Die schwäbische Mutter als Trauma
Kabarett Götz Frittrang lässt das Publikum an „Problemen“teilhaben
Kaisheim Als „echtes Mannsbild“bezeichnete ihn zur Begrüßung Gastgeber Jürgen Panitz. Und auch Götz Frittrang, der mehrfach preisgekrönte Kabarettist, beschrieb sich kurz und knapp ganz ähnlich: „Groß, breit, Bart, lange Haare.“Bei seinem ersten Auftritt im Kaisheimer Thaddäus zeigte der Schwabe aber noch andere Eigenschaften und eroberte bei seiner Premiere in der Kleinkunstbühne die Herzen des Publikums.
Gut 45 Minuten plauderte der 39-Jährige über seine Herkunft und seinen Lebenslauf – und man konnte fast meinen, diese Sequenz gehörte gar nicht zum Programm „Wahnvorstellung“. Aus Friedrichshafen am Bodensee stammt er, seine Heimat gelte als „Karibik Deutschlands“mit wunderbarer Luft, selbst an Weihnachten könne man bei 27 Grad den Seeblick genießen, so Frittrang in seiner übertrieben-positiven Ode an „das richtige Schwaben“, wie er mit einem Seitenhieb auf die Region meinte. Doch von dort verschlug es ihn durch „ein unheiliges Schicksal“in Form eines Eherings nach Oldenburg. Dort regnet es nicht nur durchgehend, die Luftfeuchtigkeit erledige den Rest. Sein Vollbart sei deshalb auch kein Bart, sondern angewachsenes Moos, das er nur braun gefärbt habe. Inzwischen wohnt er in Bamberg. Die oberfränkische Stadt ist zwar Weltkulturerbe und gilt als „Venedig an der Regnitz“, habe laut Frittrang aber ein grundsätzliches Problem: „Dort wohnen viele Franken.“Der schwierige Dialekt habe zur Folge, dass in Franken Tausende Logopäden tätig seien …
Kalter Krieg, die katholische Kirche oder auch Süßigkeiten, die über Islamistengebieten abgeworfen werden und für den Weltfrieden sorgen: Frittrang polterte, hoffte, wurde melancholisch und löste auch mit Mimik und Gestik immer wieder Begeisterungsstürme im fast voll besetzten Thaddäus aus. So auch bei einer Vision, die er mit sich herumträgt: Claus Hipp als Bundespräsident. „Wenn ich diesen Mann und seine Werbung sehe, bin ich wieder klein und möchte die ganze Woche nur Brei essen.“
Von einem Thema kam er den ganzen Abend nicht los: seiner Mutter, einer typischen Vertreterin der schwäbischen Hausfrau. Beispiele: Als kleiner Bub hieß es, brav den Teller leer zu essen.
Und wenn man nach der zwölften Portion einfach nicht mehr konnte, kam von der Mutter nur ein enttäuschtes „Hat´s dir net gschmeckt?“Nach dem Auszug von Zuhause erhielt Frittrang besorgte Anrufe: „Isch au gnug?“Um bei den Heimatbesuchen regelmäßig zu hören: „Du bisch aber fett gworra.“Und auch jetzt, mit 39 Jahren, müsse er immer noch mit seiner Mutter zum Hosenkauf – samt peinlicher Erlebnisse mit der Modeverkäuferin.
Ungewöhnlich für Kabarettisten in heutiger Zeit: Frittrang wurde nur kurz politisch. Er meinte, die Kanzlerin könne es mit ihren Entscheidungen nie allen recht machen. Entweder sei sie zu hart oder zu naiv.
Dies wäre jedoch nicht der Hauptgrund, warum das Amt des Regierungschefs für ihn nie in Frage komme. Sondern die jährliche Teilnahme an den Wagner-Festspielen in Bayreuth. Frittrangs Begründung: Man solle einem deutschen Politiker nie mehr als 20 Minuten lang Wagner-Musik aussetzen. „Ich hatte zuletzt schon Angst, dass Merkel rauskommt und meint: ,Heute ist Polen fällig!‘“
In Richtung Finale zeigte Frittrang furios die Unterschiede zwischen Hunden und Katzen („die Kinskis der Tierwelt“) auf.
„Je weiter nördlich ich komme, desto größer wird der Schwabenhass“, wurde der Kabarettist zum Ende noch einmal persönlich. „Ich lache dann zumeist mit, aber oft sitze ich nach dem Auftritt in meinem 500er SL und wische mir die Tränen mit Geldscheinen ab.“