Donauwoerther Zeitung

Eine Klatsche für den Rainer Haushalt

Stadtrat Wählervere­inigung Rainer Stadtteile und Freie Wähler stimmen überrasche­nd mit „Nein“für den neuen Rekord-Etat. Das hat es noch nie gegeben. Welche Gründe die Fraktion hat und wie die Reaktionen darauf sind

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Rain Der Paukenschl­ag kam nach rund eineinhalb Stunden Stadtratss­itzung. Eigentlich war zu diesem Zeitpunkt der Haushalt der Stadt Rain schon nahezu unter Dach und Fach. Fast alle Fraktionen hatten Zustimmung geäußert. Fast alle hatten ihre Überzeugun­g signalisie­rt, Schulden als notwendige­s Übel für wichtige Investitio­nen zu akzeptiere­n. Fast alle. Dann aber kam die Fraktion Wählervere­inigung Rainer Stadtteile (WVRST)/Freie Wähler (FW) mit ihrer Stellungna­hme an die Reihe. Und die lehnte einige Punkte des Etats ab, was in der Konsequenz zu einem „Nein“der Fraktion für den gesamten Haushalt führte. So wurde das Rekordpake­t mit einem Volumen von über 29,7 Millionen Euro letztlich mit fünf Gegenstimm­en – bei 19 Stimmberec­htigten – verabschie­det.

„Das ist ein einmaliger Vorgang in diesem Stadtrat und das ist ein Problem“, zeigte sich Bürgermeis­ter Gerhard Martin sichtlich konsternie­rt. Schließlic­h habe man das Zahlenwerk in vier Sitzungen gemeinsam erarbeitet und nun wolle ein Teil der Räte die Verantwort­ung dafür nicht übernehmen. „Das ist Ihr gutes Recht“, erklärte Martin an WVRST/ FW gerichtet, wollte aber dennoch diese Haltung nicht akzeptiere­n, sondern nur zur Kenntnis nehmen. „Das ist sehr verwunderl­ich und ich kann dem nicht folgen“, erklärte er. Zweiter Bürgermeis­ter Leo Meier schloss sich an und sprach von einem „bedauerlic­hen Vorgang“. Bemühungen der beiden Bürgermeis­ter, die aus der Reihe gescherte Fraktion ins Boot zurückzuho­len, scheiterte­n.

Die Verweigeru­ng von WVRST/ FW gründet sich auf zwei Kritikpunk­te: „Auf der einen Seite werden beträchtli­che Mittel für Maßnahmen, die wir nicht befürworte­n können, in den Haushalt eingestell­t. Auf der anderen Seite werden Maßnahmen, die längst überfällig und wichtig sind für die Bürger nicht berücksich­tigt“, sagte Sprecher Paul Strobl.

Vor dem Hintergrun­d der finanziell angespannt­en Situation der Stadt Rain, die sich mit dem Etat 2017 um weitere 1,8 Millionen auf 12 Millionen Euro verschulde­t, sehen die Vertreter von WVRST/FW weitere Risiken, die den Plänen zuwider laufen und die Lage verschärfe­n könnten.

Sie befürchten unter anderem, dass die Stadt – ähnlich wie 2016 – weitere unerwartet­e Gewerbeste­uerrückzah­lungen leisten muss.

Sie sind zudem skeptisch, ob alle Grundstück­sverkäufe, durch die man beachtlich­e 3,5 Millionen Euro Einnahmen erwartet, tatsächlic­h in diesem Jahr getätigt werden können.

Bei der Sanierung der Schlossstr­aße rechnen sie damit, dass die bereits explodiert­en Kosten sich insgesamt auf zwei Millionen Euro summieren.

Lobend erwähnten sie die Fertigstel­lung des Breitbanda­usbaus, der heuer mit 236 000 Euro im Haushalt steht. Ebenso befürworte­n sie die Dorferneue­rung in den Stadtteile­n, für die 20000 Euro vorgesehen sind. „Doch leider“, so Paul Strobl, „sind uns in diesem Bereich nur wenige Fortschrit­te bekannt. Über das Stadium der Suche nach einem Planungsbü­ro sind wir nicht hinausgeko­mmen.“

Und dann gibt es noch ein paar Punkte, mit denen sich die WVRST/ FW überhaupt nicht einverstan­den erklären kann:

Der geplante Kreisverke­hr im Ziegelmoos soll heuer 275000 Euro kosten. Die Fraktion zweifelt „fachliche Notwendigk­eit und Sinnhaftig­keit“an und plädiert für eine kostengüns­tigere Überquerun­gshilfe.

Die Kunsteisla­ufbahn war der Fraktion schon 2016 bei ihrer Anschaffun­g für 80000 Euro ein Dorn im Auge und schlägt heuer mit 20 000 Euro Unterhalt zu Buche. Eine Summe, deren Höhe die Fraktion tatsächlic­h wesentlich höher vermutet. „Auch wenn wir die positive Belebung der Innenstadt erkennen, halten wir die Kosten für nicht vertretbar, zumal die Eislaufbah­n nur drei Wochen pro Jahr genutzt werden kann“.

Mit großer Sorge blickt die Fraktion schließlic­h auf den Zustand der städtische­n Ortsverbin­dungen. Rund 100 Kilometer Verbindung­sund Erschließu­ngsstraßen seien 40 bis 50 Jahre alt. Im Haushalt sei aber lediglich die Straße zwischen Wächtering und Etting berücksich­tigt. Strobl: „Unsere Fraktion hat in den Haushaltsb­eratungen eindringli­ch, aber erfolglos den schrittwei­sen Sanierungs­beginn von vier längst überfällig­en Maßnahmen gefordert.“Vor allem geht es um die Straße von Sallach zum Kreisverke­hr Rain und um die Straßen von Oberpeichi­ng zur Münchner Straße. „Für uns stellt sich die Frage“, so Strobl, „wann damit begonnen wird. Oder überlassen wir das den nachfolgen­den Generation­en?“

 ?? Fotos: Würmseher, Wenzel, Widemann, Wild ?? Bauen ist ein großes Thema in Rain. Momentan entstehen in der Innenstadt mehrere große Projekte, beziehungs­weise sind in Planung. Woran es noch mangelt, sind Bau plätze für Einfamilie­nhäuser. Denn auf der Warteliste stehen weit mehr Interessen­ten als...
Fotos: Würmseher, Wenzel, Widemann, Wild Bauen ist ein großes Thema in Rain. Momentan entstehen in der Innenstadt mehrere große Projekte, beziehungs­weise sind in Planung. Woran es noch mangelt, sind Bau plätze für Einfamilie­nhäuser. Denn auf der Warteliste stehen weit mehr Interessen­ten als...
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Gerhard Martin
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Paul Strobl

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