Auf der Walz in Hamlar
Tradition Handwerksgesellen aus ganz Deutschland unterbrechen ihre Walz und feiern mehrere Tage in der Region. Die jungen Männer waren zu Gast bei der Hamlarer „Rockmusik“
Bäumenheim Hamlar Nach den Lehrjahren kommen für viele junge Handwerker die Wanderjahre, auch Walz genannt. Die Walz ist schon seit 850 Jahren Tradition bei den Handwerkern. Zweimal im Jahr – im Frühling und im Herbst – treffen sich die rund 50 Reisenden der „Gesellschaft freie Vogtländer Deutschland“, um sich auszutauschen, miteinander zu feiern und ihre Tradition zu leben. Nun kamen sie im Bäumenheimer Ortsteil Hamlar zusammen.
Ein ehemaliger Geselle stellte den Kontakt zum Rockmusikteam her und so kam es, dass das Treffen in Hamlar stattfand. Die Vogtländer sind eine „Bruderschaft“und ein Zusammenschluss für junge Handwerker wie Zimmerleute, Maurer oder Dachdecker. Die Walz bedeutet für jeden Handwerksgesellen etwas anderes. Nach dem Motto „Welt preisen, anders denken, leben lernen, zünftig sein“begeben sich junge Menschen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum auf Wanderschaft.
Einer von ihnen ist der 25-jährige Andreas Schneider. Er halte die Walz wegen der hochgehaltenen Grundwerte wie Zuverlässigkeit oder Genauigkeit immer noch für zeitgemäß. Der gebürtige Hesse absolvierte seine Handwerksausbildung als Zimmerer in Sankt Georgen im Schwarzwald. Nach dem Abitur in der Nähe von Gießen entschied er sich für ein freiwilliges soziales Jahr. „Danach war es für mich klar: Ich werde Zimmermann“, erinnert er sich und strahlt. Auf seiner Reise, so erzählt er, hat er schon eine Menge erlebt. Auf der Walz, so lautet der Kodex, dürfen die Gesellen kein Geld für Übernachtungen und Fahrten ausgeben. Deshalb trampen oder wandern sie.
Als Schneider per Anhalter unterwegs war, traf er einen Afghanistanveteran der Bundeswehr. „Seine Er- zählungen werden mir immer im Gedächtnis bleiben und haben mich für die Politik sensibilisiert“, erzählt Schneider. Solcherlei Erfahrungen und Begegnungen, gute und weniger gute, machen die Handwerksgesellen auf ihrer Reise. Drei Jahre und einen Tag dauert die Walz – einen Tag mehr als die eigentliche Ausbildung. Alle Gesellen reisen in ihrer typischen Handwerkertracht. Dazu gehören eine Weste, eine weite Hose und der charakteristische Hut. Dabei reife und wachse man menschlich und charakterlich, so Schneider weiter. Sechs Monate wandert er nun schon umher.
Im ersten Jahr müssen die Gesellen im deutschsprachigen Raum, sprich Deutschland, Österreich und der Schweiz bleiben. Danach steht ihnen die Welt offen. Jeder Geselle muss den Regeln der Vereinigung folgen. Dazu gehört auch der sogenannte Bannkreis um die Heimat. 50 Kilometer Abstand zum Herkunftsort müssen die jungen Handwerker wahren. „Die Erlebnisse und die intensiven Erfahrungen sind es einfach wert“, sagt auch Xaver Weibhauser, der aus dem Salzburger Land aufgebrochen ist, um die Welt kennenzulernen. Besonders für den Boots- und Schiffsbau interessiert sich der 19-Jährige, der in Ruhpolding gelernt hat. Ganz oben auf der Reiseliste stehen bei ihm Chile und die Mongolei. „Die Landschaft und besonders die Kultur dort interessiert mich“, so der Junghandwerker. Immer auf Achse zu sein, bedeutet für junge Männer wie Xaver Weibhauser und Andreas Schneider auch Entbehrungen. Ohne Handy und Internet sind sie unterwegs. „Mit den Mädchen ist es ein bisschen schwierig – aber man lernt viele kennen“, sagt der junge Bayer mit einem Augenzwinkern. Tradition leben und die Werte wie „das gegebene Wort“hochalten, das wollen die Gesellen auf ihrer Walz. Bis zum nächsten Treffen im Herbst geht wieder jeder seiner Wege.