Donauwoerther Zeitung

Die schwäbisch­e Mutter als Trauma

Kabarett Götz Frittrang lässt das Publikum an „Problemen“teilhaben

- VON THOMAS UNFLATH

Kaisheim Als „echtes Mannsbild“bezeichnet­e ihn zur Begrüßung Gastgeber Jürgen Panitz. Und auch Götz Frittrang, der mehrfach preisgekrö­nte Kabarettis­t, beschrieb sich kurz und knapp ganz ähnlich: „Groß, breit, Bart, lange Haare.“Bei seinem ersten Auftritt im Kaisheimer Thaddäus zeigte der Schwabe aber noch andere Eigenschaf­ten und eroberte bei seiner Premiere in der Kleinkunst­bühne die Herzen des Publikums.

Gut 45 Minuten plauderte der 39-Jährige über seine Herkunft und seinen Lebenslauf – und man konnte fast meinen, diese Sequenz gehörte gar nicht zum Programm „Wahnvorste­llung“. Aus Friedrichs­hafen am Bodensee stammt er, seine Heimat gelte als „Karibik Deutschlan­ds“mit wunderbare­r Luft, selbst an Weihnachte­n könne man bei 27 Grad den Seeblick genießen, so Frittrang in seiner übertriebe­n-positiven Ode an „das richtige Schwaben“, wie er mit einem Seitenhieb auf die Region meinte. Doch von dort verschlug es ihn durch „ein unheiliges Schicksal“in Form eines Eherings nach Oldenburg. Dort regnet es nicht nur durchgehen­d, die Luftfeucht­igkeit erledige den Rest. Sein Vollbart sei deshalb auch kein Bart, sondern angewachse­nes Moos, das er nur braun gefärbt habe. Inzwischen wohnt er in Bamberg. Die oberfränki­sche Stadt ist zwar Weltkultur­erbe und gilt als „Venedig an der Regnitz“, habe laut Frittrang aber ein grundsätzl­iches Problem: „Dort wohnen viele Franken.“Der schwierige Dialekt habe zur Folge, dass in Franken Tausende Logopäden tätig seien …

Kalter Krieg, die katholisch­e Kirche oder auch Süßigkeite­n, die über Islamisten­gebieten abgeworfen werden und für den Weltfriede­n sorgen: Frittrang polterte, hoffte, wurde melancholi­sch und löste auch mit Mimik und Gestik immer wieder Begeisteru­ngsstürme im fast voll besetzten Thaddäus aus. So auch bei einer Vision, die er mit sich herumträgt: Claus Hipp als Bundespräs­ident. „Wenn ich diesen Mann und seine Werbung sehe, bin ich wieder klein und möchte die ganze Woche nur Brei essen.“

Von einem Thema kam er den ganzen Abend nicht los: seiner Mutter, einer typischen Vertreteri­n der schwäbisch­en Hausfrau. Beispiele: Als kleiner Bub hieß es, brav den Teller leer zu essen.

Und wenn man nach der zwölften Portion einfach nicht mehr konnte, kam von der Mutter nur ein enttäuscht­es „Hat´s dir net gschmeckt?“Nach dem Auszug von Zuhause erhielt Frittrang besorgte Anrufe: „Isch au gnug?“Um bei den Heimatbesu­chen regelmäßig zu hören: „Du bisch aber fett gworra.“Und auch jetzt, mit 39 Jahren, müsse er immer noch mit seiner Mutter zum Hosenkauf – samt peinlicher Erlebnisse mit der Modeverkäu­ferin.

Ungewöhnli­ch für Kabarettis­ten in heutiger Zeit: Frittrang wurde nur kurz politisch. Er meinte, die Kanzlerin könne es mit ihren Entscheidu­ngen nie allen recht machen. Entweder sei sie zu hart oder zu naiv.

Dies wäre jedoch nicht der Hauptgrund, warum das Amt des Regierungs­chefs für ihn nie in Frage komme. Sondern die jährliche Teilnahme an den Wagner-Festspiele­n in Bayreuth. Frittrangs Begründung: Man solle einem deutschen Politiker nie mehr als 20 Minuten lang Wagner-Musik aussetzen. „Ich hatte zuletzt schon Angst, dass Merkel rauskommt und meint: ,Heute ist Polen fällig!‘“

In Richtung Finale zeigte Frittrang furios die Unterschie­de zwischen Hunden und Katzen („die Kinskis der Tierwelt“) auf.

„Je weiter nördlich ich komme, desto größer wird der Schwabenha­ss“, wurde der Kabarettis­t zum Ende noch einmal persönlich. „Ich lache dann zumeist mit, aber oft sitze ich nach dem Auftritt in meinem 500er SL und wische mir die Tränen mit Geldschein­en ab.“

 ?? Foto: Unflath ?? Hatte die Lacher auf seiner Seite: Kabarettis­t Götz Frittrang zu Gast im Kaisheimer Thaddäus.
Foto: Unflath Hatte die Lacher auf seiner Seite: Kabarettis­t Götz Frittrang zu Gast im Kaisheimer Thaddäus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany