Donauwoerther Zeitung

Hightech in Handarbeit

Erfolgsges­chichte Benjamin Geiger hat über die Lehrstelle­noffensive seine Ausbildung­sstelle gefunden. In seiner Firma programmie­rt er Computeran­wendungen für namhafte Kunden. Warum er nicht an die Hochschule wollte

- VON CHRISTIAN GALL

Der Weg zum Traumberuf führt für viele junge Menschen über eine Lehre. In einer großen Bandbreite von Berufen können sich Jugendlich­e selbst verwirklic­hen und Karriere machen. Wer das nicht glaubt, dem beweisen wir es: In der Lehrstelle­noffensive unserer Zeitung lassen wir fünf Wochen lang immer wieder Menschen aus der Region zu Wort kommen, die genau das geschafft haben: mit der Lehre zum Traumjob zu kommen. Wir begleiten die Azubis einen Tag lang in ihrer Arbeit und stellen ihre Berufe vor. Krumbach PC-Nutzer kennen Computeran­wendungen als hübsche Bedienober­flächen mit großen Schaltfläc­hen und schickem Design. Benjamin Geiger blickt hinter die Kulissen. Die Codezeilen, die der 19-Jährige in seine Tastatur hämmert, sind für Laien kaum verständli­ch, denn der Text ist in der Programmie­rsprache „Visual Basic.NET“verfasst. Seine Firma „SoCom“in Krumbach schreibt Programme für große Wäschereie­n, etwa die Wäscherei des Legolands in Günzburg.

Ohne Computerst­euerung würde dort nichts funktionie­ren, sagt Benjamins Ausbildung­sbeauftrag­ter Christian Resch: „Die Software erfasst jedes Wäschestüc­k, das in der Wäscherei landet.“Später sorge sie dafür, dass die Wäsche auch wieder in die richtigen Hände kommt. Dazu kennzeichn­en die Waschbetri­ebe jedes Kleidungss­tück mit einem Code. Doch damit der Betrieb die Informatio­nen sinnvoll nutzen kann, sind Programme notwendig – und Benjamin Geiger lernt, solche zu schreiben.

In seiner Ausbildung zum Fachinform­atiker für Anwendungs­entwicklun­g wird dem 19-Jährigen aus Heimerting­en bei Memmingen gezeigt, wie er solche Anwendunge­n Schritt für Schritt entwickelt. Dazu tippt er mit konzentrie­rtem Blick hinter seiner Brille zahlreiche Codezeilen in die Tastatur. Nur so weiß das fertige Programm später, was es machen soll.

Bisher hat Benjamin Programme für die eigene Firma geschriebe­n. Eines davon programmie­rte er zusammen mit einem anderen Azubi: die „Betriebshe­ftverwaltu­ng“. Denn jeder Auszubilde­nde muss über seine Arbeit in einem Betriebshe­ft Buch führen. Laut Ausbildung­sbeauftrag­tem Resch klappt das in der Praxis nicht immer reibungslo­s: „Manchmal vergessen Azubis, ihr Heft abzugeben oder verlieren den Überblick. Mit dem Programm passiert das aber nicht mehr.“Denn die Anwendung listet nicht nur jede Arbeitswoc­he auf, sondern kann auch automatisc­h E-Mails versenden, wenn ein Eintrag überfällig ist.

Im Laufe seiner dreijährig­en Ausbildung darf Benjamin auch Kundenproj­ekte betreuen. „Damit ich auch weiß, wie die Software tatsächlic­h verwendet wird, schaue ich mir selbst eine Großwäsche­rei an“, sagt er. Immerhin will er wissen, wie die Programme in der Praxis funktionie­ren. Benjamin ist schon während seiner Schulzeit klar gewesen, dass er mit Computern arbeiten will. „Ich habe oft an PCs rumgebaste­lt und gemerkt, dass mir das Spaß macht“, sagt er. In der Schule mochte er auch das Fach Mathematik – eine gute Voraussetz­ung für jeden, der Informatik­er werden will.

Nachdem Benjamin auf der Wirtschaft­sschule in Memmingen seine Mittlere Reife erreicht hatte, besuchte er mit einigen Freunden die Fachobersc­hule, um dort sein Abitur zu machen. Im Anschluss daran hätte er direkt auf die Hochschule gehen können – aber das wollte Benjamin nicht: „Eine Ausbildung war für mich die bessere Wahl. Ich möchte praktisch arbeiten und nicht nur die Theorie lernen.“Außerdem verdient er nun sein eigenes Geld – ein weiterer Vorteil, wie er sagt. Grundsätzl­ich ist das Einkommen bei Fachinform­atikern für Anwendungs­entwicklun­g nicht schlecht – bei den Azubis landet mehr auf dem Konto als in anderen Ausbildung­sberufen (siehe Infokasten).

Nach seinem Abitur hatte sich Benjamin bei Firmen in seiner Umgebung beworben – zunächst ohne Erfolg, wie er sagt. Nach einigen Fehlschläg­en habe ihm seine Mutter die Lehrstelle­noffensive unserer Zeitung auf den Tisch gelegt und Benjamin auf die Lehrstelle­noffensive aufmerksam gemacht. „Mir ist die Firma SoCom gleich ins Auge gesprungen. In der selben Woche habe ich meine Bewerbung abgeschick­t und schon ein paar Tage später war ich beim Bewerbungs­gespräch“, schildert er.

Auch in seiner Freizeit kann Benjamin sein Wissen aus der Arbeit anwenden. Das würde man bei seinem Hobby nicht sofort vermuten, denn Benjamin ist im Schützenve­rein. Doch der 19-Jährige engagiert sich dort nicht nur als Schütze, sondern hat auch geholfen, eine elektronis­che Schießanla­ge einzuricht­en. Dadurch können Schützen gleich nach jedem Treffer auf einem Bildschirm am Schießstan­d sehen, wie gut sie geschossen haben. Auch hinter dieser Anwendung stecken viele Zeilen Programmco­de – und damit kennt sich Benjamin aus.

Unsere Lehrstelle­noffensive ist eine gemeinsame Aktion mit den Arbeits agenturen der Region, der Industrie und Handelskam­mer Schwaben sowie der Handwerksk­ammer für Schwaben. Unsere Initiative hat das Ziel, jungen Men schen und ihren Eltern zu helfen, damit der Weg zum Wunschberu­f klappt.

Azubis schreiben ihre eigenen Programme

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Foto: Ulrich Wagner Benjamin Geiger ist über die Lehrstelle­noffensive zu seiner Ausbildung­sstelle als Fachinform­atiker für Anwendungs­entwicklun­g gekommen. Aus vielen Zeilen Programmco­de im linken Bildschirm schafft er benutzerfr­eundliche Programme, wie rechts eines zu...

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