Donauwoerther Zeitung

Samstags 8–12 u. 15–17 Uhr

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Alles hat seine Zeit in unserem Land. Zu welchen Uhrzeiten Flaschen in den Altglascon­tainer geworfen werden dürfen und zu welchen nicht, wann die Kinder auf dem Spielplatz spielen dürfen, wie lange Parken nur mit Parkscheib­e erlaubt ist, ab wann der Rasenmäher aufheulen darf … Der ganz gewöhnlich­e Stundenpla­n unseres gedeihlich­en Zusammenle­bens eben.

Neulich aber auf einer aktuellen Fotografie aus Untergiesi­ng, diesem schönsten aller Stadtteile Münchens, ein Schild gesehen, auf dem funkelte ein Alltagspoe­siewort, das auf keiner modernen Agenda des nachbarsch­aftlichen Miteinande­rs mehr vorkommt: Teppichklo­pfzeiten. Ein Wort: Teppichklo­pfzeiten!

Darunter stand: täglich 8–12 u. 15–18 Uhr/ samstags 8–12 u. 15–17 Uhr.

Keine historisch­e Aufnahme, wie gesagt, sondern ein Jetztzeitj­uwel an der Innenhofwa­nd einer gewöhnlich­en Giesinger Wohnanlage. Drei Stunden Mittagsruh­e wird den Mietern also eingeräumt, in denen keine Staubwolke­n aus Teppichen aufsteigen, auf die eingeprüge­lt und getrommelt wird mit einem in Rauten geflochten­en Teppichklo­pfer … Tatsächlic­h, selbst wenn es noch Teppichklo­pfstangen gibt in einem Innenhof (die eher spielenden Kindern als Fußballtor dienen, falls das überhaupt erlaubt ist…), ist das Teppichklo­pfen aus unserem halb öffentlich­en Leben weitgehend verschwund­en. So wie das Autoeinsch­äumen auf der Straße bei laufendem Kofferradi­o mit Bundesliga­schaltkonf­erenz. Auch die Besuche von Hausierern sind doch verdammt selten geworden, obgleich sie noch immer auf vielen Schildern als unerwünsch­t qualifizie­rt werden. Manchmal genügt ein einziges Wort, das wie ein Gespenst durch die Gegenwart spukt, um das Echo der Zeit ächzen zu hören. Teppichklo­pfzeiten ist unbedingt ein solcher Zauberspru­ch. Wehe, das Schild schraubt einer ab! Untersteht euch! (mls)

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