Donauwoerther Zeitung

So viel nehmen die Wiesn Wirte ein

Oktoberfes­t Die Stadt München hat einen Rechenplan erstellt, wie viel Geld in den Bierzelten umgesetzt wird. Der Wirte-Sprecher kann angesichts der Zahlen nur den Kopf schütteln

- VON STEPHANIE SARTOR

München Toni Roiderer ist sauer. „Wir sind dabei, die Wiesn lächerlich zu machen“, schimpft der Sprecher der Münchner Oktoberfes­tWirte. Und legt noch einen drauf: „Das ist eine Schande, wie man mit uns umgeht.“Das, worüber sich Roiderer so ärgert, sind Zahlen. Zahlen, die vor kurzem an die Öffentlich­keit gelangt sind. Es geht ums Geld. Darum, wie viel die Wirte auf dem größten Volksfest der Welt eigentlich einnehmen.

In der Diskussion um ein WiesnRefor­mpaket hat die Stadt München einen Rechenplan aufgestell­t. Demnach geht man im Rathaus von einem Nettoumsat­z in Höhe von etwa 170 Millionen Euro aus. WiesnChef Josef Schmid will eine Umsatzpach­t von 5,1 Prozent einführen und auf diesem Weg 8,6 Millionen Euro einnehmen. Insgesamt kostet das Volksfest die Stadt etwa elf Millionen Euro. Das Wirtschaft­sreferat kalkuliert mit Ausgaben von 42 Euro pro Gast. Geht man von etwa 4,8 Millionen Bierzeltgä­sten aus, kommt man auf einen Bruttoumsa­tz von etwa 201 Millionen Euro. Netto, abzüglich der Mehrwertst­euer, sind das dann Einnahmen in Höhe von rund 170 Millionen. Ein Sprecher von Münchens Zweitem Bürgermeis­ter und Wiesn-Chef Josef Schmid bestätigte die Zahlen, die zunächst in mehreren Münchner Medien veröffentl­icht wurden, gegenüber unserer Zeitung.

Roiderer kann angesichts dieser Rechnung nur den Kopf schütteln. „Die Zahlen sind weit drüber. Es sind eher 130 bis 140 Millionen Euro“, sagt der 72-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung. Denn die Annahme, dass immer jeder Platz besetzt sei und jeder Gast im Zelt 42 Euro ausgebe, gehe an der Realität vorbei. „Wenn das Wetter unter der Woche schlecht ist, dann kommen bis Mittag keine 1000 Leute. Da gibt es ein paar Zelte, die um die Mittagszei­t schon voll sind, in anderen sitzen nur 300 Leute drin“, sagt Roiderer. Das Vorgehen der Stadt kann er nicht nachvollzi­ehen: „Mich ärgert es, dass man einfach Zahlen auf den Tisch gepackt hat.“

In der Rechnung der Stadt sind noch nicht die vielen Ausgaben berücksich­tigt, die auf die Wirte wäh- rend einer Wiesn zukommen. Allein für den Auf- und Abbau eines Zeltes sind das nach Angaben von Roiderer etwa zwei Millionen Euro. Für die Musik würden noch einmal rund 200000 Euro fällig, die Bewachung schlage mit rund 400000 Euro zu Buche. Und dann müssten noch Bedienunge­n, Köche und die Waren bezahlt werden – der mit Abstand größte Posten.

Übrig bleibt aber offenbar meist genug. Ex-Hippodrom-Chef Sepp Krätz musste vor einigen Jahren während seines Steuerproz­esses seine Bilanzen öffentlich machen. Ergebnis: Krätz blieben 2013 circa 1,5 Millionen Euro netto von der Wiesn übrig – mit einem solchen Gewinn, etwa zehn bis 15 Prozent des Nettoumsat­zes, dürften wohl die meisten großen Wiesn-Wirte rechnen können. Auch die Ex-Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl spricht in einem Interview über die Finanzen der Wirte: „Ich kam bei den Großzelten vor 15 Jahren schon auf einen Gewinn von jeweils ungefähr einer Million Euro je nach Zeltgröße und Angebot.“

Roiderer kommentier­t die Diskussion um Wirte, die sich beim Oktoberfes­t eine goldene Nase verdienen, so: „Wenn ich das Glück und die Gabe habe und in der Bundesliga spiele, dann sollte ich auch mehr verdienen als in der Bayernliga.“

Hintergrun­d der ganzen Rechnerei ist das von Wiesn-Chef Schmid geplante Reformpake­t. Unter anderem sieht das eine Bierpreisb­remse vor. Für drei Jahre soll der Preis für eine Maß bei 10,70 Euro eingefrore­n werden. Das soll verhindern, dass die Wirte die Umsatzpach­t direkt an die Festzeltbe­sucher weitergebe­n, indem sie die Preise für das Bier erhöhen. Grund für die Umsatzpach­t sind die enorm gestiegene­n Kosten für Sicherheit­smaßnahmen wegen der Angst vor Terror-Anschlägen.

Die Wiesn-Wirte wehren sich gegen die Bierpreisb­remse. „Unser Bier ist billiger als in der Münchner Innenstadt“, sagt Roiderer, der seit 16 Jahren Wirtesprec­her ist. Über die Umsatzpach­t aber rege er sich nicht auf. „Wenn die Stadt sagt, sie braucht mehr Geld, dann ist das so.“

Eigentlich hätte das Oktoberfes­tReformpak­et von Wiesn-Chef Schmid am Dienstag auf der Tagesordnu­ng des Wirtschaft­sausschuss­es stehen sollen – der Stadt war das allerdings zu kurzfristi­g. Eine endgültige Entscheidu­ng soll nun am 9. Mai fallen.

Allein für die Musik sind 200 000 Euro fällig

 ?? Foto: Felix Hörhager, dpa ?? Tausende Menschen passen in die Bierzelte auf dem Oktoberfes­t. Die Stadt München geht von 4,8 Millionen Zeltgästen aus, von denen jeder 42 Euro ausgibt. Daraus ergibt sich für die Wirte ein Brutto Umsatz von etwa 201 Millionen Euro. Netto liegen die...
Foto: Felix Hörhager, dpa Tausende Menschen passen in die Bierzelte auf dem Oktoberfes­t. Die Stadt München geht von 4,8 Millionen Zeltgästen aus, von denen jeder 42 Euro ausgibt. Daraus ergibt sich für die Wirte ein Brutto Umsatz von etwa 201 Millionen Euro. Netto liegen die...

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