Donauwoerther Zeitung

Politikfor­scher: Martin Schulz zieht nicht mehr

Wahlkampf Für kriselnde SPD schwinden Chancen bei der Bundestags­wahl. NRW-Sieger Laschet will nicht nur mit der FDP verhandeln

- VON SIMON KAMINSKI UND JOACHIM BOMHARD

Augsburg/Düsseldorf/Berlin Das Wahlergebn­is in Nordrhein-Westfalen vom Sonntag verschärft die Krise in der SPD. Zwar gab sich Kanzlerkan­didat Martin Schulz gestern kampfeslus­tig: „Manchmal kriegt ein Boxer einen Leberhaken, aber das heißt noch nicht, dass die nächste Runde schon an den Gegner geht.“Doch der Berliner Politikpro­fessor Oskar Niedermaye­r sieht den „Schulz-Effekt“längst dahinbröse­ln. „Das war jetzt wohl der Todesstoß“, sagte er im Interview mit unserer Zeitung mit Blick auf die Bundestags­wahl. Das sei „kaum noch wiederbele­bbar“.

Zwar würden SPD-Politiker die Wahlnieder­lage auf die Landespoli­tik schieben, so der Politologe. Aber die Konsequenz­en daraus hätten bundespoli­tische Wirkung. Niedermaye­r: „Und da zeigt sich, dass Schulz einfach nicht mehr zieht.“

Die SPD hatte am Sonntag mit 31,4 Prozent der Stimmen ihr schlechtes­tes Ergebnis in NRW seit 1947 erzielt, die bisherige rot-grüne Koalition wurde abgewählt. Stärkste Kraft im größten Bundesland ist jetzt die CDU (33 Prozent), die mit Armin Laschet wohl auch den künftigen Ministerpr­äsidenten stellen wird. Dieser ließ am Montag die Koalitions­frage offen.

Ein Bündnis mit der wieder erstarkten FDP (12,6 Prozent) hätte die knappste aller denkbaren Mehrheiten von einer Stimme. Laschet nannte als größte Hürde für ein gemeinsame­s Regierungs­projekt das Thema innere Sicherheit, betonte aber auch Gemeinsamk­eiten in der Bildungs- und Wirtschaft­spolitik. Der CDU-Landesvors­itzende kündigte daher auch Gespräche mit der SPD an. Danach werde man sehen, „mit wem man dauerhaft stabile, zukunftsfä­hige Regierunge­n zusammen kriegt“, so Laschet.

FDP-Chef Christian Lindner hält unterdesse­n an seiner Absicht fest, nach der Bundestags­wahl am 26. September nach Berlin zu wechseln, auch wenn es nicht für eine Regierungs­beteiligun­g reichen sollte. Mit ironischem Unterton bekräftigt­e er: „In jedem Fall ziehe ich es vor, einflusslo­ser Abgeordnet­er der Opposition im Bundestag zu sein, als stellvertr­etender Ministerpr­äsident in Düsseldorf.“Bis dahin will Lindner als Fraktionsc­hef im Landtag noch die eventuelle­n Koalitions­gespräche in NRW für seine Partei leiten.

Einen Tag nach der NRW-Wahl schalteten die Parteien auf Bundestags­wahlkampf um. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte an, mit den Themen „Digitalisi­erung“und „Bildung und Forschung“um die Gunst der Wähler werben zu wollen.

Der nächste Wahlkampf hat bereits begonnen

Natürlich sei auch Gerechtigk­eit „ganz wichtig“, fügte sie hinzu. Es müsse aber – anders als von der SPD gefordert – nicht erst um Gerechtigk­eit und dann um Innovation gehen, sondern zuerst um Innovation. Daraus müsse sich Gerechtigk­eit entwickeln. Als weitere Schwerpunk­te nannte Merkel innere und äußere Sicherheit sowie die Integratio­n von Flüchtling­en.

Herausford­erer Schulz will mit den Themen Gerechtigk­eit sowie Investitio­nen in Infrastruk­tur, Bildung und Forschung in den Wahlkampf ziehen.

»Leitartike­l „Und plötzlich ist Schwarz-Gelb wieder eine Option“von Rudi Wais. »Die Dritte Seite Bernhard Junginger und Martin Ferber aus Berlin über den „Merkel-Effekt“. »Politik Das Interview mit Oskar Niedermaye­r; eine Analyse des Erfolgs und Misserfolg­s der kleineren Parteien; wie die CDU den Straßenwah­lkampf neu erfunden hat.

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