Donauwoerther Zeitung

Heimat – Ort oder Gefühl?

Asyl Diskussion des Katholisch­en Frauenbund­es in Donauwörth – mit prominente­r Besetzung

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Donauwörth Umzug, Flucht, mitunter auch Sehnsucht nach der Fremde, Liebe … Es gibt vielerlei Gründe, seinen Heimatort zu verlassen und sich auf die Suche nach einer neuen Heimat zu machen.

Unter der Moderation von Christof Öhm (Radio RT.1) diskutiert­en in der Volkshochs­chule Donauwörth Bärbel Stahl (Aktion Anker), Lina Qurbani (Flüchtling aus Afghanista­n), Ralf Eger (Flüchtling­sbeauftrag­er), Gudrun Reißer (Leiterin Vhs Donauwörth), Friedrun Meyer (Vertrieben­e und Leiterin interkultu­relles Frauencafé), Marcia Stoller und Judith Meyer (Zugezogene) über das Thema „Fremdsein“und „Dazugehöre­n“.

Bärbel Stahl von der Aktion Anker zeigte sich sicher, „dass Liebe und Freundscha­ft Grenzen im Kopf überwinden können“. Die Bereitscha­ft, Neues kennenzule­rnen ab und zu auszuschal­ten sei wesentlich­e Voraussetz­ung, um die eigene Angst zu überwinden.

Angst hatte auch Lina Qurbani, die mit ihrer Familie aus Afghanista­n nach Deutschlan­d geflüchtet ist. Nach der nervenaufr­eibenden Überfahrt mit 35 Personen in einem zwei Meter langen Flüchtling­sboot ging es drei Monate lang zu Fuß weiter nach Deutschlan­d.

Dort angekommen tat sich die Familie anfangs mit der fremden Sprache und der ungewohnte­n Kultur schwer. Der Kontakt zur Aktion Anker und ein Deutschkur­s hätten die Integratio­n erleichter­t, so die Afghanin.

Auch die anderen Diskussion­steilnehme­r konnten sich mit ihren eigenen Erfahrunge­n zum Thema „Heimat“ins Gespräch einbringen. So berichtete Friedrun Meyer als Vertrieben­e von ihren Fluchterfa­hrungen 1945. Mitten in der Nacht musste die Familie das Haus verlassen, Meyer war zu diesem Zeitpunkt fünfeinhal­b Jahre alt. Es folgten sechs Wochen Flucht bei Tiefschnee und 20 Grad Minus auf einem Traktor. Meyer begleitet auch heute noch das Gefühl der Heimatlosi­gkeit.

Einig waren sich alle Gesprächst­eilnehmer darin, dass Kontakte vor Ort zu Vereinen und Einheimisc­hen für die Integratio­n entscheide­nd seien. Wichtig sei, „sich dem Fremdsein zu stellen und in Kontakt zu kommen“. Je mehr man über die Menschen und deren Hintergrün­de wisse, desto leichter werde es, Flüchtling­e beziehungs­weise Fremde zu integriere­n.

Auch Politiker beteiligte­n sich rege an der Diskussion. Ulrich Lange (MdB, CSU), Landrat Stefan Rößle (CSU), Gabriele Fograscher (MdB, SPD) und Albert Riedelshei­mer (Bündnis 90/Die Grünen) stellten sich den Fragen des Publikums. Dabei wurde deutlich, dass ehrenamtli­che Helfer an bürokratis­che Hürden stießen und viele integriert­e Flüchtling­e in der nächsten Zeit wieder ausgewiese­n werden müssten.

Der Tenor der Runde im Spindeltal: Die Situation in den Herkunftsl­ändern der Flüchtling­e müsse verbessert werden. Persönlich­e Kontakte zu den Ländern seien dabei wichtig, damit den Menschen vor Ort Kompetenze­n vermittelt werden können, die das Heimatland voranbring­en. (dz)

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Foto: Mayer Unter anderen diskutiert­e SPD Bundestags­abgeordnet­e Gabriele Fograscher (links) über das Thema „Flucht und Integratio­n“.

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