Donauwoerther Zeitung

Gefährlich cool

Warum in New York City alle von „Bed Stuy“reden

- VON LAURA LEWANDOWSK­I

Was verbindet die U-Bahn von New York mit US-Rapper Jay-Z? Zwei Buchstaben und ein Viertel – zumindest wenn man den Einheimisc­hen aus „Bedford-Stuyvesant“glaubt. Durch das Viertel verlaufen die Linien „J“und „Z“der New Yorker U-Bahn. Dort ist der King of Hip Hop aufgewachs­en, genau wie Rapperin Lil’Kim. Bekannt ist das Viertel im Norden Brooklyns allerdings weniger durch die Hip-Hop-Legenden, sondern als gefährlich­es Pflaster. Freiwillig wollte da bislang keiner hin. Und jetzt? Sprechen Insider vom „next big thing“– dem nächsten großen Ding. Wo einst Prostituie­rte am Straßenran­d standen und Dealer in den Seitenstra­ßen feilschten, leben heute etwa 134 000 Menschen, die aus den verschiede­nsten Nationen kommen. Ziemlich multikulti alles. Ähnlich wie im Nachbarvie­rtel Bushwick, nur noch ohne Touristen.

Stadtteil im Umbruch

Die Waggons der U-Bahn rattern in Bed-Stuy im MinutenTak­t über die Stahltrass­e der Brücke, die über dem Broadway wie ein Baldachin zu schweben scheint. Unter ihr drängeln sich immer wieder Polizeiwag­en zwischen hupenden Autos, alten Mofas und dicken Trucks hindurch. In der schwülen Mittagshit­ze riecht es nach verbrannte­m Gummi und heißem Metall. Bed-Stuy ist nicht schillernd wie Manhattan und kein Hipster-Stadtteil wie Bushwick. Aber das will es auch gar nicht sein. „Es ist im Umbruch – und ich wünschte, genau so würde es für immer bleiben“, sagt Steve. Lässige Jogginghos­e, die Haare an den Seiten abrasiert, Kopfhörer um den Nacken. Der 25-Jährige sitzt vor seinem Laptop und schlürft frischgebr­ühten Kaffee. Made in Bed-Stuy, natürlich. Aufgewachs­en ist Steve in der Bronx, seit ein paar Jahren wohnt er in Brooklyn. Früher, das sagt auch er, sei Bed-Stuy das schlimmste Viertel in der City gewesen. Und jetzt? Einfach toll und vor allem: günstig. „Wenn ich essen gehen will, bekomme ich um die Ecke ein Menü für sieben Dollar, das mich die ganze Woche satt macht. Wenn ich es etwas schicker will, dann komme ich hierher.“Und zwar in das „Cup of Brooklyn“, ein Café in einer Seitenstra­ße des Broadway.

Alltag in New York

Denn wer in Bed-Stuy sucht, findet nicht nur fettige Pizza, sondern eben auch den SojaLatte. Von der Decke baumeln stylishe Glaslampen, an der schwarzen Menütafel locken Veggie- und Avocado-Sandwiches. Gegessen wird auf selbstgeba­uten Holzbänken. Erst Ende Juli 2016 eröffneten Agnes und John Paladino ihr neues Café. Eins, das so auch locker in Berlin stehen könnte. Der Unterschie­d aber: Statt Touris bestellen hier fast nur Einheimisc­he, sagt das Paar. Und für genau die soll der Laden in erster Linie auch sein. „Wir sind vor sechs Jahren von Queens hierher gezogen. Hier gab es nichts“, sagt Agnes. Allerhöchs­te Zeit also, das zu ändern. Der Broadway sei eine magische Schnittste­lle für sie gewesen. Wer in die U-Bahn nach „BedStuy“steigt, erlebt New Yorker Alltag. Sauber und gepflegt ist es nicht. Auch nicht atemberaub­end schön. Aber wenn die Luft nach Coolness riechen könnte, sollte man seiner Nase gen Osten folgen. Und die Ohren aufsperren für echten HipHop.

 ?? Foto: mandritoiu, Fotolia.com ?? Beim Sonnenunte­rgang über der Brooklyn Bridge zeigt sich der Big Apple von seiner schönsten Seite. Der Alltag in den Stadtteile­n hat auch Schattense­iten.
Foto: mandritoiu, Fotolia.com Beim Sonnenunte­rgang über der Brooklyn Bridge zeigt sich der Big Apple von seiner schönsten Seite. Der Alltag in den Stadtteile­n hat auch Schattense­iten.

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