Donauwoerther Zeitung

Wenn der Geburtstag zum Event wird

Erziehung Größer, bunter, teurer: Kinderfest­e werden mehr und mehr zu einem Wettbewerb unter Eltern. Eine Expertin verrät, worauf es wirklich ankommt

- VON ANIKA ZIDAR

Augsburg Am Ende bleibt nur das Chaos: Aufgerisse­n liegen die einst mit Liebe verpackten Geschenke in der Ecke. Papierschn­ipsel mischen sich zwischen Bausteine, Keksbrösel und Buntstifte. Die Gäste sind auf dem Weg nach Hause, das Geburtstag­skind sitzt allein im großen Durcheinan­der. Die Freude über den Tag schlägt in Verzweiflu­ng um und der Abend endet tränenreic­h. Szenen wie diese hat Kathrin Hellinger oft erlebt. Die Erzieherin aus Augsburg hat in den vergangene­n Jahren weit über hundert Kindergebu­rtstage organisier­t. Und das nicht nur für ihre eigenen drei Kinder, sondern auch profession­ell.

Aus ihrer Zeit als Kinderanim­ateurin weiß Hellinger: Die Erwartungs­haltung von Eltern und Kindern ist enorm gestiegen. „Selbst bei Kindergebu­rtstagen geht es fast nur noch darum, größer, teurer und besser als andere zu feiern.“Die Expertin mahnt zur Rückbesinn­ung auf traditione­lle Rituale: Kerzen ausblasen, gemeinsam Geburtstag­slieder singen und Kuchen essen kämen bei Kindern unveränder­t gut an. „Diese Zeremonie verliert ihren Zauber nie“, sagt Hellinger. Und dennoch wünschen sich viele Kinder eine Motto-Feier, bei der sich Kleidung, Dekoration, Spiele, Musik und Essen nach einem Thema richten. Für Buben bieten sich laut der Expertin Piraten- und Ritter-Partys an, Mädchen haben Spaß an Prinzessin­nenbällen oder Einhorn-Festen. Auch aktuelle Fernsehsen­dungen beeinfluss­en Fantasie und Wünsche der Kinder. Allzu streng sollte man bei der Umsetzung aber nicht mit den Gästen sein, sagt Hellinger: „Ich würde es bewusst offen gestal- ten.“Wer in einem anderen Kostüm oder ganz normal kommen möchte, sollte das auch dürfen, betont sie: „Man darf niemanden in ein Thema zwingen. Im Zweifel funktionie­rt ein Verkleidun­gsfest ohne Motto.“

Übernachtu­ngspartys zu Kindergebu­rtstagen lehnt die Erzieherin strikt ab. „Vier Stunden Feiern sind für Kinder Aufregung genug. Die müssen erst einmal zur Ruhe kommen, wenn die Party vorbei ist.“Auch für die Eltern sei eine Feier mit mehreren Kindern in der Regel eine Herausford­erung. Deshalb rät Hellinger, die Gästezahl im Rahmen zu halten und nicht auch noch die Verwandten einzuladen. Ein zweiter Erwachsene­r sei aber in jedem Fall hilfreich, sagt sie: „Wenn etwa der Partner dabei ist, hilft das ungemein bei der Bewirtung der Gäste oder wenn ein Kind zur Toilette muss.“

Wer sich für eine Feier außerhalb der Wohnung in Natur, Spielpark oder Zoo entscheide­t, sollte zur Sicherheit ebenfalls lieber zu zweit unterwegs sein. Ein Fest außerhalb der eigenen vier Wände habe durchaus seine Vorteile, sagt Hellinger. Die Möbel würden geschont und die Kinder hätten mehr Platz, sich auszutoben. Allerdings seien der Transport und die Abholung der Kinder mit mehr Organisati­onsaufwand verbunden.

Damit auch beim Feiern zu Hause nicht alles so schiefläuf­t wie in der Eingangssz­ene, rät die Expertin, gut und gewissenha­ft zu planen. Den Ablauf mit Kuchen essen, Spielen und Aktionen legt sie bis ins Detail fest. Das freie Spiel im Kinderzimm­er würde Hellinger nicht zulassen, erklärt sie: „Meist sind nicht genug Spielsache­n da und es kommt zu Streiterei­en und Chaos. Besser leitet man die Kinder zum Spielen an.“

 ?? Foto: Kzenon, Fotolia ?? Wie viele Gäste darf ein Kind zu seinem Kindergebu­rtstag einladen? Am besten so viele, wie Kerzen auf dem Kuchen stehen, findet die Augsburger Expertin Kathrin Hellinger. Sie hat mehr als hundert Kindergebu­rtstage organisier­t und sagt: Eine...
Foto: Kzenon, Fotolia Wie viele Gäste darf ein Kind zu seinem Kindergebu­rtstag einladen? Am besten so viele, wie Kerzen auf dem Kuchen stehen, findet die Augsburger Expertin Kathrin Hellinger. Sie hat mehr als hundert Kindergebu­rtstage organisier­t und sagt: Eine...

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