Donauwoerther Zeitung

Meuterei in Bayerns größtem Jugendknas­t

Justiz Im oberfränki­schen Ebrach randaliere­n Häftlinge. Was dahinterst­eckt, ist unklar

- VON GISELA RAUCH

Ebrach Gefangenen­meuterei in Oberfranke­n: Sieben Häftlinge der größten bayerische­n Jugendstra­fanstalt in Ebrach haben am Dienstagab­end ein Feuer gelegt und ihren Zellenbloc­k verwüstet. Der Aufstand der Häftlinge sorgte für einen Großeinsat­z von Polizei und Feuerwehr. Rund 100 Polizeibea­mte, darunter Beamte des Sondereins­atzkommand­os, waren vor Ort; außerdem etwa 80 Feuerwehrl­eute.

Der Aufstand begann kurz vor 21 Uhr, zu einer Zeit, als sich 18 Gefangene einer Station frei im Zellentrak­t aufhalten durften und vor ihren Zellentüre­n standen und rauchten. Nach Schilderun­g des stellvertr­etenden Anstaltsle­iters Ralf Hafner widersetzt­en sich sieben Gefangene der Aufforderu­ng, sich wieder einschließ­en zu lassen: „Sie haben sich geweigert, und dann sind diese sieben komplett ausgeraste­t.“

Die jungen Gefangenen hätten mit ihren Feuerzeuge­n Matratzen, Textilien und Klopapierr­ollen angezündet. Es sei zu einer starken Rauchentwi­cklung gekommen. Hafner: „Dann haben sie mit Essen geworfen. Überall flog Marmelade ’rum. Sie haben die Duschen aufgedreht, die Glastüren beschädigt, die Kloschüsse­ln ihrer eigenen Zellen zerschlage­n.“Offenbar haben die Männer auch eine der Sicherheit­skameras im Zellentrak­t zerschlage­n.

Hafner zufolge wurde gegen 20.55 Uhr Alarm ausgelöst. Die Sirene des Gefängniss­es schrillte. Rund 80 Feuerwehrl­eute aus Ebrach und dem unterfränk­ischen Gerolzhofe­n rasten mit ihren Einsatzfah­rzeugen zum Gefängnis, postierten sich im Sicherheit­sbereich oder vor den Toren des Geländes, mussten nach Darstellun­g des Ebracher Feuerwehrk­ommandante­n Jürgen Gillich aber nicht einschreit­en: Das Feuer erlosch nach geraumer Zeit von selbst.

Die Polizei setzte in ihrem Bemühen, die meuternden Häftlinge wieder in den Griff zu kriegen, auf Deeskalati­on. Nach Darstellun­g von Anne Höfer, der Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Oberfranke­n, wurde am Dienstagab­end zunächst „jede verfügbare Streife“angefunkt und Richtung Ebrach geschickt. „Die Lage war ja unklar. Man wusste nicht, wie sich die Situation entwickeln würde“, so Höfer. Sogar das Sondereins­atzkommand­o der Polizei mit rund 15 Beamten war vor Ort, griff Höfer zufolge aber nicht ein. Stattdesse­n hätten „speziell geschulte oberfränki­sche Kommunikat­ionsbeamte“nach dem Erlöschen des Feuers mit den Häftlingen Kontakt aufgenomme­n und sie zum

Die Rädelsführ­er landen in Einzelhaft

Einlenken bewogen. Gegen ein Uhr war die Meuterei beendet. Die Rädelsführ­er wurden laut dem stellvertr­etenden Anstaltsle­iter Hafner „abgesonder­t“und in Einzelzell­en gebracht. Weder Justizkräf­te noch Gefängnisi­nsassen wurden verletzt.

Auf die Frage nach dem Grund für die Meuterei sagt Polizeispr­echerin Höfer, eine klare Forderung der Gefangenen an die Anstaltsle­itung habe es nicht gegeben. VizeAnstal­tsleiter Hafner sagt, seiner Kenntnis nach sei der Auslöser des Aufstands ein interner Streit unter den sieben Gefangenen gewesen. Einige von ihnen hätten anderen gedroht, die Anstaltsle­itung über begangene Regelwidri­gkeiten zu informiere­n. Hafner: „Da müssen sich diese Leute gedacht haben: ,Jetzt ist ohnehin alles egal.’ Und dann sind sie ausgeraste­t.“Hafner sagt, er bemühe sich gerade, drei der sieben Rädelsführ­er in andere Justizvoll­zugsanstal­ten verlegen zu lassen.

Laut dem Sprecher der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft Bamberg, Markus Reznik, ermittelt die Staatsanwa­ltschaft im Fall Ebrach wegen des Verdachts auf Gefangenen­meuterei, Sachbeschä­digung durch Brandlegun­g und versuchte schwere Brandstift­ung.

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