Eine Klatsche für den Rainer Haushalt
Stadtrat Wählervereinigung Rainer Stadtteile und Freie Wähler stimmen überraschend mit „Nein“für den neuen Rekord-Etat. Das hat es noch nie gegeben. Welche Gründe die Fraktion hat und wie die Reaktionen darauf sind
Rain Der Paukenschlag kam nach rund eineinhalb Stunden Stadtratssitzung. Eigentlich war zu diesem Zeitpunkt der Haushalt der Stadt Rain schon nahezu unter Dach und Fach. Fast alle Fraktionen hatten Zustimmung geäußert. Fast alle hatten ihre Überzeugung signalisiert, Schulden als notwendiges Übel für wichtige Investitionen zu akzeptieren. Fast alle. Dann aber kam die Fraktion Wählervereinigung Rainer Stadtteile (WVRST)/Freie Wähler (FW) mit ihrer Stellungnahme an die Reihe. Und die lehnte einige Punkte des Etats ab, was in der Konsequenz zu einem „Nein“der Fraktion für den gesamten Haushalt führte. So wurde das Rekordpaket mit einem Volumen von über 29,7 Millionen Euro letztlich mit fünf Gegenstimmen – bei 19 Stimmberechtigten – verabschiedet.
„Das ist ein einmaliger Vorgang in diesem Stadtrat und das ist ein Problem“, zeigte sich Bürgermeister Gerhard Martin sichtlich konsterniert. Schließlich habe man das Zahlenwerk in vier Sitzungen gemeinsam erarbeitet und nun wolle ein Teil der Räte die Verantwortung dafür nicht übernehmen. „Das ist Ihr gutes Recht“, erklärte Martin an WVRST/ FW gerichtet, wollte aber dennoch diese Haltung nicht akzeptieren, sondern nur zur Kenntnis nehmen. „Das ist sehr verwunderlich und ich kann dem nicht folgen“, erklärte er. Zweiter Bürgermeister Leo Meier schloss sich an und sprach von einem „bedauerlichen Vorgang“. Bemühungen der beiden Bürgermeister, die aus der Reihe gescherte Fraktion ins Boot zurückzuholen, scheiterten.
Die Verweigerung von WVRST/ FW gründet sich auf zwei Kritikpunkte: „Auf der einen Seite werden beträchtliche Mittel für Maßnahmen, die wir nicht befürworten können, in den Haushalt eingestellt. Auf der anderen Seite werden Maßnahmen, die längst überfällig und wichtig sind für die Bürger nicht berücksichtigt“, sagte Sprecher Paul Strobl.
Vor dem Hintergrund der finanziell angespannten Situation der Stadt Rain, die sich mit dem Etat 2017 um weitere 1,8 Millionen auf 12 Millionen Euro verschuldet, sehen die Vertreter von WVRST/FW weitere Risiken, die den Plänen zuwider laufen und die Lage verschärfen könnten.
Sie befürchten unter anderem, dass die Stadt – ähnlich wie 2016 – weitere unerwartete Gewerbesteuerrückzahlungen leisten muss.
Sie sind zudem skeptisch, ob alle Grundstücksverkäufe, durch die man beachtliche 3,5 Millionen Euro Einnahmen erwartet, tatsächlich in diesem Jahr getätigt werden können.
Bei der Sanierung der Schlossstraße rechnen sie damit, dass die bereits explodierten Kosten sich insgesamt auf zwei Millionen Euro summieren.
Lobend erwähnten sie die Fertigstellung des Breitbandausbaus, der heuer mit 236 000 Euro im Haushalt steht. Ebenso befürworten sie die Dorferneuerung in den Stadtteilen, für die 20000 Euro vorgesehen sind. „Doch leider“, so Paul Strobl, „sind uns in diesem Bereich nur wenige Fortschritte bekannt. Über das Stadium der Suche nach einem Planungsbüro sind wir nicht hinausgekommen.“
Und dann gibt es noch ein paar Punkte, mit denen sich die WVRST/ FW überhaupt nicht einverstanden erklären kann:
Der geplante Kreisverkehr im Ziegelmoos soll heuer 275000 Euro kosten. Die Fraktion zweifelt „fachliche Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit“an und plädiert für eine kostengünstigere Überquerungshilfe.
Die Kunsteislaufbahn war der Fraktion schon 2016 bei ihrer Anschaffung für 80000 Euro ein Dorn im Auge und schlägt heuer mit 20 000 Euro Unterhalt zu Buche. Eine Summe, deren Höhe die Fraktion tatsächlich wesentlich höher vermutet. „Auch wenn wir die positive Belebung der Innenstadt erkennen, halten wir die Kosten für nicht vertretbar, zumal die Eislaufbahn nur drei Wochen pro Jahr genutzt werden kann“.
Mit großer Sorge blickt die Fraktion schließlich auf den Zustand der städtischen Ortsverbindungen. Rund 100 Kilometer Verbindungsund Erschließungsstraßen seien 40 bis 50 Jahre alt. Im Haushalt sei aber lediglich die Straße zwischen Wächtering und Etting berücksichtigt. Strobl: „Unsere Fraktion hat in den Haushaltsberatungen eindringlich, aber erfolglos den schrittweisen Sanierungsbeginn von vier längst überfälligen Maßnahmen gefordert.“Vor allem geht es um die Straße von Sallach zum Kreisverkehr Rain und um die Straßen von Oberpeiching zur Münchner Straße. „Für uns stellt sich die Frage“, so Strobl, „wann damit begonnen wird. Oder überlassen wir das den nachfolgenden Generationen?“