Die Omelette Bäckerin vom Mont Saint Michel
Frankreich Lange bevor der Klosterberg jedes Jahr Millionen anzog, versorgte eine junge Frau Pilger mit frischen Eierkuchen. Die kann man immer noch kosten – und bezahlt einen stolzen Preis dafür
heute in der Kirche in Avranches aufbewahrt – und die Legende überdauerte alle medizinischen Erklärungen für das Loch.
Auf diese eindrucksvolle Mahnung hin soll Bischof Aubert schleunigst die Errichtung eines sakralen Baus in Auftrag gegeben haben. Der Erzengel Michael, auf Französisch Saint Michel, beschützt nicht nur vor dem Teufel, sondern er entscheidet auch, wer ins Paradies eingelassen wird – diese Schlüsselstellung machte aus dem Mont-SaintMichel einen der wichtigsten Pilgerorte Frankreichs. 160 Meter über dem Meer thront heute seine goldene Statue auf der Spitze des Gebäudes, das später zu einer Kirche im vorromanischen Stil ausgebaut wurde. Außerdem wurde ein Benediktinerkloster gegründet. In den folgenden Jahrhunderten entstand durch fortgesetzte Arbeiten eine prachtvolle Abtei, in der die verschiedensten Stile von den unterschiedlichen Epochen erzählen.
Aber auch die Machtkämpfe und Kriege, die damals die Region erschütterten, gingen am Mont-SaintMichel nicht vorbei: Im 15. Jahrhundert wurde er zeitweise von den Engländern belagert und das Dorf durch Artilleriegeschosse zerstört. Doch wegen des massiven Widerstands der Bevölkerung scheiterte die Eroberung. Nach der Französischen Revolution mussten die Benediktinermönche das Kloster verlassen; denn das sakrale Monument wurde zum Gefängnis für Regimegegner, Priester und politische Häftlinge umfunktioniert. Rund 14 000 Menschen waren dort unter erbärmlichen Bedingungen eingesperrt: Ausgerechnet diese Insel mit Anreise Am besten erreichbar ist der Mont Saint Michel mit dem Auto. Von Pa ris aus sind es rund 360 Kilometer. Parkplätze befinden sich einige Kilo meter vom Klosterberg entfernt, ein Ta gesticket kostet 11,70 Euro. Pendel busse verkehren regelmäßig zu der Se henswürdigkeit und zurück und sind gratis. Informationen: www.bienvenue aumontsaintmichel.com/de
Wer den Zug bevorzugt, sollte vier Stunden Fahrt von Paris nach Avran ches einplanen, dem nächstgelegenen Ort. Diverse Verbindungen gibt es unter www.voyages sncf.com.
Übernachtung „La Mère Poulard“, wo es die berühm ten Omelettes gibt, betreibt Hotels einige Kilometer vom Mont Saint Mi chel entfernt, hat aber auch Einrich tungen direkt auf dem Klosterberg. Wer dort übernachtet, erlebt die Ruhe am Abend nach dem Touristenansturm und am Morgen, bevor die anderen Be sucher kommen. Freilich hat die exklu ihrer spirituellen Anziehungskraft geriet zeitweise zu einem Schreckensort. Nur von einem einzigen Gefangenen ist bekannt, dass ihm die Flucht gelang.
Erst im Jahre 1863 hatte Napoleon III. die Idee, die Haftanstalt aufzulösen – und indirekt war dies der Anfang des florierenden Geschäftetreibens der „Mère Poulard“. Über einen neuen Damm, den der Herrscher im Jahre 1877 bauen ließ, wurde die Insel von der Küste aus unabhängig von den Gezeiten erreichbar. Zugleich beschloss er die Renovierung des historischen Klosters.
Der damit beauftragte Architekt Édouard Corroyer nahm neben Kind und Kegel auch sein Zimmermädchen Annette Boutiaut mit, die sich wiederum in den Sohn des örtlichen Bäckers, Victor Poulard, verliebte. Beide heirateten und begannen einen Herbergsbetrieb für Pilger und Besucher in einer Zeit des aufkeimenden Tourismus. Weil diese oft außerhalb der üblichen Essenszeiten kamen, erfand die mütterliche Annette Poulard ihr Omelett als Speise, die sich schnell, einfach und jederzeit zubereiten lässt. Sie briet es in einer ordentlichen Portion Butter im Holzofen, was ihm einen spezifischen Räuchergeschmack verlieh. Freilich hatte die Menükarte noch mehr zu bieten: Insgesamt 700 Rezepte notierte die „Mutter Poulard“mit der Zeit in ihr Büchlein, jeweils in der „IchForm“.
Der Erfolg schlug so ein, dass das Ehepaar Poulard 1888 eine erste Herberge, das „Hotel zum Goldenen Löwen“, aufmachte. Später kauften sie ein neues Gasthaus, das Tipps Zum Besuch auf dem Mont Saint Michel gehört sicherlich auch einer der Klosterabtei. Der Eintritt ist kosten pflichtig– außer am ersten Sonntag eines jeden Monats. Dann ist aber auch mit besonders großem Ansturm zu rechnen. Es werden auch Führungen in deutscher Sprache angeboten, etwa von der Touristenführerin Cécile Loi seau. Infos unter https://cecileloise auguide.com
Ein besonderes Erlebnis ist eine Überquerung der Bucht des Mont Saint Michel durch das Meer – auf grund der Gezeiten ist die Wattwande rung allerdings unbedingt nur mit ei nem Führer zu empfehlen! sie „Zum renommierten Omelett der Mère Poulard“nannten. Bis heute zieht das Hotel Stars aus der ganzen Welt an – die Wände schmücken Fotografien von berühmten Besuchern wie Ernest Hemingway, Theodore Roosevelt oder Winston Churchill. Auch alle französischen Präsidenten waren hier.
Es blieb auch nicht bei einem einzigen Hotel. „La Mère Poulard“hat sich längst zu einer mächtigen Institution auf dem Mont-Saint-Michel entwickelt – und ist darüber hinaus ein international florierendes Unternehmen. Zu ihm gehören mehrere Hotels und Restaurants, zwei Museen, eine Produktion von Butterkeksen sowie Restaurant- und CaféAbleger in Japan und Korea. Rund 1000 Angestellte arbeiten insgesamt für die Kette, deren aktueller Chef Éric Vannier insgesamt 24 Jahre lang Bürgermeister des Mont-SaintMichel war. Der Ort, früher ein befestigtes Dorf mit bis zu 1000 Bewohnern, zählt noch ungefähr 100 gemeldete Wahlberechtigte und 20 ständige Einwohner; die meisten von ihnen sind Geschäftstreibende.
Kurz informiert Die letzten Einwohner gingen vor zwei Jahren
In der Abtei wiederum leben inzwischen nicht mehr Benediktinermönche – sie waren 1969 zurückgekehrt – , sondern fünf Mönche und sieben Schwestern der Gemeinschaften von Jerusalem. „Bis vor zwei Jahren wohnte hier noch eine Familie, beide Elternteile waren Fremdenführer“, erzählt Cécile Loiseau, ebenfalls Touristenführerin. „Sie mussten ihre beiden Kinder immer zur Betreuung aufs Festland bringen. Als das dritte unterwegs war, zogen sie um.“
Seinen Inselcharakter drohte der Mont-Saint-Michel allerdings zu verlieren, da das Wasser den Klosterberg nicht mehr komplett umspülte – der von Napoleon erbaute Damm unterbrach die natürlichen Meeresströmungen und die Bucht versandete zunehmend. Nach jahrzehntelangen Untersuchungen begannen dann 2006 umfangreiche Bauarbeiten, die inzwischen beendet sind. 2014 wurde die filigrane Stelzenbrücke eröffnet, durch die der österreichische Architekt Dietmar Feichtinger den alten Damm ersetzte.
„Die Idee dahinter war, dass der Besucher das Gefühl hat, quasi über das Wasser zum Klosterberg zu gelangen“, erklärt Cécile Loiseau. Schon zuvor war ein Gezeitendamm entstanden, um die Insel wieder mit Wasser zu umspülen. Der Parkplatz, der bis dahin direkt neben dem Klosterberg lag, war um drei Kilometer versetzt worden. Pendelbusse transportieren die Besucher gratis, während der Verkehr mit Pferdekutschen allmählich anläuft. Dabei verleihen sie in heutigen Tagen des Besucher-Ansturms ein Flair wie zu früheren, ruhigeren Zeiten, freilich mit einem gewissen Aufpreis – ein wenig wie die „Mère Poulard“.