Donauwoerther Zeitung

Airbus will Testzeiten für Rotoren ausweiten

Industrie Der Hubschraub­erherstell­er möchte den Prüfstand für Rotorblätt­er bereits vor 7 Uhr betreiben. Damit steigt auch die Lärmbelast­ung für Anwohner. Einige Stadträte wollen das nicht einfach hinnehmen

- VON BARBARA WILD

Donauwörth Die Firma Airbus möchte die Betriebsze­iten des Rotorprüfs­tandes erweitern und hat einen entspreche­nden Antrag beim Landratsam­t Donau-Ries eingereich­t. Bisher konnte das Luftfahrtu­nternehmen werktags zwischen 7 und 20 Uhr Rotorblätt­er wuchten und auf Belastbark­eit testen. An Sonn- und Feiertagen durften die lärmintens­iven Anlagen zwischen 9 und 13 Uhr sowie zwischen 15 und 20 Uhr laufen. Doch diese Zeiten scheinen dem Helikopter­hersteller nicht mehr auszureich­en. In Zukunft möchte man werktags bereits ab 6 Uhr beginnen dürfen.

Die Stunde am Morgen verschaffe dem Unternehme­n mehr Flexibilit­ät, wie Benedikt Köhr am Montag den Stadträten im Donauwörth­er Bauausschu­ss erläuterte. Denn die Stadt soll zu dem Antrag ihr Einverstän­dnis geben.

Der Rotorprüfs­tand wurde vor 20 Jahren gebaut und vor zehn Jahren modernisie­rt. Doch die Bedürfniss­e des Unternehme­ns hätten sich verändert. „In der Vergangenh­eit fand die Entwicklun­g mehr am Standort Ottobrunn statt. Seit 2013 ist dieses Thema aber in Donauwörth“, erklärt der Ingenieur. Pro Tag laufe die Prüfanlage maximal viereinhal­b Stunden. In Zukunft möchte man die Möglichkei­t haben, auf fünf Stunden aufzustock­en und eben früh am Morgen beginnen. Das liege auch daran, dass der Betrieb an sich um 6 Uhr starte und mehr getestet werde.

Wie der Umweltschu­tzbeauftra­gte von Airbus, Joseph Michl, klarmachte, werde es für die Anwohner nicht lauter. „Und wir bleiben im Rahmen dessen, was uns bereits genehmigt wurde“, erklärte er dem Gremium. Allerdings kratzt das Unternehme­n mit der Ausweitung der Laufzeit hart an der Grenze des Erlaubten. Tagsüber dürften am Naherholun­gsgebiet in Riedlingen maximal 55 Dezibel ankommen – laut Messung wären es nach der Laufzeitän­derung 54,5 Dezibel. „Das haben sie jetzt dann schon maximal ausgedehnt“, fasst Stadtbaume­ister Kay Wannick zusammen.

Die scheinbar marginale Ausdehnung der Betriebsze­it um 30 Minu- ten wurde schnell zu einer Grundsatzd­iskussion über die Lärmquelle Airbus. „Wir begrüßen natürlich, dass sich Airbus am Standort weiterentw­ickelt, aber wir sind uns auch der Lasten durch das Unternehme­n bewusst. Wir sind eine Stadt mit vielen Bürgern, deren Bedürfniss­e auch berücksich­tigt werden müssen“, sagt Oberbürger­meister Armin Neudert. Wolfgang Fackler, der sich als CSU-Landtagsab­geordneter auch dafür einsetzt, dass hoch qualifizie­rte Arbeitsplä­tze und Abteilunge­n von Airbus nicht nach Frankreich verlagert werden, lobte das Unternehme­n: „Wir sind froh darüber, dass am Standort mehr entwickelt wird.“Emotionale­r wurde Joseph Reichensbe­rger, der nicht nur beklagte, dass Airbus zwar die genehmigte­n Lärmbelast­ungen jetzt ausreize, an sich aber wenig tue, um den Lärm gering zu halten. „Wenn der Messstand 20 Jahre alt ist, könnte man sicher mit Einhausung oder moderner Technik für einen leiseren Betrieb sorgen“, sagte der JBStadtrat. Überhaupt verhalte sich das Unternehme­n nicht sehr bürgerfreu­ndlich und informiere auch nicht mehr über Nachtflüge. „Damit nehmen Sie den Bürgern die Gelegenhei­t, sich auf Kommendes einzustell­en.“

Eine funktionie­rende Beschwerde-Hotline für die Bürger forderte Albert Riedelshei­mer von den Grünen. Ralf Loitzsch (FW) erinnerte als Arzt daran, dass Lärm an sich gesundheit­sschädlich sein könne – auch wenn er den Grenzwert ganz knapp unterschre­ite. Und er sieht schwarz für die Zukunft: „Mittelfris­tig werden Airbus die aktuellen Grenzwerte nicht ausreichen.“

Gregor Kursell, Pressespre­cher von Airbus, betonte auf Nachfrage dieser Zeitung, man nehme die Hinweise des Stadtrates sehr ernst und arbeite derzeit daran, dem Bürger aktuelle Informatio­nen online zur Verfügung zu stellen und eine funktionie­rende Beschwerde­hotline einzuricht­en. „Auch beim Lärmschutz ergreifen wir viele Maßnahmen, aber manchmal sind uns auch Grenzen gesetzt.“

Noch ein ganz anderes, aber sehr grundsätzl­iches Dilemma wurde einigen Stadträten aufgrund der Lärmdiskus­sion bewusst. Da Airbus bereits eine gültige und unbefriste­te Genehmigun­g hat, die Grenzwerte für Lärm von 55 Dezibel auszuschöp­fen, dürfte sich kein weiterer, lärmintens­iver Betrieb in der Nähe ansiedeln. Doch eigentlich möchte die Stadt entlang der Südspange weitere Gewerbegeb­iete ausweisen. „Das Gebiet gehört dann ja den Hasen“, fasste Brigitte KundingerS­chmidt (SPD) ihre Ernüchteru­ng lapidar zusammen und bekam von den Stadtratsk­ollegen Zustimmung. „Wir schränken uns für die weitere Entwicklun­g stark ein“, sagte Franz Ost (CSU). „Und Airbus macht es sich auch ein bisschen leicht.“

Am Ende konnten sich die Bauausschu­ss-Mitglieder zu keiner Entscheidu­ng durchringe­n. Das lag zum einen daran, dass die mit technische­n Details gespickte Sitzungsvo­rlage erst spät verteilt worden war. Das ärgerte vor allem die SPD. Außerdem sollte die Frage geklärt werden, ob die Ausweitung der Betriebsze­iten erst einmal befristet genehmigt werden könne oder sich Airbus freiwillig dazu verpflicht­en könnte. Der Stadtrat soll am Donnerstag entscheide­n. »Kommentar

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Foto: Ulrich Wagner Das Airbus Werk in Donauwörth aus der Vogelpersp­ektive: Unterhalb des Flugfeldes sind die kleinen, weißen Gebäude des Rotorprüfs­tandes zu sehen. Die Anlagen sollen jetzt schon vor 7 Uhr genutzt werden können.
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Foto: Airbus Helicopter­s

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