Die Frage der Woche Ordnung in der Spülmaschine?
Man kann einen Geschirrspüler vollmachen. Und man kann ihn einräumen. Der Unterschied sind mindestens 20, eher 30 Prozent mehr Fassungsvermögen und damit ein effizienterer Einsatz von Wasser, Strom und Spülmittel. Soweit die rein rationale Betrachtung. Hat ja was für sich, von wegen Ökologie und Rentabilität. Eine ganz andere Sache ist die emotionale Bewertung. Beinahe nirgendwo anders offenbart sich die natürliche Kluft zwischen Mann und Frau so deutlich wie vor der offenen Spülmaschine.
„Sie“handelt nach ihrer spontanen Eingebung, „sie“will das schmutzige Geschirr, das sich in der Küche nach dem Essen stapelt, so rasch als möglich aus den Augen haben, „sie“stapelt das Zeug, wie es ihr gerade in die Hände fällt, in die Körbe. Mag es dabei auch zu Überdeckungen kommen, wohin im Spülgang dann das reinigende Wasser unmöglich dringen kann.
„Er“dagegen plant systematisch die optimale Ordnung: Teller zu Tellern, Gläser zu Gläsern, Schüssel zu Schüsseln. In der Reihenfolge arbeitet „er“den chaotisch gestapelten Geschirrhaufen in der Küche ab. Sollten sich während dieser Arbeit noch rationellere Reihungen in den Körben ergeben, steckt „er“im kontinuierlichen Verbesserungsprozess selbstverständlich einzelne Stücke nachträglich um. Und merkt sich die Optimierung gleich für die nächste Ladung.
Unerklärlicherweise sind die meisten Frauen für solche Verbesserungen kaum zu gewinnen. Sie füllen munter auch das nächste Mal in ihrer unbedachten Art die Maschine. „Du bist eben nicht kreativ“, erklären sie dabei triumphierend dem Manne. Mit mitleidigem Lächeln quittieren sie, wenn diese mit Umstecken wenigstens das Schlimmste vermeiden. Warum kommt „mann“sich dann bloß so rechthaberisch vor?
Natürlich gibt es sie auch auf Youtube, die Tricks und Tipps, wie Frau oder Mann eine Spülmaschine ordentlich einzuräumen hat. Da erklärt eine nett lächelnde Musterhausfrau Mitte 30 in einer Hochglanzküche, die sicher noch nie einen dreckigen Topf oder eine verschmierte Gabel gesehen hat, dass Teller im Geschirrspüler nach unten und Gläser nach oben gehören. Als wäre das nicht selbstverständlich!
Ein bisschen Ordnung ist schön und gut. Ohne die geht es auch beim Geschirr-Tetris nicht. Salatschüsseln und Auflaufformen sollten eher unten rein, Senfgläser eher oben, Löffel und Messer am besten in den Besteckkorb. Dafür braucht man kein System. Das sagt der gesunde Menschenverstand.
Doch wenn Ordnungsbesessene Richtlinien zu unumstößlichen Regeln erklären, wenn Silber und Metall nur getrennt und Holzbrettchen immer erst nach Tellern eingeräumt werden dürfen, dann hat das so viel Sinn, wie wenn ein Fußballtrainer von seinen Spielern ausschließlich Fallrückziehertore verlangen würde. Sieht zwar schöner aus, macht aber alles viel komplizierter. Und nützlicher ist es am Ende auch nicht. Falsch, werden Spülmaschineneinräumer mit System nun empört entgegnen. Mit ihrer Methode brächten sie auch noch den angegammelten Teelöffel von vorvorgestern unter. Und gereinigt würden die Dinger auch viel besser. Falsch!
Ein bisschen Chaos in der Maschine tut allen gut. Dem Einräumer, der nicht erst jedes Geschirr aufwendig sortieren muss, bevor er es in das entsprechende Fach stellt, dem Spülwasser, das so besser in alle Ecken und Zwischenräume gelenkt wird, und dem Geschirr, das umso sauberer aus der Maschine kommt. Wie einfach das Leben doch sein kann!