Ein pfiffiges Mobil hilft der Feuerwehr
Innovation Ein Günzburger Unternehmen hat ein Gefährt entwickelt, das Feuerwehrleute unterstützt, wenn sie schwere Lasten transportieren. Das soll bei Einsätzen die Arbeit erleichtern
Günzburg Dabeisein ist alles – dieser olympische Gedanke ist die Sache von Ferdinand Munk, 56, nicht. „Ich will immer der Erste sein“, sagt der Chef der Günzburger Steigtechnik, der mit Ehefrau Ruth und Bruder Leopold das Unternehmen vor den Toren Günzburgs führt. Das schlägt sich in den „gemeinsamen Zielen“nieder, die sich der Betrieb gegeben hat. „Wir wollen, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter Verantwortung im Unternehmen trägt“, heißt es dort etwa. Ein weiteres Ziel lautet: „Wir wollen bei Sonderanfertigungen unseren Marktanteil bis zur Marktführerschaft ausbauen.“Mit dem Produkt, das heute auf der europäischen Leitmesse für Rettung und Mobilität, „Rettmobil“, in Fulda der Öffentlichkeit vorgestellt wird, will das Familienunternehmen diesem selbst formulierten Anspruch wieder ein Stück näher kommen: Den ersten elektrisch angetriebenen Rettungstechnik-Rollcontainer preist die Steigtechnik, die vor allem durch ihre Leitern bekannt ist (die längste kann 54 Meter ausgefahren werden), als „Revolution im Material- an. Ab sofort können Rettungskräfte im Einmannbetrieb bis zu einer Tonne an Schaummittel, Geräten oder sonstigem Material von A nach B bringen – und das auch in unwegsamem Gelände und über Hindernisse wie Bordsteinkanten oder Feuerwehrschläuche hinweg. Durch die Vorschubkraft von 900 Newton pro Antriebsrad werden Hindernisse bis zu einer Höhe von 25 Zentimetern ohne Hilfsmittel überwunden. Die 16,1 Zentimeter breiten Räder sind derart profiliert, dass sie für den Einsatz auf befestigtem Untergrund, aber auch im Gelände gleichermaßen geeignet sind.
Die Berliner Feuerwehr setzt die elektrisch angetriebenen Rollcontainern als erste in Deutschland ein und geht im Materialnachschub neue Wege. Die zwei bestellten Rollcontainer sollen die 35 Berufsfeuerwachen und 58 freiwilligen Feuerwachen der Bundeshauptstadt im Einsatzfall optimal mit Schaummittel versorgen. Die Basisvariante kostet 10 000 Euro, mit Vollausstattung muss das Doppelte bezahlt werden. Für den Berliner Brandamtsrat Matthias Fritsch ist einer der größten Vorteile durch den neuen kompakten Rollcontainer, „dass der Nachschub von einem einzigen Feuerwehrmann bewerkstelligt werden kann, dank des elektrischen Antriebes sogar ohne großen Kraftaufwand“. Die bisher zusätzlich gebundenen Kräfte, die zum Teil auf der Sackkarre Löschmittelkanister zum Einsatzort brachten, können sich künftig auf den Löschangriff konzentrieren. In Günzburg wurde der elektrische Rollcontainer bereits getestet. Den Kuhberg, eine der steilsten Erhebungen der 20 000-Einwohner-Stadt, meisterte das emissionslose, mit Akkus betriebene Gerät ebenso problemlos wie die Treppen hinauf zum Schloss.
Von der Deichsel aus wird der Rollcontainer bedient. Mit einer Breite von 1,40 Metern passt er noch durch enge Altstadtgassen, während das Feuerwehrfahrzeug nicht mehr weiterkommt. Es ist aber auch vorgesehen, dass das Gefährt per Videobild und Fernsteuerung in ein Einsatzgebiet navigiert wird, ohne dass sich dabei ein Mensch in unmittelbarer Nähe befindet. Munk, der von einer „bahnbrechenden Weiterentwicklung“spricht, nennt Einsatzmöglichkeiten für die ferngelenkte Variante „beispielsweise nach einem Terrorannachschub“ griff, was wir natürlich nicht hoffen wollen“. Gedacht sei auch daran, den Rollcontainer mit einem Robotik-Greifarm auszustatten.
Ein Roboter verrichtet bereits seit acht Jahren bei der Günzburger Steigtechnik seine Arbeit völlig problemlos – zwölf Stunden am Tag in der Schweißerei. „Ich hätte nicht gedacht, dass der Roboter durch die vielen Aufträge in so kurzer Zeit ausgelastet wird“, sagt Mario Tichawa, der die betriebsame Maschine programmiert und wegen ihrer Leistungsfähigkeit kurzerhand „Super-Mario“genannt hat.
Das Unternehmenswachstum (Umsatz rund 41 Millionen Euro) ist nicht nur an der steigenden Anzahl von Mitarbeitern ablesbar – Ende des Jahres sollen es um die 300 sein, derzeit sind es 260. Es gibt Pläne, die Betriebsfläche im Industriegebiet Donauried um ein Drittel zu erweitern. Die 120000 Quadratmeter reichen nicht mehr aus. Einhergeht voraussichtlich eine teilweise Umgruppierung der 18 Hallen auf dem Gelände. Die Hochschule Augsburg ist bereits daran, den Materialfluss auf dem Firmenareal zu untersuchen und bis Ende des Jahres Verbesserungsvorschläge zu machen.