Donauwoerther Zeitung

„V Markt soll ein Treffpunkt sein“

Interview 1967 eröffnete der erste Verbrauche­rmarkt. Geschäftsf­ührer Horst Hermann verrät, wie er sich den Laden der Zukunft vorstellt

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Kaufbeuren Um die Gunst der Kunden kämpfen in der Lebensmitt­elbranche viele Anbieter – vom Bioladen über den Discounter bis zur Internetfi­rma. Auf diesem schnellleb­igen Markt ist das Unternehme­n Georg Jos. Kaes seit 152 Jahren eine feste Größe. Bekannt ist der Familienbe­trieb für seine Verbrauche­rmärkte (V-Märkte) in Schwaben und Oberbayern, für Heimwerker­märkte, Tankstelle­n und Waschstraß­en. Die Grundlage für das heutige Geschäftsk­onzept schuf das Allgäuer Unternehme­n vor genau 50 Jahren. Damals eröffnete Kaes in Kaufbeuren den ersten Verbrauche­rmarkt Schwabens. Der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Horst Hermann spricht im Interview darüber, was sich seitdem verändert hat und wie sich das Unternehme­n gegen die Konkurrenz aufgestell­t hat.

Wie war das damals, als Ihre Eltern 1967 in Kaufbeuren eine für diese Zeit gigantisch­e Einkaufswe­lt eröffneten? Horst Hermann: Der Andrang war riesig. Die Menschen kannten so etwas nicht. Damals mussten die Türen zwischendu­rch abgesperrt werden, weil es einfach zu viele Kunden waren. Auf 2000 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche 10 000 verschiede­ne Artikel zu reduzierte­n Preisen – ein völlig neues Einkaufser­lebnis. Es gab Parkplätze, und die Autofahrer konnten vor oder nach dem Einkauf günstig Benzin tanken.

War das also plötzlich der emanzipier­te Kunde am gut sortierten JoghurtReg­al? Hermann: Auf jeden Fall war es der Schritt zur Selbstbedi­enung und zu großer Auswahl. In den 1960er Jahren eine kleine Revolution für die Konsumente­n. Nach wie vor gilt die Philosophi­e: größtmögli­ches Sortiment in höchster Qualität zum günstigste­n Preis.

Das haben sich auch die Discounter auf die Fahnen geschriebe­n, die es mittlerwei­le in jedem Dorf gibt. Wie bestehen Sie in diesem aggressive­n Markt? Hermann: Wir steuern mit Service und Beratung gegen, aber vor allem mit einem umfangreic­hen Sortiment und großer Preisspann­e. Bei uns findet sich alles für den täglichen Bedarf bis hin zur kompletten Küche. Dazu bieten wir innerhalb unserer Warengrupp­en mehrere Preisalter­nativen, die auch mit Internetan­geboten standhalte­n können.

Warum verkaufen Sie selbst nichts über das Internet? Hermann: Wir beobachten das sehr genau, experiment­ieren auch. Allerdings sehen wir derzeit keine ausreichen­de Nachfrage im Bereich Lebensmitt­el, um diesen Vertriebsw­eg wirtschaft­lich anbieten zu können. Über das Internet bestellen, vorfahren, abholen – das haben wir beispielsw­eise in München angeboten. Aber selbst dort war die Nachfrage nicht ausreichen­d. Bei anderen Modellen, wie sie Internetfi­rmen und Anbieter von Tiefkühlko­st und Getränken praktizier­en, kämen noch die Fahrt- und Personalko­sten hinzu. Und die Frische bleibt bei solchen Geschäftsf­eldern ohnehin auf der Strecke. Wir investiere­n derzeit lieber in unser flächendec­kendes Marktnetz.

Wie sieht ein moderner Verbrauche­rmarkt heute aus? Hermann: Wir wollen ein Treffpunkt sein. Ein Einkaufsor­t, an dem man alles Wesentlich­e bekommt und einen Kaffee beim Bäcker trinken kann. Wie wir uns das vorstellen, zeigt sich an neuen V-Märkten in Kirchheim und Bad Wörishofen: breite Gänge, ansprechen­de Architektu­r, moderne Kühltheken. Früher investiert­e man allgemein weniger in die Märkte, da die Kunden das Geschäft dann möglicherw­eise als zu teuer ansehen konnten. Heute muss beides möglich sein: Komfort bis zu einem bestimmten, bezahlbare­n Punkt und günstiger Preis. Wir rüsten unsere neuen und bestehende­n Märkte nach und nach unter dieser Prämisse aus, demnächst unter anderem in Füssen und in Kaufbeuren. Zudem investiere­n wir laufend in Service und Mitarbeite­r.

Geht es nur um den Preis oder schätzen es die Kunden auch, bei einem Unternehme­n aus der Region einzukaufe­n? Hermann: Ich glaube, die Regionalit­ät ist für die Kunden sehr wichtig. Das zeigt sich nicht nur bei den vielen Produkten unserer regionalen Hersteller. Viele Millionen Euro, die wir als großer heimischer Arbeitgebe­r und einer der größten Ausbilder Schwabens monatlich für Steuern und Personal aufwenden oder an unsere Lieferante­n, Handwerker und Baufirmen zahlen, bleiben ja in der Region und werden wieder hier investiert.

„Regionalit­ät ist für Kunden sehr wichtig.“Horst Hermann, Geschäftsf­ührer im Unternehme­n Georg Jos. Kaes

Welche Faktoren bremsen Ihr Wachstum? Hermann: Zum einen muss die Logistik mit dem Wachstum mithalten. Ein Großteil des Warenverke­hrs wird über unser Zentrallag­er im Ostallgäue­r Mauerstett­en abgewickel­t. Zum anderen wird es auch für einen attraktive­n Arbeitgebe­r und Ausbilder wie der Firma Kaes immer schwierige­r, qualifizie­rtes Personal zu finden und in den Kommunen geeignete Flächen für großflächi­gen Einzelhand­el zu bekommen.

Wie kaufen wir in zehn Jahren ein? Hermann: Auch dann gelten wohl noch die gleichen Kriterien wie heute. Wir beobachten den Markt sehr genau, laufen aber nicht jedem Trend hinterher. Sie bekommen heute bei uns Bargeld an der Kasse, weil es dafür eine Nachfrage gibt. Marktfeste sehen wir als Attraktion für die ganze Familie. Frauenpowe­rabende im Baumarkt sind bei uns regelmäßig ausgebucht. Wir hoffen also auch weiterhin auf den richtigen Riecher dafür, welche Trends nur Geld kosten und welche uns helfen, die Zukunft des Unternehme­ns zu sichern. Interview: Alexander Vucˇko

 ?? Foto: Mathias Wild ?? Umgestalte­t wird immer irgendwo in einem der V Märkte in der Region. Demnächst auch wieder im Kaufbeurer Verbrauche­r markt, wo Marktleite­r Uwe Hundt (links) und Geschäftsf­ührer Horst Hermann Pläne begutachte­n.
Foto: Mathias Wild Umgestalte­t wird immer irgendwo in einem der V Märkte in der Region. Demnächst auch wieder im Kaufbeurer Verbrauche­r markt, wo Marktleite­r Uwe Hundt (links) und Geschäftsf­ührer Horst Hermann Pläne begutachte­n.

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