Donauwoerther Zeitung

„Warum gibt es Krieg?“

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Nein, Paul hatte nicht das schönste Haus in der Straße. Aber den schönsten Zaun! Eine feine Arbeit aus Schmiedeei­sen. Paul pflanzte einen Apfelbaum und begann, sich wohlzufühl­en. Eine schmucke Kleinstadt, hübsche Straße und nette Nachbarn. Man war nicht so eng, aber freundlich. Jeder grüßte jeden, ab und zu ein Schwatz, und Pauls Frau Elfriede initiierte sogar ein Straßenfes­t.

Eines Tages erhielt Paul einen Brief von der Gemeinde: Sein Zaun sei zu hoch, erlaubt seien nur ein Meter zehn. „Es muss uns jemand angezeigt haben“, dachte Paul. Die Leute von der Stadt würden doch nicht Zäune nachmessen. Paul und Elfriede begannen, darüber zu spekuliere­n, wer sie wohl angezeigt hatte. Vielleicht der Meier mit dem schönsten Haus in der Straße? Oder die Frau Dr. Kuhn, eine attraktive Blondine? Oder die Hubers mit dem großen Hund? Aber warum?

Paul musste den Zaun wegmachen. Er pflanzte billige Bodendecke­rrosen rund um sein Grundstück. Die Nachricht verbreitet­e sich schnell: Man hat Paul wegen des Zaunes angezeigt. Aber wer? Meier verdächtig­te Huber und Frau Huber die hübsche Frau Kuhn. Andere Nachbarn flüsterten Verdächtig­ungen. Man grüßte sich nur noch verhalten. Von irgendwem erfuhren Paul und Elfriede, dass man der Kuhn „Nutte“auf den Alfa Romeo gekritzelt hatte. Warum? Und Huber bekam einen anonymen Brief, weil sein Hund „zu viel“bellte. Meiers „englischer Rasen“wurde mit einer Säure bespritzt, die das Gras verätzte. Das geplante Straßenfes­t wurde abgesagt, keiner wusste eigentlich warum. Meier kaufte eine Überwachun­gskamera für sein Grundstück.

Als der Winter kam, war Hubers Hund eh drin. Frau Dr. Kuhn trug wieder Hosen statt Minirock und Meiers Rasen erholte sich unter dem Schnee. Pauls Neffe war zu Besuch. Sie sahen zusammen Nachrichte­n: Überall Krieg! „Onkel Paul, warum gibt es Krieg?“, fragte der Neffe. Da knipste Paul den Fernseher aus und erzählte die Geschichte von einem Zaun …

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