„Man muss blind gewesen sein“
Industrie Red-Bull-Milliardär Dietrich Mateschitz kritisiert die liberale Flüchtlingspolitik in Österreich. Damit schlägt er hohe Wellen
Wien Dietrich Mateschitz ist in Deutschland vor allem als Inhaber des Limo-Herstellers Red Bull und Sponsor des Fußball-Bundesligavereins RB Leipzig bekannt. Nun hat sich Mateschitz in seinem Heimatland Österreich in einem seiner seltenen Interviews in die Politik eingemischt. Im Nachbarland hat er damit hohe Wellen geschlagen. Der Milliardär kritisiert die österreichische Flüchtlingspolitik des Jahres 2015, die sich am Kurs der deutschen Kanzlerin Angela Merkel orientierte. „Würde man in einem Unternehmen Fehlentscheidungen dieser Tragweite treffen, wäre man in Kürze pleite“, sagte er der Kleinen Zeitung aus Graz. Im konservativen Lager in Österreich erntete er damit viel Lob. Plötzlich schwärmt mancher Kommentator vom künftigen „Kanzler Didi“. Der Chef der rechten FPÖ, Heinz-Christian Strache, feiert Mateschitz als „großen Österreicher“und Ex-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer wünscht ihn sich als künftigen Minister.
Mateschitz brachte vor 30 Jahren zusammen mit einem thailändischen Unternehmen Red Bull auf den Markt. Nach wie vor halten die Thailänder 51 Prozent an der Firma. Der Österreicher gilt mit einem Vermögen von 12,6 Milliarden Euro trotzdem als der Reichste im Lande. Er beschäftigt 12 000 Mitarbeiter. Unter anderem investiert er in Luxusimmobilien, Fußballklubs und die Formel 1. Und es scheint, als beabsichtigt er jetzt, sein Geld arbeiten zu lassen, um mehr politischen Einfluss zu nehmen.
An der Flüchtlingspolitik im Jahr 2015 lässt Mateschitz kein gutes Haar: „Ich glaube nicht, dass es ein klarer Ausdruck politischen Willens war, die Grenzen unkontrolliert offen zu lassen“, sagte er. „Man hat aus Angst und politischer Opportunität so entschieden“, wirft Mateschitz der Politik vor. „Man muss blind und taub gewesen sein, um nicht zu sehen, was da auf uns zukommt. Und selbstverständlich hätte man die Grenzen schließen und ordentlich kontrollieren müssen.“
Der Red-Bull-Boss fürchtet, dass Österreich die große Zahl der Zuwanderer nicht verkraftet: „Wir müssen verstehen, dass nicht nur die Naturregionen endlich sind, sondern alle Ressourcen, Energie, Wasser, Lebensmittel, Luft, medizinische Versorgung, alles, auch die Erde selbst“, sagte er in dem Interview. „Es werden viele Menschen in einen für sie besseren Lebensraum wollen, wo es noch Trinkwasser gibt, eine intakte Natur und wo Menschenrechte gelten“, warnt er.
Ganz offensichtlich versteht sich Mateschitz als österreichischer Patriot. Unzufrieden ist der 72-Jährige aber damit, wie seine Steuern verwendet werden. Besonders kritisiert er, dass Österreich „trotz einer der höchsten Besteuerungen unglaubliche Staatsschulden“hat.
Mateschitz plädiert zudem dafür, dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump Zeit zu geben. Er sei nicht „so ein Idiot, wie man ihn hinstellt“. Er warnt auch vor Sanktionen gegen Russland.
Er wolle „die Dinge beim Namen nennen“, sagt Mateschitz über sich. Doch direkt in die Politik einmischen will er sich nicht. Da finanziert er lieber neben seinem Fernsehsender Servus TV, der gelegentlich rechtsextremen Diskutanten ein Forum bietet, ein neues Medienprojekt: Eine Stiftung mit dem Namen „Quo Vadis Veritas“– „Wohin gehst du, Wahrheit?“soll mit einer multimedialen, öffentlich zugänglichen Rechercheplattform die Wahrheitsfindung unterstützen. Zweck sind Heimatpflege, Kultur, Bildung, Demokratie, Umweltschutz und Völkerverständigung.
Das Stiftungskapital liegt bei einer Million Euro, 10000 Euro trägt Servus TV bei, den Rest Mateschitz. Die Stiftung soll „objektiven und unabhängigen investigativen Journalismus fördern, der Hintergründe und Zusammenhänge“aufzeigt. Die Betonung der Unabhängigkeit ist interessant, da Servus TV 2016 in die Schlagzeilen geriet, als Mateschitz mit Schließung des Senders drohte. Die Beschäftigten wollten damals einen Betriebsrat gründen.