Grundwasserkörper
Wir leben in körperbewussten Zeiten. Sind richtig wild auf Body Shape, lassen uns verführen von Einflüsterungen wie „In 12 Wochen bekommst du den Körper, den du dir immer gewünscht hast“, und selbst im verstocktesten Hirn läutet der BMI (für Neulinge: Body Mass Index) irgendwann die Alarmglocke. Körper, wohin man schaut: Muckis, Sixpacks, Hüften der Kleidergröße 000.
Kein Wunder also, dass der Körper inzwischen auch in andere Gefilde vordringt. Zum Beispiel findet man ihn unter uns. Als „Grundwasserkörper“. Grundwasser war da zwar schon immer. Aber danke an den Sprachschöpfer in irgendeiner höheren Amtsstube, der, vermutlich bei der Umsetzung einer EU-Wasserrahmenrichtlinie, den Geistesblitz hatte, dem Grundwasser einen Körper zu geben.
Also von wegen flüssiges Element. Nein, so rum wird ein Schuh draus: unser Grundwasser – im Idealfall hart wie Kruppstahl. Kein Gramm Fett dran. Ausdauernd. Natürlich ist auch das Gegenteil denkbar: schlaffer Grundwasserkörper; null Kondition; zu viel Speck um die Hüften. Und glaube keiner, dass das Wasser nur im Grunde Körper ist. Auch Mineralwasser hat einen Body, und wahrscheinlich ist die Belastung des Kanalsystems durch den Abwasserkörper ein Dauerbrenner in den kommunalen Tiefbauämtern.
Dass wir es beim Wasser nicht mit etwas zu tun haben, das uns einfach durch die Hände rinnt, sondern dass das etwas Griffiges ist, diese Erkenntnis scheint sich immer mehr durchzusetzen. Eben wurde gemeldet, dass eine Initiative den Rhein zur Person machen will. Zwar nur zur Rechtsperson, aber egal, keine Person ohne Körper, in diesem Fall dann halt Rechtskörper. Man sieht: Auch im Rechtswesen hat der Körper schon Einzug gehalten. Höchste Eisenbahn also für die Wasserwirtschaft. Er ist nicht mehr aufzuhalten, der Körper.