Einsatz aus Nächstenliebe
Rettungswesen Seit 60 Jahren gibt es die Johanniter in Donauwörth. Sie zeigten ihr Können am Samstag
Donauwörth Warum setzen sich die Johanniter für ihre Mitmenschen ein? „Aus Liebe zum Leben“wäre eine Antwort. So lautet der Leitspruch, dem sich die evangelische Hilfsorganisation in Donauwörth seit 60 Jahren verschrieben hat. Alleine damit lässt sich aber die Leistungsfähigkeit der Helfer nicht beschreiben, die die Zuschauer am Samstagnachmittag, nach dem Gottesdienst und den Begrüßungsreden gesehen haben. Während der Übung ahnte natürlich noch niemand, was danach passieren würde.
Es sollte ein Szenario sein, das die Realität detailgetreu spiegelt. Volker Geßner, der in Donauwörth für den Katastrophenschutz verantwortlich ist, deutete an den Grünstreifen, der hinunter zur Zusam führt. Dort stand ein Auto und mehrere Personen lagen verletzt am Boden. „Ein Fahrer erleidet einen Schlaganfall, verliert die Kontrolle über das Fahrzeug und fährt in eine Gruppe von Menschen“, beschrieb Geßner. Kaum hatte er die Aufgabe geschildert, fuhr schon der erste Rettungswagen in den Zusamweg. Von diesem Zeitpunkt an erinnerte die Aktion an Zahnräder, die gut geölt ineinander greifen.
17 Minuten dauerte es, bis die Einsatzkräfte die Unfallstelle sicherten und eine Erstversorgung aufbauten, die eine optimale Behandlung der Verletzten garantiert. Dass bei dieser Übung alles hervorragend ablief lag vor allem an den Helfern.
Gut geschult wusste jeder, was er zu tun hatte. Ein bisschen erinnert diese Disziplin an den militärischen Drill bei der Bundeswehr. Geßner lächelte bei diesem Vergleich. „Wenn ich etwas zu sagen habe, lasse ich meine Mannschaft antreten“, erklärte der 68-Jährige, der früher Berufssoldat war und sich seit zwölf Jahren für die Johanniter engagiert. Jedoch finden sich nicht nur Menschen am Unfallort ein.
Ohne die vielen Ehrenamtlichen wäre das Rettungswesen nicht, was es heute ist, schilderte Geßner und übergab das Mikrofon an Michaela Saiko. Sie ist für die Hundestaffel verantwortlich. Ihre Vierbeiner demonstrierten, wie schnell sie eine vermisste Person selbst in hohem Gras finden. Ohne Menschen wie Saiko gäbe es nicht diese Qualität in der Erstversorgung, denn auf die Frage, wie viele Stunden sie im Monat für die Gemeinschaft investiere antwortete sie: „Zwischen 70 und 100.“Dieses Pensum schaffe sie nur, weil ihre Familie sie unterstützt. Und so sind die Johanniter quasi eine verschworene Truppe, in der einer für den anderen da ist. Unter dem Strich summiert sich in Donauwörth nach 60 Jahren ein stattliches Inventar.
Begleitet von seinen Kameraden führte Geßner die Besucher durch das Gebäude, das an diesem Tag einem Museum glich. Alte Uniformen hingen da und viele Fotos zeugten von Ereignissen aus den vergangenen sechs Jahrzehnten. Im Sinne der Nächstenliebe geschehe das, betonte Geßner, und deutete auf die Landkarte. Gleich einer Sonne in deren Zentrum sich Donauwörth befindet, strahlen rote Linien in alle Himmelsrichtungen. Nicht nur die Weihnachtstrucker fuhren hinaus in die Welt. „Wir waren sogar in New Orleans“, sagte Geßner stolz und wurde jäh unterbrochen.
„Aus dem Weg, das ist keine Übung“, rief draußen ein Sanitäter und stürmte zu einem der Rettungswagen. Etwa 200 Meter entfernt, stürzte ein Fahrradfahrer auf der Brücke, die über die Zusam führt. Wenige Minuten später blickte Geßner aus dem Fenster und deutete auf den Stau, der sich hinter der Unfallstelle bildete. Das sei der Hauptgrund, warum die Johanniter ihre Freizeit opfern. „Aus Liebe zum Leben“, wiederholte Geßner und nickte zufrieden, denn die Helfer hatten ihre Arbeit schon getan.