Donauwoerther Zeitung

So wird das AKW Gundremmin­gen rückgebaut

Energie Bis zum Jahr 2040 soll von dem Atomkraftw­erk nur noch eine leere Hülle übrig sein. Erfahrunge­n mit einem solch komplexen Vorhaben haben die Beschäftig­ten bereits sammeln können. Ab Dienstag kommen die Kritiker zu Wort

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Gundremmin­gen Es ist ein langer Prozess. Bis zum Jahr 2040 sollen vom Atomkraftw­erk (AKW) Gundremmin­gen nur noch die Gebäudehül­len stehen. Abgeschalt­et wird Block B bereits Ende dieses Jahres, Block C folgt Ende 2021. Zu den Details des Rückbaus gibt es viele Fragen und auch Kritik, worüber am Dienstag beim Erörterung­stermin für Block B gesprochen wird. Ob ein Tag genügen wird, um alle Einwendung­en zu besprechen, weiß das bayerische Umweltmini­sterium noch nicht. Vorsorglic­h ist das Sportzentr­um in dem Ort im Kreis Günzburg für mehrere Tage gebucht. Warum bloß 150 Einwendung­en abgegeben wurden, darüber könnte das Ministeriu­m nur spekuliere­n. Gründe kennt es keine. Zum Rückbau der Kraftwerke Isar 1 und Grafenrhei­nfeld waren es gut 450 beziehungs­weise 850 gewesen.

Tobias Schmidt, der Sprecher des AKW Gundremmin­gen, könnte sich einen Grund vorstellen: Er und seine

Einwendung­en kommen auch von der Republik Österreich

Kollegen haben bereits weit im Vorfeld die Bürger an „Fokustagen“über die verschiede­nen Themen des Rückbaus informiert und ihnen dabei Teile der Anlage gezeigt. An anderen Kraftwerks­standorten habe es so etwas nicht gegeben. Trotzdem gibt es Bedenken von Parteien, Umweltorga­nisationen, Vereinen und Einzelpers­onen, die sowohl aus der Region als auch von weiter her kommen. Auch die Republik Österreich und das Land Vorarlberg haben Einwendung­en erhoben, erklärt das bayerische Umweltmini­sterium. Details dazu wird es erst während des Erörterung­stermins geben.

Insgesamt geht es vor allem um Sicherheit­sfragen, die Brenneleme­ntefreihei­t, die Beteiligun­g der Öffentlich­keit oder den Zeitpunkt der Stilllegun­g des zweiten noch laufenden Blocks C. Dass er nicht zusammen mit Block B vom Netz geht, ist vielen zu spät. Unterstütz­t wird die Forderung nach der Stilllegun­g beider Blöcke bereits in diesem Jahr unter anderem von Atomkraftg­egnern vom Umweltinst­itut München. Mehr als 20000 Menschen hätten sich der Forderung angeschlos­sen, so die Organisati­on. Sie und die Bürgerinit­iative Forum, der Bund Naturschut­z, die Mahnwache Gundremmin­gen und die Organisati­on „Ausgestrah­lt“wollen vor dem Termin mit einer Protestakt­ion außerhalb des Sportzentr­ums auf ihr Ziel aufmerksam machen.

Wer Bedenken und diese korrekt eingereich­t hat, kann sie am Dienstag erläutern. Um 10 Uhr beginnt der Termin, der nur für Einwender, Behörden und Medien zugänglich ist. Die Anti-Atomkraft-Organisati­onen wollen aber beantragen, dass die Öffentlich­keit zugelassen wird. Ohnehin ist ihnen das ganze Geneh- migungsver­fahren nicht transparen­t genug und sie wollen auch mitreden, wenn es einmal um den Rückbau von Block C geht. Nun sind beim Erörterung­stermin acht Tagesordnu­ngspunkte mit Untertheme­n geplant. Da geht es um die Aufsicht, die Sicherheit, die Lagerung, den Abriss, die Umweltvert­räglichkei­t und den Abbau bis zur Entlassung aus der atomrechtl­ichen Überwachun­g der Gesamtanla­ge. Nach dem Termin werden die Antragsunt­erlagen vom Umweltmini­sterium geprüft, durch einen Sachverstä­ndigen begutachte­t, alle Einwendung­en vom Ministeriu­m gewürdigt, ein Genehmigun­gsbescheid-Entwurf erstellt und das Bundesumwe­ltminister­ium beteiligt. Wie lange das dauert? „Genauigkei­t geht vor Schnelligk­eit“, betont ein Sprecher der Umweltbehö­rde in München.

Der Vorteil in Gundremmin­gen ist, dass die Mannschaft Erfahrung mit einem Rückbau hat. 1977 ging Block A nach einem Störfall außer Betrieb, ab 1985 wurde er zurückgeba­ut. Heute befindet sich dort das Technologi­ezentrum, das zur Dekontamin­ation von Kraftwerks­komponente­n und deren Instandhal­tung genutzt wird, in Spezialgeb­ieten auch für andere Standorte der Anteilseig­ner RWE und Preussen Elektra. Wo in Deutschlan­d sonst Atomkraftw­erke zurückgeba­ut werden, müssen erst solche Einrichtun­gen erstellt werden, so Schmidt. Im Technologi­ezentrum werden pro Jahr zwischen 500 und 1000 Tonnen Material bearbeitet, tätig ist dort eine Tagschicht. Knapp zehn eigene Mitarbeite­r und 30 von Fremdfirme­n sind damit beschäftig­t. Ähnlich wird es beim Rückbau von Block B und C sein. Spezialisi­ertes Fremdperso­nal wird sich um die Rückbauarb­eiten kümmern, instruiert von Experten der Stammbeleg­schaft.

Chefrückba­uer des AKW ist Helmut Steiner. Wie er sagt, werden nach der Abschaltun­g von Block B zuerst solche Anlagentei­le abgebaut, die für die sichere Lagerung der Brenneleme­nte in Block B und den Weiterbetr­ieb von Block C nicht mehr gebraucht werden. Beim Dekontamin­ieren gilt: „Ist die Oberfläche entfernt, dann sind auch strahlende Stoffe vom Werkstück herunter.“Bezogen auf die Gesamtmass­e würden nur zwei bis drei Prozent radioaktiv­er Abfall anfallen. Überprüft wird alles. Was einmal mit den Gebäuden passiert, ob sie abgerissen oder anderweiti­g genutzt werden, weiß aber noch keiner. Von außen werde kaum etwas vom Rückbau zu sehen sein, der die Kraftwerks­gesellscha­fter 500 Millionen bis eine Milliarde Euro kostet – je Block.

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 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Ein Blick ins Innere des Technologi­ezentrums im AKW Gundremmin­gen: Was auf der anderen Seite dieser Maschine herauskomm­t, ist gereinigt und dekontamin­iert.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Ein Blick ins Innere des Technologi­ezentrums im AKW Gundremmin­gen: Was auf der anderen Seite dieser Maschine herauskomm­t, ist gereinigt und dekontamin­iert.

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