Donauwoerther Zeitung

Enzlerhaus: Dietz gibt nicht auf

Versorgung Das Haus in Genderking­ens Mitte soll schon lange zum sozialen Mittelpunk­t werden. Doch alle Interessen­ten sind abgesprung­en. Der Bürgermeis­ter will dranbleibe­n

- VON THOMAS HILGENDORF

Genderking­en Wenn Bürgermeis­ter Roland Dietz über das spricht, was doch möglich wäre in Genderking­en, dann leuchten seine Augen. Und in der Tat wirkt vieles hier nach Bullerbü, zumindest aber nach bayerische­m Bilderbuch­dorf. So ist das auch beim Blick aus Dietz’ Amtsstube hinüber auf das Enzlerhaus – dieses bleibt derweil eine große Baustelle für die Gemeinde, wenn nicht gar ein Sorgenkind. Trotz Frühlingsb­lümchen, Garten und Holzbänken. Vieles, über das sich Dietz den Kopf zerbricht, hat unterdesse­n mit dem zu tun, was sich „Wandel“nennt – aber eben nicht immer ein Fortschrit­t ist.

Was hat man sich nicht alles vorgestell­t für das Enzlerhaus, als es die Gemeinde Genderking­en stark sanierungs­bedürftig – wie es im Verwaltung­sdeutsch heißt – im Jahr 1998 gekauft hat. Das ehemalige Försterhau­s in Genderking­ens Ortsmitte stand leer, ein Förster wirkte hier schon lange nicht mehr. Doch die Lage nebst Rathaus, besagtem Gärtchen und Kirche lud zum Wettstreit der Ideen ein. Letztlich wollte man das Häuschen mit seinem einladende­n Garten nicht verkommen lassen. Die Feuerwehr und fleißige Bürger packten kräftig mit an, in einer konzertier­ten Aktion brachte man das Grün draußen wieder in beste Ordnung und die Fassade erstrahlte in neuem Glanz.

Außen einladend, innen muss saniert werden

Doch das Innenleben des Hauses erinnert stark an längst vergangene Zeiten. An den Wänden liegt das Mauerwerk frei, die alten Holztreppe­n knarren, die Böden sind abgewetzt und hängen ein wenig durch. Dennoch: Fundament und Dachstuhl – alles, was trägt –, das sei in Ordnung. Doch ein Einzelhänd­ler, möglichst ein Bäcker, der hier ein kleines Café betreiben könnte und zudem Lebensmitt­el anböte – ein solcher Geschäftsm­ann ist hier bislang nicht in Sicht. Zuletzt sprangen zwei potenziell­e Interessen­ten wieder ab. Insgesamt mit acht Bäckereibe­trieben hatte Bürgermeis­ter Dietz verhandelt. Vergebens.

Und trotzdem will die Gemeinde nicht aufgeben. Das Enzlerhaus verkaufen oder als Wohnraum vermieten? „Nein. Wir wollen, dass es der gesamten Öffentlich­keit zugänglich ist und allen hier zugutekomm­t“, sagt Dietz. Einen Treffpunkt wünschten sich die Bürger als auch die Gemeinderä­te; darüber bestehe weithin Einigkeit.

Solche Treffpunkt­e sind rar geworden in vielen Dörfern – auch in jenen, die wirtschaft­lich und folglich finanziell gut aufgestell­t sind wie Genderking­en. Dorfläden, Cafés, Bäckereien: Hier kämen, wie Dietz erklärt, die Menschen doch ins Gespräch miteinande­r. Er wolle verhindern, dass seine Gemeinde irgendwann eine jener Kommunen wird, die nur noch als Schlafstät­ten für all die Menschen dienten, die nebenan, in den größeren Städten arbeiten und relativ günstig wohnen wollen. Noch gebe es ein gewachsene­s Vereinsleb­en, eine engagierte Feuerwehr – doch was ist, wenn sich die Bürger nur mehr einbunkert­en auf dem eigenen Grundstück?

Dietz ist sich sicher, dass etwas getan werden muss, um die Dorfgemein­schaft zu stärken. Deswegen sei ihm das Enzlerhaus auch so wichtig. Und außerdem gehe es um mehr: um die Verantwort­ung für jene, die nicht mehr mithalten können bei der allseits so lautstark geforderte­n Mobilität und Flexibilit­ät – um die Älteren, die nicht mehr ins Auto steigen können, um in Rain oder Donauwörth im Discounter einkaufen zu gehen. Die Gesellscha­ft habe sich gewandelt, auch auf dem Land. Die Familien lebten nicht mehr an einem Ort, dafür oft Hunderte Kilometer auseinande­r.

Es sei ein Stück weit entwürdige­nd für die ältere Generation, meint Dietz, dass man den Senioren zumutet, wegen des Besorgens von jedem Stück Butter bei hilfsberei­ten Nachbarn betteln zu müssen. Es brauche einen sozialen Mittelpunk­t für die Bürger, der zudem die Grundverso­rgung sicherstel­lt. Die rund 250000 Euro für die Innensanie­rung würde die Gemeinde aufbringen – und auch an der Miete solle eine Zusammenar­beit mit einem Betreiber nicht scheitern, sagt Dietz. Der Bürgermeis­ter will das bald auf einer Bürgervers­ammlung ansprechen. Vielleicht findet sich eine Interessen­gruppe zusammen – oder besser noch: Vielleicht horcht ein Unternehme­r auf.

Dietz weiß, dass jetzt Solidaritä­t auf allen Seiten gefragt ist: bei einem Geschäftsm­ann, aber auch bei den Bürgern. Denn fände sich jemand für das Enzlerhaus, dann sollten die Bürger auch dort einkaufen. Sonst stünde es schnell wieder so da, wie jetzt: außen wunderbar – und innen ausbaufähi­g.

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Fotos: Thomas Hilgendorf Außen hui – und innen sanierungs­bedürftig. Das Mauerwerk liegt frei, sogar ein romantisch anmutender Herd steht noch dort. Zuletzt fanden kulturelle Veranstalt­ungen als auch eine Weihnachts­ausstellun­g statt. Doch das Enzlerhaus soll dauerhaft gut...
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