Enzlerhaus: Dietz gibt nicht auf
Versorgung Das Haus in Genderkingens Mitte soll schon lange zum sozialen Mittelpunkt werden. Doch alle Interessenten sind abgesprungen. Der Bürgermeister will dranbleiben
Genderkingen Wenn Bürgermeister Roland Dietz über das spricht, was doch möglich wäre in Genderkingen, dann leuchten seine Augen. Und in der Tat wirkt vieles hier nach Bullerbü, zumindest aber nach bayerischem Bilderbuchdorf. So ist das auch beim Blick aus Dietz’ Amtsstube hinüber auf das Enzlerhaus – dieses bleibt derweil eine große Baustelle für die Gemeinde, wenn nicht gar ein Sorgenkind. Trotz Frühlingsblümchen, Garten und Holzbänken. Vieles, über das sich Dietz den Kopf zerbricht, hat unterdessen mit dem zu tun, was sich „Wandel“nennt – aber eben nicht immer ein Fortschritt ist.
Was hat man sich nicht alles vorgestellt für das Enzlerhaus, als es die Gemeinde Genderkingen stark sanierungsbedürftig – wie es im Verwaltungsdeutsch heißt – im Jahr 1998 gekauft hat. Das ehemalige Försterhaus in Genderkingens Ortsmitte stand leer, ein Förster wirkte hier schon lange nicht mehr. Doch die Lage nebst Rathaus, besagtem Gärtchen und Kirche lud zum Wettstreit der Ideen ein. Letztlich wollte man das Häuschen mit seinem einladenden Garten nicht verkommen lassen. Die Feuerwehr und fleißige Bürger packten kräftig mit an, in einer konzertierten Aktion brachte man das Grün draußen wieder in beste Ordnung und die Fassade erstrahlte in neuem Glanz.
Außen einladend, innen muss saniert werden
Doch das Innenleben des Hauses erinnert stark an längst vergangene Zeiten. An den Wänden liegt das Mauerwerk frei, die alten Holztreppen knarren, die Böden sind abgewetzt und hängen ein wenig durch. Dennoch: Fundament und Dachstuhl – alles, was trägt –, das sei in Ordnung. Doch ein Einzelhändler, möglichst ein Bäcker, der hier ein kleines Café betreiben könnte und zudem Lebensmittel anböte – ein solcher Geschäftsmann ist hier bislang nicht in Sicht. Zuletzt sprangen zwei potenzielle Interessenten wieder ab. Insgesamt mit acht Bäckereibetrieben hatte Bürgermeister Dietz verhandelt. Vergebens.
Und trotzdem will die Gemeinde nicht aufgeben. Das Enzlerhaus verkaufen oder als Wohnraum vermieten? „Nein. Wir wollen, dass es der gesamten Öffentlichkeit zugänglich ist und allen hier zugutekommt“, sagt Dietz. Einen Treffpunkt wünschten sich die Bürger als auch die Gemeinderäte; darüber bestehe weithin Einigkeit.
Solche Treffpunkte sind rar geworden in vielen Dörfern – auch in jenen, die wirtschaftlich und folglich finanziell gut aufgestellt sind wie Genderkingen. Dorfläden, Cafés, Bäckereien: Hier kämen, wie Dietz erklärt, die Menschen doch ins Gespräch miteinander. Er wolle verhindern, dass seine Gemeinde irgendwann eine jener Kommunen wird, die nur noch als Schlafstätten für all die Menschen dienten, die nebenan, in den größeren Städten arbeiten und relativ günstig wohnen wollen. Noch gebe es ein gewachsenes Vereinsleben, eine engagierte Feuerwehr – doch was ist, wenn sich die Bürger nur mehr einbunkerten auf dem eigenen Grundstück?
Dietz ist sich sicher, dass etwas getan werden muss, um die Dorfgemeinschaft zu stärken. Deswegen sei ihm das Enzlerhaus auch so wichtig. Und außerdem gehe es um mehr: um die Verantwortung für jene, die nicht mehr mithalten können bei der allseits so lautstark geforderten Mobilität und Flexibilität – um die Älteren, die nicht mehr ins Auto steigen können, um in Rain oder Donauwörth im Discounter einkaufen zu gehen. Die Gesellschaft habe sich gewandelt, auch auf dem Land. Die Familien lebten nicht mehr an einem Ort, dafür oft Hunderte Kilometer auseinander.
Es sei ein Stück weit entwürdigend für die ältere Generation, meint Dietz, dass man den Senioren zumutet, wegen des Besorgens von jedem Stück Butter bei hilfsbereiten Nachbarn betteln zu müssen. Es brauche einen sozialen Mittelpunkt für die Bürger, der zudem die Grundversorgung sicherstellt. Die rund 250000 Euro für die Innensanierung würde die Gemeinde aufbringen – und auch an der Miete solle eine Zusammenarbeit mit einem Betreiber nicht scheitern, sagt Dietz. Der Bürgermeister will das bald auf einer Bürgerversammlung ansprechen. Vielleicht findet sich eine Interessengruppe zusammen – oder besser noch: Vielleicht horcht ein Unternehmer auf.
Dietz weiß, dass jetzt Solidarität auf allen Seiten gefragt ist: bei einem Geschäftsmann, aber auch bei den Bürgern. Denn fände sich jemand für das Enzlerhaus, dann sollten die Bürger auch dort einkaufen. Sonst stünde es schnell wieder so da, wie jetzt: außen wunderbar – und innen ausbaufähig.