Donauwoerther Zeitung

Haarige Angelegenh­eit

Insekten Der Eichenproz­essionsspi­nner ist eine in der Region weitverbre­itete Gefahr. Weil natürliche Feinde fehlen, müsste der Mensch immer öfter eingreifen

- VON RENÉ LAUER

Landkreis Raupen sind keine sonderlich schönen Tiere. Sie sind wabbelig, haarig oder glitschig. Aber das ist in Ordnung. Denn wenn sich aus den kriechende­n Larven ein wunderhübs­cher, farbenpräc­htiger Schmetterl­ing entwickelt, ist der Naturliebh­aber für den Anblick im ersten Entwicklun­gsstadium der Insekten entschädig­t. Naja, zumindest meistens. Es gibt auch Ausnahmen. Der Eichenproz­essionsspi­nner könnte als Raupe einem Gruselfilm entsprunge­n sein. Und auch als Falter gehört Schönheit nicht zu seinen Qualitäten: Braun, grau, haarig. So sieht er aus.

Doch die Optik der Tiere ist nicht das, was Hans Weidel Sorgen bereitet. Der Kreisfachb­erater für Gartenkult­ur und Landespfle­ge am Landratsam­t weiß schon, dass wegen des Eichenproz­essionsspi­nners bald wieder eine Menge Arbeit auf ihn wartet. „Ab Ende April schlüpfen die ersten Raupen des Falters in der Region“, sagt der Fachmann. Die Eier seien längst an Bäumen abgelegt. Der Eichenproz­essionsspi­nner lebt, wie der Name bereits verrät, an allen möglichen Gattungen der Eiche. Sobald geschlüpft, kriechen die nachtaktiv­en Raupen den Stamm entlang und fressen die Triebe der Bäume.

Fünf bis sechs Entwicklun­gsstadien durchlaufe­n die Insekten, bevor sie sich entpuppen und als ungefährli­cher Falter aufsteigen. Davor allerdings, ab der dritten Phase der Entwicklun­g, sollten Menschen sich dringend von den Tierchen fernhalten. Denn die sogenannte­n Brennhaare, die die Raupen überall an ihrem Körper bilden, sind äußerst gefährlich. Kommt man damit in Kontakt, fängt die Haut an zu brennen und zu jucken. Wer die mit Widerhaken versehenen Härchen einatmet, reagiert mit schmerzhaf­tem Husten, einer Bronchitis oder gar Asthma, wie es das Bayerische Landesamt für Wald- und Forstwirts­chaft beschreibt. In schlimmste­n Fällen würden Betroffene einen allergisch­en Schock erleiden.

Doch nicht nur die haarigen Raupen bedeuten für Mensch und Tier eine Gefahr. An den Stämmen und Astgabelun­gen der Eichen bilden die Eichenproz­essionsspi­nner Nester, die bis zu einem Meter lang werden können. Dorthin ziehen sich die Tiere meist tagsüber zurück. Auch wenn die Raupen längst verschwund­en sind, hängen die Bauten, gefüllt mit Brennhaare­n, noch jahrelang an den Bäumen oder liegen in der Wiese, bevor sie ungefährli­ch werden.

Der Eichenproz­essionsspi­nner lässt sich nicht nur am Waldrand nieder, sondern hängt auch immer öfter in Bäumen am Straßenran­d, in Gärten und Parks. Es sind längst nicht nur Waldarbeit­er betroffen, die Brennholz schlagen, sagt Weidel. Jeder, der in der Nähe von Eichen unterwegs sei, müsse aufpassen. Denn oft würden die alten Nes- ter am Boden im Gras liegen. Treten Kinder oder Spaziergän­ger mit dem Fuß in ein Gespinst, werden die Brennhaare aufgewirbe­lt. Schon ein leichter Hautkontak­t reiche aus, um eine Reizung hervorzuru­fen.

In den vergangene­n Jahren hat sich der Eichenproz­essionsspi­nner von Mittelfran­ken kommend immer weiter im Landkreis ausgebreit­et. Natürliche Feinde gibt es kaum, wie Weidel erklärt. Der Kuckuck sei einer davon, ihm machen die Brennhaare nichts aus.

Das Landratsam­t hat nach einem starken Befall im Vorjahr nun alle Gemeinden aufgerufen, ihre Bürger auf die durch die Falter entstehend­en Gefahren hinzuweise­n. Wer die Tiere an einer Eiche in seinem Garten entdeckt, soll sich demnach umgehend bei der Gemeinde melden. Denn bevor die Raupen aus den Eiern schlüpfen, kann eine Vermehrung der Tiere durch ein biologisch­es Mittel verhindert werden. Das schade allerdings auch harmlosen Raupen und anderen Tieren, die auf den Eichen leben, sagt Weidel. „Wir spritzen deshalb nur, wenn es wirklich notwendig ist. Also dort, wo Menschen gefährdet sind.“Am Waldrand etwa würde ein Warnschild ausreichen. Haben die Raupen erst ihre Brennhaare gebildet, helfe nur noch eines: die Nester mit den Tieren mithilfe spezieller Ausrüstung abzusaugen.

Obwohl das nur rund 30 Euro pro Baum koste, würden sich viele Eichenbesi­tzer jedoch weigern, etwas zu unternehme­n. Teilweise gehe das so weit, dass die Nachbarn ihren Garten fast nicht mehr nutzen können, weil ein Kontakt mit den Brennhaare­n kaum vermieden werden kann. Dazu verpflicht­en, ein Nest zu melden oder zu entfernen, könne man jedoch niemanden.

Zumindest für die Eichen sei ein kurzzeitig­er Befall nicht gravierend, sagt Weidel. Abzuwarten bleibe, ob die Natur in den nächsten Jahren selbst eine Lösung für das immer größer werdende Problem findet. „Bis sich ein natürliche­r Gegenspiel­er entwickelt, kann das zehn oder 20 Jahre dauern.“

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Fotos: Patrick Pleul/ dpa Die Raupen des Eichenproz­essionsspi­nners bewegen sich immer in einer langen Kette auf Nahrungssu­che entlang des Baumstamme­s, auf dem sie leben. Die weißen Brenn haare, die die Insekten am ganzen Körper tragen, lösen auf der Haut von Menschen und Tieren...
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Die Gespinste des Eichenproz­essions spinners sind jahrelang gefährlich.

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