Gleichzeitig gibt es für die Leihgroßeltern einen großen emotionalen Gewinn, und gerade die Mütter werden so stundenweise entlastet. Auf diese Weise gab es für alle Beteiligten in der Vergangenheit eine Win-winSituation.“Um den Wert dieses Projektes weiß auch die 75-jährige Barbara, die seit vier Jahren als Leihoma ein achtjähriges Mädchen betreut: „Was gibt es Schöneres, als wenn die Kleine nach der Schule zu mir kommt, mich als Erstes umarmt und mir ein Bussi gibt? Das ist doch der Himmel auf Erden.“
Wenn sie erzählt, was sie alles mit ihrer Leihenkelin macht, dann klingt das gar nicht so anders als bei einer normalen Oma: „Nach dem Essen erzählen wir ein bisschen, dann macht sie Hausaufgaben und anschließend bringe ich sie zum Basketball oder Kinderchor, zur Hausaufgabenbetreuung, zu Freundinnen oder zum Sprachunterricht; und am Wochenende begleite ich sie auch zu Wettkämpfen und feuere sie an.“Dabei bleibt Barbara, die selbst keine Enkel hat, ganz realistisch und betont deutlich, dass eine Leihgroßelternschaft nicht ganz schonungslos an einem vorbeigeht: „Mich strengen vor allem die Hausaufgaben an, weil die Aufgabenstellungen beziehungsweise die Formulierungen schwieriger als früher sind.“Mehr als einen Leihenkel zu haben, ist für die 75-Jährige auch nicht möglich, weil der Zeitaufwand sonst allein wegen der räumlichen Entfernungen zu groß wäre. Für Barbara ist dieses Projekt, so wie es auch von den Initiatoren angedacht ist, ein echtes Ehrenamt, das sie mit großem Idealismus füllt. „Ich nehme dafür auch keine Geschenke an“, macht sie deutlich. Entsprechend heißt es auch im Flyer des Landkreises Donau-Ries: „Leihoma oder Leihopa zu sein ist ein freiwilliges, ehrenamtliches Engagement. Sie entscheiden deshalb auch selbst, in welcher Form wie oft und wie lange sie sich engagieren wollen.“
Noch hat sich kein Leihopa gefunden
Jedoch schwächelt derzeit dieses Projekt landkreisweit. Ein Großteil der Frauen – es gab bislang keine Leihopas – hat inzwischen nach über 13 Jahren sein Engagement beendet. Derzeit ist neben Barbara nur noch eine weitere Leihoma aktiv. Dies bedauert auch Sina Scheiblhofer, die Familienbeauftragte des Landkreises Donau-Ries: „Leider müssen wir im Moment die anfragenden Familien immer erst einmal vertrösten, weil wir gerade keine Leihomas und Leihopas zur Vermittlung haben. Das ist schade, denn eigentlich ist das ein wunderbares Konzept für junge Familien.“
Als Schwierigkeiten, weshalb derzeit keine Nachfolgerinnen gefunden werden können, nennt Waltraud Eberhard Verschiedenes: Oftmals ist die entsprechende Generation selbst noch berufstätig, die potenziellen Leihomas werden von den eigenen Kindern oder Enkeln sehr beansprucht, und manch einer wird auch durch die modernen Erziehungsstile abgeschreckt.
Für die Zukunft wünscht sich die Mitarbeiterin des Evangelischen Bildungswerks Nördlingen, dass das Projekt wieder ins Rollen kommt und dass sich neue Leihomas oder Leihopas melden.
Das sieht auch Leihoma Barbara so: „Man könnte viele Leihomas gebrauchen.“
Informationen: Wer sich vorstellen kann, Leihoma beziehungsweise Leih opa zu werden, kann sich bei Waltraud Eberhardt vom Evangelischen Bil dungswerk Nördlingen (Telefon 09081/22180) oder bei der Familien beauftragten des Landkreises Donau Ries, Sina Scheiblhofer (Telefon 0906/74198), melden.