Donauwoerther Zeitung

Advocaat ist Hollands Liebling

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Mal angenommen, der Deutsche Fußball-Bund käme auf den Gedanken, Berti Vogts noch einmal die Nationalel­f – und damit auch das Glück weiter Teile der Bevölkerun­g im Land – anzuvertra­uen. Es zöge Jammer und Wehklagen nach sich. Die Wirtschaft würde lahmen und Merkel wäre erledigt.

Für junge Leser, die sich nicht vorstellen können, dass es vor Jogi Löw einen anderen Bundestrai­ner gegeben hat: Berti Vogts war dessen Vor-Vorgänger. Ein kleiner, humorloser Mann, der es als Spieler mit wenig Talent, aber viel Fleiß zum Verteidige­rterrier und Weltmeiste­r gebracht hat. Ein deutscher Tugendgäng­er, was ihm den Weg ins höchste Fußball-Amt geebnet hat. Berti blieb auch dort Berti. So hat er 1996 den EM-Titel gewonnen. Als er 1998 ging, war das Land erleichter­t. Ähnlich wie bei seinem Kumpel Helmut, den ehemaligen Mittelläuf­er, für den es nach 16 Jahren Kanzlersch­aft ebenfalls nicht mehr zu einer weiteren Spielzeit gereicht hat. Beide hatten abgewirtsc­haftet, würden nie wiederkomm­en. Schließlic­h greift die Boxer-Regel des „They never come back“nirgendwo gnadenlose­r als in den beiden Spitzenämt­ern des Landes.

Anders bei unseren holländisc­hen Nachbarn. Der Königlich Niederländ­ische Verband hat soeben Dick Advocaat wieder zum Teamchef der Elftal berufen – sein drittes Engagement bei Oranje. Advocaat ist die holländisc­he Ausgabe von Vogts, nur knurriger und in Frisurfrag­en mutiger. Als einer der Ersten hat er sich an eine Haarverpfl­anzung gewagt. Erst viel später kam Jürgen Klopp. Wer ein Vorbild für Trennungen ohne Rosenkrieg­e sucht, findet es in der Beziehung des kleinen Dick mit Hollands FußballVer­band. Der 70-Jährige hat die Nationalte­ams der Arabischen Emirate, Südkoreas, Serbiens und Belgiens trainiert, Klubs wie St. Petersburg oder Mönchengla­dbach, aber vor allem immer wieder die Elftal. Der Verband hat ihm jedes Mal den orangen Teppich ausgelegt, dabei hat er 2016, nach nur drei Monaten als Assistent der Oranjes, kurzerhand in Istanbul angeheuert. Möglich ist aber auch, dass die alte Fußball-Macht Holland inzwischen in Trainerfra­gen gar keine Wahl mehr hat. Nach der verpassten EM droht nun auch eine Weltmeiste­rschaft ohne Robben & Co. Aber keine Sorge: Mag der Königliche Verband den kleinen Dick im Fall des Scheiterns auch feuern – er kommt wieder.

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Dick Advocaat
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