Ein bisschen Tanz mit viel Show
Tanzsport Die Fernsehsendung „Let’s dance“begeistert Millionen von Zuschauern. Wie sie den Sport beeinflusst und wie die Experten in der Region das TV-Format beurteilen
Donauwörth Wenn heute Abend Promis wie Vanessa Mai und Giovanni Zarrella aufs Parkett gehen, werden wieder knapp vier Millionen Zuschauer mehr oder weniger gebannt vor dem Fernseher sitzen und „Let’s dance“schauen. Tanzen im TV – seitdem Wettbewerbe im Turniertanz weitestgehend aus dem Programm verschwunden sind, ist das Format das einzige, das noch regelmäßig zur besten Sendezeit die Sportart zeigt. Zumindest steckt unter viel Show und der Darstellung der Promis noch ein wenig Tanzsport.
Seit zehn Jahren bringt Privatsender RTL nun schon mehr oder weniger prominente Kandidaten mit Profitänzern zusammen und lässt sie im Wettbewerb gegeneinander antreten. Der Zuschauer ist dabei Zeuge, wie die Teilnehmer schwitzen, stolpern und sich schon mal eine Rippe brechen. Die Profitänzer haben meist nur ein paar Tage Zeit, ihren neuen Partnern eine Choreografie beizubringen. In den ersten Staffeln nur Standard- und Lateintänze im Programm, hat sich das Repertoire mittlerweile auch auf ausgefallenere Tänze, wie Hip-Hop, Charleston und Contemporary ausgeweitet.
„Früher wurde bei ,Let’s dance‘ mehr getanzt. Mittlerweile gibt es viel mehr Hintergrundberichte, die die Sendung aufblähen, damit diese auch Leute anspricht, die mit Tanzen eigentlich nix am Hut haben“, findet Thomas Pauckner, Inhaber von Paukis Tanzschule in Nordheim. Seine Tanzschüler sprechen ihn schon hin und wieder auf die Sendung an, gibt er zu. Eine größere Rolle spiele in seiner Schule aber Youtube. Von Tanzvideos schauen sich seine Paare häufiger Figuren ab.
„Let’s dance“komme eher bei Paaren zur Sprache, die schon länger tanzen. Wer bereits die Tanzkurse eins bis sechs absolviert habe, könne auch eher etwas mit den Auftritten bei „Let’s dance“anfangen. „Was Anfänger bei der Sendung sehen, hat mit zum Beispiel einer normalen Rumba nichts mehr zu tun“, betont er. Vielmehr seien die Auftritte an den Turniertanz angelehnt und mit mehr „Wow-Effekt“ausgestattet. Denn auch beim Turniertanz gebe es keine Hebefiguren. Er halte deshalb nicht viel von der Show. „Die Sendung ist schon gut für den Tanzsport, aber es schlägt in Deutschland nicht wirklich durch“, sagt Paukner. Stattdessen kämen viele Profitänzer aus den osteuropäischen Ländern und weniger aus Deutschland.
Dieter Kulzer vom TanzSport-Club Rain kann keine Zunahme von Tanzinteressierten in den vergangenen Jahren ausmachen. Er bewundere die gezeigte Leistung der prominenten Teilnehmer der Sendung. „Natürlich sprechen wir bei unseren Club-Treffen darüber. Ich denke, für die Tanzschulen wäre es sicher nicht schlecht, wenn noch mehr Tanzsport in den Medien gezeigt würde“, glaubt Kulzer.
Das sieht auch Andreas Umbricht, Leiter der Tanzsparte des VSC Donauwörth, so und sagt: „Bei uns im Verein ist die Sendung eigentlich kein Thema.“Obwohl die Sendung im Fernsehen vor allem jüngere Zuschauer anspricht, hat auch die Tanzsparte des VSC ein Nachwuchsproblem. Die meisten Tänzer des Vereins seien 50 Jahre und älter, sagt Umbricht.
Prinzipiell würde er sich mehr Tanzsport im Fernsehen wünschen, jedoch sieht er auch das Problem damit: „Welche Generation schaut denn so was? Die Jungen eher nicht. Und selbst ich als Tänzer tue mich schwer die Grundschritte und beAuch kannten Figuren zu erkennen, wenn ich Turniertanz schaue. Der geht sehr ins Exzessive, in den Leistungssport.“
Thomas Pauckner, der seit 1997 Tanzlehrer ist, sieht die Situation realistisch: „In Bayern ist Tanzen im Verein eine Randsportart.“Er glaubt, dass hier die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen noch verbesserungswürdig sei. Ein Problem, das viele Interessierte am Tanzen abschrecke, seien wohl auch die zum Teil hohen Preise vieler Tanzschulen.