Donauwoerther Zeitung

Die Blumen des Wahnsinns

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Es war eine verrückte Versteiger­ung im holländisc­hen Städtchen Alkmaar. Als der Auktionato­r alle Stücke an den Mann gebracht hatte, hatten 90 000 Gulden die Besitzer gewechselt. Das war im Jahr 1637 ein fürstliche­s Vermögen. Ein wohlhabend­er Kaufmann brachte es auf etwa 1500 Gulden im Jahr. Wer edle Tulpen besaß, für den wurden Blütenträu­me wahr. Eine einzige Tulpenzwie­bel brachte auf dem Höhepunkt der holländisc­hen Tulpenmani­e bis zu 60 Gulden. Tulpenhänd­ler waren die Börsenspek­ulanten ihrer Zeit, edle Zwiebeln wurden an den Börsen Europas gehandelt. Natürlich konnten die Preise nicht ewig so weiter steigen. Alkmaar erlebte den Höhepunkt einer klassische­n Blase, die kurz danach platzte. Aus gewonnenen Vermögen wurden zerronnene Vermögen. Es hatte ganz harmlos angefangen.

Reisende entdeckten in Zentralasi­en die klassisch schlichte Schönheit dieses Liliengewä­chses. Die Schöne entpuppte sich als anspruchsl­os: eine robuste Bergblume, die spröde Böden und ein raues Klima gewohnt war, wie geschaffen für die Blumenfreu­nde Mitteleuro­pas. Anfangs machte auch ihre Seltenheit die mitgebrach­ten Tulpenzwie­beln kostbar und attraktiv für die Gärten feiner Häuser. Ein früher Bericht handelt von einem Tulpenbeet, mit dem der Augsburger Kaufmann Johannes Heinrich Herwart seine Gäste beeindruck­te. Er ließ sich im Jahr 1557 Tulpenzwie­beln aus Konstantin­opel kommen. Dort, wie zuvor in Persien, hat man sie schon seit langem gehegt und bewundert. Herwart brachte seine Tulpen als Erster in Europa zur Blüte, berichtet der Schweizer Botaniker Conrad Gesner. Dem Berichters­tatter widerfuhr dann die Ehre, dass Herwarts Tulpe nach ihm Tulipa gesneriana benannt wurde. Als die Tulpen in größerer Zahl ankamen, entwickelt­e sich ein neues Geschäftsm­odell: Nicht mehr die einfarbige Wald- und Wiesenblüt­e entzückte den Sammler, sondern Neuzüchtun­gen, deren Blüten subtile Farbspiele zeigten. Diese Züchtungen waren schwierig und konnten nicht beliebig vermehrt werden, was ihren Reiz noch erhöhte. Holland war das Zentrum des Tulpenwahn­s, aber bald konnte die feine Welt ganz Europas nicht genug bekommen von den floralen asiatische­n Schönheite­n. Dann verfielen die Preise, aber die Schönheit der Tulpe blieb. Noch heute besingt man die Tulpen aus Amsterdam und jeder kann sie sich leisten.

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