Stasi Methoden?
Einzelhandel Schwere Vorwürfe gegen den Ulmer Drogerie-König Erwin Müller
Ulm Das Magazin Stern erhebt schwere Vorwürfe gegen Erwin Müller, den Chef des europaweit agierenden Drogerie-Imperiums mit Sitz in Ulm. Im Artikel „Der Chef hört mit“heißt es, dem Stern liegen Mitschnitte von Telefongesprächen vor, die der 84-Jährige regelmäßig auf der Rückbank seines S-Klasse-Mercedes angehört habe. Mit solchen „Stasi-Methoden“habe Müller etwa erfahren, wer mehr Gehalt will oder wer aus Gesundheitsgründen an den Vorruhestand denke. Dass Erwin Müller nicht zimperlich mit seinen Mitarbeitern umgeht, kritisiert die Gewerkschaft Verdi schon seit langem.
2009 stellte Verdi etwa Strafantrag bei der Ulmer Staatsanwaltschaft wegen der Behinderung von Betriebsratswahlen. Ein „Klima der Angst vor Bespitzelung unter den leitenden Mitarbeitern“herrscht laut Stern bei Müller. Das Magazin zitiert hier offenbar aus vorliegenden Schriftsätzen rund um eine juristische Auseinandersetzung um Vorfälle im Müller-Schießzentrum im Ulmer Norden. Dort können Jäger, Sport- und Freizeitschützen oder Träger von Dienstwaffen trainieren.
Reinhard Müller, Erwin Müllers Sohn aus erster Ehe, leitet Europas größte derartige Anlage. Laut Stern habe er eigentlich das DrogerieImperium modernisieren wollen, wurde aber vom eigenen Vater aus der Geschäftsführung entfernt und auf die Schießanlage abgeschoben. 2009 sei zeitgleich ein anonymes Schreiben in der Schießanlage und bei der Staatsanwaltschaft Ulm eingegangen. Von Schikanen und Mobbing sei die Rede gewesen. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Ermittlungen. Erwin Müller laut Stern aber nicht. Der Milliardär habe einen seiner Geschäftsführer hinter den Anschuldigungen vermutet und sich so einen juristischen Schlagabtausch mit dem Verdächtigten geliefert, was richterliche Schriftsätze nach sich zog, die tief in ein unübersichtliches Imperium blicken ließen.
Wer auf der Müller-Homepage auf das Impressum klickt, sieht, dass die Drogerie-Kette Verbindungen nach Großbritannien hat: „Müller Großhandels Ltd. & Co. KG“. Das Kürzel Ltd. weist auf eine Firma nach britischem Recht hin. Es gibt noch die „Müller Holding Ltd. & Co. KG“und „Müller Management Ltd.“. Eine „Black-Box“nennt Verdi das verschachtelte Konstrukt. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen wollte die Firma mit 770 Drogerien und 4,3 Milliarden Euro Jahresumsatz weder dem Stern noch unserer Zeitung abgeben. (heo)