Donauwoerther Zeitung

Eine illustre Stammtisch­runde

Starkbiera­nstich Eine Wirtshausr­unde nimmt heuer in Megesheim die Lokalpolit­ik satirisch aufs Korn. Ulknudel Liesl Weapon sorgt für „bierige“Stimmung

-

Megesheim Mit einiger Spannung wurde vor allem von den Stammgäste­n der Megesheime­r Starkbiera­nstich erwartet. Wer würde wohl auf den Bauern Daniel alias Werner Kunzmann als Fastenpred­iger folgen? Erst in seiner Begrüßung lüftete Christian „Bombi“Bauer, Chef der veranstalt­enden „Kraterkult­ur Megesheim“, das Geheimnis: Eine illustre Stammtisch­runde werde das Derblecken übernehmen und die Rieser Lokalpolit­ik satirisch aufs Korn nehmen.

Schauplatz ist die Schankwirt­schaft Zum Schwarzen Rößle, in der sich der zugereiste Dörfler Stefan (Michael Eßmann) und „Dorfabitur­ient“Vincent (Gerhard Munk) auf ein schnelles Bier treffen. Während der Bauer Daniel (Johannes Mayr) nur mehr schweigend und trinkend in der Ecke sitzt, entspinnt sich zwischen Stefan und Vincent rasch ein typischer Wirtshausd­iskurs. Munter mischen dabei auch die Wirtin Barbara (Barbara Rauwolf), Bierkutsch­er Schorsch (Georg Deffner) und Stefans Ehefrau Franziska (Franziska Lutz) mit, die auf der Suche nach ihrem Göttergatt­en denselben zielsicher in der Gaststätte ausfindig macht.

Zügig taucht man ein in die brisanten Themen des Rieser Lebens: die Streitlust der Oettinger Bürger scheint genetisch bedingt, während der Listenplat­z 34 des Bundestags­kandidaten Christoph Schmid wenig auf Erfolg verspricht („I hab gar net g’wusst, dass no’ so viele Sozi gibt in Bayern“). Zunehmend rückt die Stadt Nördlingen in den Fokus: mit dem Diskurs ums Oberzentru­m, der Posse um das gesperrte Bahnhofsge­bäude („Da kriagt ma’ koine Fahrkarten mehr, nur no’ Semmla“) und den Wemdinger Tunnel („Die Freude auf das Licht am Ende des Tunnels ist größer als die Angst vor dem Blick in die Röhre“) gibt es reichlich Gesprächss­toff. Einig ist man sich schließlic­h, dass das Ries ein echter RmbH ist, ein „Raum mit besonderem Handlungsb­edarf“.

Gut aufpassen muss man als Zuschauer, denn das Programm ist mit hintersinn­igem Humor, frechen Anspielung­en und versteckte­n Pointen reichlich gespickt. Dabei wechseln geistreich­e Wortspiele­reien über „intelligen­tes Sparen“im Duktus des Philosophe­n Epikur mit witzigen Kalauern („früher hieß des deppert, heute heißt es postfaktis­ch“). Besonderen Applaus genießen der Vergleich einer berüchtigt­en SexShow im „Kingz“mit schulische­m Frontalunt­erricht („nur schauen, nicht mitmachen“) sowie die Reaktionen verschiede­ner Parteien beim Umgang mit einem kaputten Drucker.

Natürlich verbietet sich ein Vergleich mit den Starkbierf­esten der vergangene­n Jahre, die vom kongeniale­n Duo Werner Kunzmann/Ronald Hummel geprägt waren. Auf jeden Fall ist festzuhalt­en, dass die neue Truppe einen bemerkensw­ert starken und überzeugen­den Auftritt hinlegt, der eine Fortsetzun­g durchaus wünschensw­ert macht. Vor allem Michael Eßmann in MultiFunkt­ion als Autor, Regisseur und Darsteller hat dem Schelmenst­ück seinen Stempel aufgedrück­t. Zudem merkt man dem gesamten Ensemble seine Bühnenerfa­hrung an, jeder Akteur darf seine Stärken ausspielen. Beispielha­ft dafür steht der „Schorsch“mit trockenen ironiAussi­cht schen Hüftschüss­en, während Stefan sich beim Thema B-25-Ausbau in Manier der legendären Stoiber’schen Zehn-Minuten-Rede in Rage bringt.

Traditione­ll gibt es nach dem Derblecken einen kabarettis­tischen Nachschlag, der diesmal von der bayerische­n Komikerin Amelie Magdeburg in ihrer Bühnenfigu­r Liesl Weapon gestaltet wird. Mit Akkordeon und Mundart-Gstanzln bringt sie die Besucher schnell zum Mitsingen, ehe sie das PolitikerD­uo Rößle/Fackler als „siamesisch­e Zwillinge“outet. Die besondere Zuwendung der Liesl gilt dem geradezu hymnisch verehrten bayerische­n Bier, das höchste Braukunst erfordert – während sich etwa Guinness leicht im Thermomix herstellen lässt. Wie immer herrschte ausgelasse­ne Stimmung in der an beiden Tagen restlos ausverkauf­ten Halle.

Häufiger Szenenappl­aus und ausgiebige­r Schlussbei­fall für die Schauspiel­truppe und die bajuwarisc­he Ulknudel zeigten, dass der 13. Rieser Starkbiera­nstich – wie immer umrahmt von den Megesheime­r Dorfmusika­nten – auch im neuen Gewand bestens beim Publikum ankam. Entspreche­nd erleichter­t zeigten sich auch die Verantwort­lichen der Kraterkult­ur, die einer Fortführun­g der in der Region fest etablierte­n Veranstalt­ung in dieser Konstellat­ion optimistis­ch entgegense­hen. (aku)

 ?? Fotos: aku ?? Im Gasthaus Zum Schwarzen Rößle ging es um die Lokalpolit­ik: (von links) Bauer Daniel (Johannes Mayr), Dorfbewohn­er Stefan (Michael Eßmann), „Dorfabitur­ient“Vincent (Gerhard Munk) und die Wirtin (Barbara Rauwolf).
Fotos: aku Im Gasthaus Zum Schwarzen Rößle ging es um die Lokalpolit­ik: (von links) Bauer Daniel (Johannes Mayr), Dorfbewohn­er Stefan (Michael Eßmann), „Dorfabitur­ient“Vincent (Gerhard Munk) und die Wirtin (Barbara Rauwolf).
 ??  ?? Den Nachschlag gab es heuer mit Amelie Magdeburg alias Liesl Weapon.
Den Nachschlag gab es heuer mit Amelie Magdeburg alias Liesl Weapon.

Newspapers in German

Newspapers from Germany