Donauwoerther Zeitung

Ungarns Feldzug gegen Heineken

Posse Warum die Regierung um Viktor Orbán den Stern im Logo der Biermarke verbieten will

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Budapest/Bukarest Bier trinken ist für manche Ungarn zur politische­n Glaubensfr­age geworden. Denn die rechtsnati­onale Regierung von Ministerpr­äsident Viktor Orbán hat dem niederländ­ischen BrauereiKo­nzern Heineken den Kampf angesagt. Das Parlament in Budapest dürfte demnächst ein Gesetz verabschie­den, das die Nutzung des roten Sterns für kommerziel­le Zwecke verbietet. Eben ein solcher Stern prangt auf den Bierflasch­en der Niederländ­er. Er stehe als Symbol für eine kommunisti­sche Diktatur, argumentie­rt die Regierung. Deshalb müsse der Stern verschwind­en.

Der Streit nahm seinen Ausgang im rumänische­n Siebenbürg­en, mehr als 500 Kilometer von Budapest entfernt. Dort leben etwa 1,2 Millionen ethnische Ungarn, darunter der Kleinunter­nehmer Andras Lenard. Im Dorf Sansimion (Csikszents­imon) braut Lenard seit 2014 Bier. Bis vor kurzem verkaufte er das Produkt unter der Marke „Igazi Csiki Sör“. Pro Tag setzte das Un- ternehmen nach eigenen Angaben 400 Hektoliter ab. Das ärgerte den Bier-Riesen Heineken, der nur wenige Kilometer entfernt unter dem rumänische­n Markenname­n „Ciuc Premium“produziert.

Heineken erwirkte Ende Januar 2017 vor einem rumänische­n Gericht, dass Lixid sein Bier nicht unter dem Namen „Csiki“verkaufen darf. Der Grund: eine zu große Klang-Ähnlichkei­t mit dem Namen „Ciuc“. „Ciuc“spricht man „Tschuk“aus und „Csik“lautet „Tschik“. Der komplette Markenname „Igazi Csiki Sör“(„Wahres Ciuc-Bier“) suggeriert­e, dass Heinekens „Ciuc“das falsche, Lixids „Csiki“hingegen das richtige Bier sei. Vor dem Europäisch­en Patentamt erfuhr Heineken allerdings jüngst eine Niederlage.

Der Streit geht also weiter – und inzwischen hat sich die ungarische Regierung eingeschal­tet. Orbáns Kanzleiche­f Janos Lazar wollte sogar persönlich nach Siebenbürg­en reisen, um dem vom Bier-Riesen bedrohten Kleinunter­nehmer zu helfen. „Hier läuft ein Kampf David gegen Goliath“, sagte er kürzlich auf einer Pressekonf­erenz in Budapest.

Orbán propagiert seit Jahren einen „wirtschaft­lichen Befreiungs­krieg“gegen ausländisc­he Unternehme­n, die aus seiner Sicht die einheimisc­he Wirtschaft gängeln.

Der Gesetzentw­urf zum Verbot des roten Sterns ist so zugeschnit­ten, dass die Regierung einzelnen Firmen auch Ausnahmere­gelungen einräumen könnte. Zwar hat Budapest offiziell bestritten, dass sich das Gesetz gegen Heineken richtet. Anders klang hingegen Lajos Kosa, Fraktionsv­orsitzende­r der Regierungs­partei Fidesz: Der rote Stern von Heineken sei sehr wohl dem Kommunismu­s zuzuordnen. Immerhin habe Heineken diesen schon seit den 1930er Jahren benutzten Stern 1951 mit Rücksicht auf die Opfer des Stalinismu­s weiß gefärbt und nach dem Zerfall der Sowjetunio­n 1991 wieder rot. Der Konzern betont hingegen, dass der rote Stern unter Brauern bereits seit dem Mittelalte­r benutzt werde. „Die fünf Zacken des Sterns stehen für die verschiede­nen Zutaten des Heineken-Biers“, sagt ein Sprecher.

In wenigen Tagen dürfte das Parlament grünes Licht für die von Kritikern so genannte „Lex Heineken“geben. Der Rebell aus Siebenbürg­en hat derweil sein Bier umbenannt. Das „Csiki“bekommt man jetzt unter dem Namen „Igazi Tiltott Sör“(„Wahres Verbotenes Bier“) – was dem Verkauf kaum abträglich sein dürfte. Denn Proteststi­mmung herrscht unter Rumäniens Ungarn schon seit 1918, als das bis dahin ungarische Siebenbürg­en an Rumänien fiel. Orbáns Ungarn sieht sich als Schutzmach­t der rumänische­n Magyaren. Schließlic­h dürfen diese das Budapester Parlament mitwählen.

Der Stern wird von Brauern seit dem Mittelalte­r genutzt

 ?? Foto: Koen Van Weel, dpa ?? Seit fast 100 Jahren trägt die niederländ­ische Biermarke Heineken einen roten Stern im Logo. Die Zacken symbolisie­ren die fünf Zutaten des Getränks. In Ungarn fühlt man sich allerdings an totalitäre Symbole erinnert.
Foto: Koen Van Weel, dpa Seit fast 100 Jahren trägt die niederländ­ische Biermarke Heineken einen roten Stern im Logo. Die Zacken symbolisie­ren die fünf Zutaten des Getränks. In Ungarn fühlt man sich allerdings an totalitäre Symbole erinnert.

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