Airbus will Testzeiten für Rotoren ausweiten
Industrie Der Hubschrauberhersteller möchte den Prüfstand für Rotorblätter bereits vor 7 Uhr betreiben. Damit steigt auch die Lärmbelastung für Anwohner. Einige Stadträte wollen das nicht einfach hinnehmen
Donauwörth Die Firma Airbus möchte die Betriebszeiten des Rotorprüfstandes erweitern und hat einen entsprechenden Antrag beim Landratsamt Donau-Ries eingereicht. Bisher konnte das Luftfahrtunternehmen werktags zwischen 7 und 20 Uhr Rotorblätter wuchten und auf Belastbarkeit testen. An Sonn- und Feiertagen durften die lärmintensiven Anlagen zwischen 9 und 13 Uhr sowie zwischen 15 und 20 Uhr laufen. Doch diese Zeiten scheinen dem Helikopterhersteller nicht mehr auszureichen. In Zukunft möchte man werktags bereits ab 6 Uhr beginnen dürfen.
Die Stunde am Morgen verschaffe dem Unternehmen mehr Flexibilität, wie Benedikt Köhr am Montag den Stadträten im Donauwörther Bauausschuss erläuterte. Denn die Stadt soll zu dem Antrag ihr Einverständnis geben.
Der Rotorprüfstand wurde vor 20 Jahren gebaut und vor zehn Jahren modernisiert. Doch die Bedürfnisse des Unternehmens hätten sich verändert. „In der Vergangenheit fand die Entwicklung mehr am Standort Ottobrunn statt. Seit 2013 ist dieses Thema aber in Donauwörth“, erklärt der Ingenieur. Pro Tag laufe die Prüfanlage maximal viereinhalb Stunden. In Zukunft möchte man die Möglichkeit haben, auf fünf Stunden aufzustocken und eben früh am Morgen beginnen. Das liege auch daran, dass der Betrieb an sich um 6 Uhr starte und mehr getestet werde.
Wie der Umweltschutzbeauftragte von Airbus, Joseph Michl, klarmachte, werde es für die Anwohner nicht lauter. „Und wir bleiben im Rahmen dessen, was uns bereits genehmigt wurde“, erklärte er dem Gremium. Allerdings kratzt das Unternehmen mit der Ausweitung der Laufzeit hart an der Grenze des Erlaubten. Tagsüber dürften am Naherholungsgebiet in Riedlingen maximal 55 Dezibel ankommen – laut Messung wären es nach der Laufzeitänderung 54,5 Dezibel. „Das haben sie jetzt dann schon maximal ausgedehnt“, fasst Stadtbaumeister Kay Wannick zusammen.
Die scheinbar marginale Ausdehnung der Betriebszeit um 30 Minu- ten wurde schnell zu einer Grundsatzdiskussion über die Lärmquelle Airbus. „Wir begrüßen natürlich, dass sich Airbus am Standort weiterentwickelt, aber wir sind uns auch der Lasten durch das Unternehmen bewusst. Wir sind eine Stadt mit vielen Bürgern, deren Bedürfnisse auch berücksichtigt werden müssen“, sagt Oberbürgermeister Armin Neudert. Wolfgang Fackler, der sich als CSU-Landtagsabgeordneter auch dafür einsetzt, dass hoch qualifizierte Arbeitsplätze und Abteilungen von Airbus nicht nach Frankreich verlagert werden, lobte das Unternehmen: „Wir sind froh darüber, dass am Standort mehr entwickelt wird.“Emotionaler wurde Joseph Reichensberger, der nicht nur beklagte, dass Airbus zwar die genehmigten Lärmbelastungen jetzt ausreize, an sich aber wenig tue, um den Lärm gering zu halten. „Wenn der Messstand 20 Jahre alt ist, könnte man sicher mit Einhausung oder moderner Technik für einen leiseren Betrieb sorgen“, sagte der JBStadtrat. Überhaupt verhalte sich das Unternehmen nicht sehr bürgerfreundlich und informiere auch nicht mehr über Nachtflüge. „Damit nehmen Sie den Bürgern die Gelegenheit, sich auf Kommendes einzustellen.“
Eine funktionierende Beschwerde-Hotline für die Bürger forderte Albert Riedelsheimer von den Grünen. Ralf Loitzsch (FW) erinnerte als Arzt daran, dass Lärm an sich gesundheitsschädlich sein könne – auch wenn er den Grenzwert ganz knapp unterschreite. Und er sieht schwarz für die Zukunft: „Mittelfristig werden Airbus die aktuellen Grenzwerte nicht ausreichen.“
Gregor Kursell, Pressesprecher von Airbus, betonte auf Nachfrage dieser Zeitung, man nehme die Hinweise des Stadtrates sehr ernst und arbeite derzeit daran, dem Bürger aktuelle Informationen online zur Verfügung zu stellen und eine funktionierende Beschwerdehotline einzurichten. „Auch beim Lärmschutz ergreifen wir viele Maßnahmen, aber manchmal sind uns auch Grenzen gesetzt.“
Noch ein ganz anderes, aber sehr grundsätzliches Dilemma wurde einigen Stadträten aufgrund der Lärmdiskussion bewusst. Da Airbus bereits eine gültige und unbefristete Genehmigung hat, die Grenzwerte für Lärm von 55 Dezibel auszuschöpfen, dürfte sich kein weiterer, lärmintensiver Betrieb in der Nähe ansiedeln. Doch eigentlich möchte die Stadt entlang der Südspange weitere Gewerbegebiete ausweisen. „Das Gebiet gehört dann ja den Hasen“, fasste Brigitte KundingerSchmidt (SPD) ihre Ernüchterung lapidar zusammen und bekam von den Stadtratskollegen Zustimmung. „Wir schränken uns für die weitere Entwicklung stark ein“, sagte Franz Ost (CSU). „Und Airbus macht es sich auch ein bisschen leicht.“
Am Ende konnten sich die Bauausschuss-Mitglieder zu keiner Entscheidung durchringen. Das lag zum einen daran, dass die mit technischen Details gespickte Sitzungsvorlage erst spät verteilt worden war. Das ärgerte vor allem die SPD. Außerdem sollte die Frage geklärt werden, ob die Ausweitung der Betriebszeiten erst einmal befristet genehmigt werden könne oder sich Airbus freiwillig dazu verpflichten könnte. Der Stadtrat soll am Donnerstag entscheiden. »Kommentar