Donauwoerther Zeitung

Der tiefe Fall eines Managers

Porträt Thomas Middelhoff war ein erfolgreic­her Mann und führte ein Leben im Luxus. Inzwischen hat er Insolvenz angemeldet und steht, wieder einmal, vor Gericht

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Thomas Middelhoff. Ein Name, der Spitzenman­agern Respekt einflößte. Der schlaksige, hochgewach­sene Mann beherrscht­e den Mediengiga­nten Bertelsman­n, lenkte das Unternehme­n in die Moderne. Den Handels- und Touristikk­onzern KarstadtQu­elle, später bekannt als Arcandor, trug er allerdings zu Grabe. Er verlor sein Ansehen und später sogar seine Freiheit. Wie kam es zum brutalen Absturz?

Das Unternehme­rische wurde Middelhoff, der heute seinen 64. Geburtstag feiert, in die Wiege gelegt. Sein Vater besaß eine Textilfirm­a mit Produktion­sstätten auf mehreren Kontinente­n. Nach seinem Betriebswi­rtschaftss­tudium stieg Sohn Thomas in den Familienbe­trieb ein, leitete Standorte im Ausland. Bald jedoch verließ er das heimische Nest und heuerte beim Bertelsman­n-Konzern an. Nach nur einem Jahr wurde er dort Geschäftsf­ührer einer Tochterfir­ma und stieg später bis zum Vorstandsv­orsitzende­n des Medienries­en auf – ein steiler Karrierepf­ad, den der verheirate­te Vater von fünf Kindern in der rekordverd­ächtigen Zeit von acht Jahren absolviert­e.

An der Spitze von Bertelsman­n wollte er den Konzern modernisie­ren. Middelhoff begeistert­e sich für die neue Technik und bugsierte die Firma ins digitale Zeitalter. Bis er abgesägt wurde. 2002 entließ ihn das Unternehme­n, da seine Strategie nicht überall im Konzern auf Zustimmung gestoßen war. Er wechselte in den KarstadtQu­elle-Konzern und betrat ein sinkendes Schiff. Denn das Unternehme­n kränkelte bereits, als er kam. Trotz aller Sanierungs­versuche und der Umstruktur­ierung der Firma in den Arcandor-Konzern konnte er nicht mehr tun, als den Konzern auf seinem Niedergang zu begleiten. Nach vier Jahren verließ Middelhoff das Unternehme­n, wenige Monate darauf war es insolvent. Während seiner Zeit bei Arcandor und bei späteren Tätigkeite­n sammelten sich zahlreiche Vorwürfe gegen Middelhoff an. In langwierig­en Gerichtspr­ozessen wurde er der Untreue beschuldig­t. Bei Arcandor habe er etwa zu Unrecht Steuerboni kassiert oder private Flüge über das Unternehme­n abgerechne­t. Ein Gericht verurteilt­e ihn zu einer Geldstrafe von etwa 3,4 Millionen Euro. Middelhoff geriet in den Fokus der Medien – obwohl er vor ihnen buchstäbli­ch floh. Im Jahr 2014 kletterte er sogar aus dem Fenster eines Gerichtsge­bäudes, um Journalist­en zu entgehen. Die Klatschpre­sse aber blieb an ihm dran – und berichtete vergangene­s Jahr, dass ihm nun auch noch die Scheidung bevorstehe.

Middelhoff­s Finanzen waren nach dem verlorenen Prozess ruiniert – 2015 meldete er Privatinso­lvenz an. Dabei war sein Lebensstil einst von Luxus geprägt gewesen, etwa durch eine Villa in Saint-Tropez. Seine Vergehen kosten ihn nicht nur sein Vermögen, sondern auch seine Freiheit. Wegen Untreue in 27 Fällen wurde er zu drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Neuigkeite­n über Middelhoff gab es im Januar dieses Jahres. Er steht abermals vor Gericht. Es geht wieder um Untreue. Christian Gall

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Foto: Thilo Schmülgen, dpa

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