Ärger um brütende Störche
Tierwelt Oettingen ist Storchenstadt. Doch der neue Nestbau eines Vogelpaares nervt die Grundstücksbesitzer. Allerdings lassen sich die Tiere nicht so leicht vertreiben
Oettingen Zu Recht rühmt sich Oettingen als „Storchenstadt“– allein im letzten Jahr wurden neun Nester im Stadtgebiet bebrütet.
Doch als diesen Monat ein neu hinzugezogenes Vogelpaar ein Nest auf einem Strommasten in der Hexengasse baute, war der Besitzer des Gartens, auf dem ein Teil des Mastes steht, damit gar nicht einverstanden. Er verlangte gegenüber Bürgermeisterin Petra Wagner, man solle das Nest entfernen, da der Garten dadurch verschmutzt werde. Daraufhin trafen sich vor gut einer Woche an Ort und Stelle Mitarbeiter des zuständigen Nürnberger Energieanbieters N-Ergie, der Unteren Naturschutzbehörde, der Gartenbesitzer und Heidi Källner, offizielle Storchenbetreuerin des Rieses.
Bei dem sehr sachlichen und freundlichen Gespräch hieß es vonseiten des Energieanbieters, aus Sicherheitsgründen wäre es kein Problem, die Leitungen im Bereich des Masten zu isolieren. Heidi Källner wies darauf hin, dass es nur um eine Brutsaison gehe, da der Strommast im Herbst ohnehin entfernt werde.
Doch der Familie, die unmittelbar am Nest wohnt, ist der Einschnitt in die Lebensqualität einfach zu groß, wie ein Mitglied der Familie gegenüber unserer Zeitung schilderte: Erdbeer- und Gemüsebeete wären nicht nutzbar, da unter den Kotmassen nichts mehr gedeihen würde. Außerdem könne man nachts das Schlafzimmerfenster, das direkt zum Bau hinausginge, nicht mehr öffnen, da Störche zuweilen mitten in der Nacht klapperten. Schließlich wäre ein angrenzender Fußweg durch herabfallenden Kot und Äste nicht mehr passierbar. Man sei durchaus tierfreundlich und habe im Garten Unterschlüpfe für allerlei Vögel angelegt, doch es sei ein Unterschied, sich aus der Ferne an den Störchen zu erfreuen oder sie über dem eigenen Garten zu haben.
Bei dem Treffen kletterte ein N-Ergie-Mitarbeiter hinauf, um zu sehen, ob bereits ein Ei im Nest liege. Das war nicht der Fall, ansonsten wäre es laut Gesetz nicht mehr erlaubt gewesen, ins Brutgeschäft einzugreifen.
So galt hingegen die Frist bis zum 24. März, innerhalb derer man Storchennester noch entfernen darf. „Diese Frist ist für heutige Verhältnisse viel zu lang“, sagt die Storchenpflegerin, „da viele Störche gar nicht mehr so weit in den Süden zum Überwintern fliegen und dann auch früher zurück kommen.“Das versuche sie derzeit den Behörden auch zu vermitteln.
Das neue Storchenpaar ließ sich aber nicht so leicht vertreiben – nachdem das Nest in dieser Woche von N-Ergie-Mitarbeitern unter Einsatz einer Hebebühne entfernt wurde, machten sich die Vögel unmittelbar daran, in die als Hindernis errichteten Andreaskreuze ein neues Nest zu bauen, bis jetzt herrscht ein „Wettbauen“zwischen N-Ergie und Störchen, die gerade mit der Hochhaustaktik über die Hindernisse hinauswachsen. Der Ausgang ist im Augenblick ungewiss; ein eilig abgelegtes Ei wäre der Siegpunkt für die Störche.
Es gäbe als Ausweich-Nistplatz seit letztem Jahr sogar ein unbebrütetes Nest auf einem Strommasten am Schloßbuck nahe der Wörnitzbrücke. Doch damit hat es eine Besonderheit: Es handelt sich um einen Storchen-Zweitwohnsitz. Errichtet wurde er von einem Storchenpaar, das auf dem Prinzessinen-Bau des Oettinger Schlosses nistet. Eine derart exklusive Umgebung steigert wohl ganz von selbst die Wohnansprüche, sodass sich die Storcheneltern ein Privatdomizil gönnten, in das sie sich zurückziehen, wenn die Jungen nerven. Das Zweitnest wurde bereits gegen andere Interessenten verteidigt. Zu viele Nester gibt es aber keinesfalls in der Storchenstadt: Heidi Källner zählt bislang sechs bebrütete Niststätten – immer noch eine stolze Zahl, aber ein Drittel weniger als im letzten Jahr.
Ein Ei wäre ein Siegpunkt