Ahnte das Opfer seinen Tod?
Totschlag Prozess Ein Bekannter berichtet vor Gericht, dass das Opfer vorab fürchtete, ermordet zu werden. Warum die Richter Zweifel an der Aussage des Zeugen haben
Donauwörth/Augsburg Glaubt man der Aussage von Johann K., so muss Michaela B., die am 2. August 2016 in ihrer Wohnung gewaltsam getötet wurde, ihr Ende befürchtet haben. Der Bekannte des Opfers schilderte am vierten Prozesstag den Richtern am Landgericht Augsburg von der Angst seiner Nachbarin. „Sie hat befürchtet, dass sie von ihrem ExMann umgebracht wird und die Polizei aber ihren Sohn verdächtigen wird“, berichtete Johann K. Das habe ihm seine langjährige Bekannte in einem vertraulichen Gespräch mitgeteilt. Die 42-Jährige befürchtete wohl auch, dass im Falle ihres gewaltsamen Todes ihr Sohn ins Visier der Ermittler geraten würde, da „er sich ungeschickt verhalten wird“, so Johann K. Außerdem wüsste niemand über ihre sonstigen Kontakte Bescheid. Tatsächlich ist der 22-jährige Student aus Donauwörth angeklagt, seine Mutter im Badezimmer der gemeinsamen Wohnung in der Berger Vorstadt mit Tritten und Schlägen gewaltsam getötet zu haben. Er bestreitet die Tat nach wie vor.
Der Zeuge sagte weiter aus, dass das Opfer Angst vor ihrem ExMann gehabt habe, der wohl nach Jahren der Trennung wieder Kontakt zum gemeinsamen Sohn aufgenommen hätte. Der Vater lebt aktuell im Ruhrgebiet, nachdem er 2011 wegen einer Gewalttat in Haft gesessen war. Damals hatte er einen anderen Nachbarn der Familie mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis lebte die Familie getrennt. Michaela B. habe nicht gutgeheißen, dass ihr ExMann den Kontakt zum gemeinsa- men Sohn wieder aufleben lassen wollte. Denn sie vermutete, er wolle den heute 22-Jährigen finanziell ausnehmen, da er erfahren habe, dass er studiere. Der Vater ist nach Jahren der Drogen- und Alkoholsucht schwer herzkrank und nicht arbeitsfähig. Seine für Dienstag eingeplante Aussage vor dem Gericht in Augsburg scheitert aktuell auch daran. Laut Attest ist er nicht reisefähig.
Die Vorsitzende Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser und ihr Kollege Thomas Junggeburth schienen den Aussagen des Zeugen allerdings nur bedingt Glauben zu schenken. Dieser erinnerte sich nämlich nur bruchstückhaft und dann wiederum an einzelne Details sehr genau. Zudem sei das Opfer in dem Zeitraum, in dem das so relevante Gespräch stattgefunden haben soll, in stationärer Behandlung in der Psychiatrie in Donauwörth gesozialen wesen und habe maximal am Wochenende die Klinik verlassen. Johann K. meinte aber, an einem Dienstag oder Mittwoch mit seiner Nachbarin gesprochen zu haben. „Warum haben sie dem Opfer nicht geraten, zur Polizei zu gehen?“, fragte Richter Junggeburth eindringlich nach. „Das kommt doch sicher nicht jeden Tag vor, dass ihnen Menschen erzählen, sie befürchten umgebracht zu werden.“
Er machte keinen Hehl daraus, dass er wenig Verständnis dafür hat, dass sich der Zeuge nach dem Tod seiner Bekannten erst Tage später an das Gespräch erinnerte. Erst am 19. August gab der Mann bei der Polizei seine Erinnerung zu Protokoll, obwohl er schon zwei Wochen zuvor vernommen worden war. Johann K. rechtfertigte das damit, dass die „Erinnerung nach und nach komme.“