Donauwoerther Zeitung

Erdogan reizt weiter

Türkei Das erneute Besuchsver­bot für Abgeordnet­e in Incirlik sorgt für weiteren Ärger

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Berlin Das hat sich Außenminis­ter Sigmar Gabriel alles ganz anders vorgestell­t. Nach seinem Gespräch mit dem türkischen Ministerpr­äsidenten Binali Yildirim am vergangen Donnerstag verkündete er zufrieden und zuversicht­lich: „Wir haben uns darüber ausgetausc­ht, wie wir wieder zu vernünftig­en Beziehunge­n kommen können.“Es war der erste persönlich­e Kontakt der beiden Regierunge­n nach dem erbitterte­n Streit rund um das türkische Verfassung­sreferendu­m, der in Nazi-Vergleiche­n von Präsident Recep Tayyip Erdogan gipfelte.

Schon zwei Tage später lösten sich Gabriels Hoffnungen in Luft auf. Die türkische Regierung übermittel­te dem Auswärtige­n Amt am Samstag mündlich eine Nachricht, die statt einer Rückkehr zur Vernunft die Eskalation­sspirale in der deutsch-türkischen Krise wieder ein Stück weiterdreh­t – bis tief in den roten Bereich. Jetzt droht der Abzug deutscher Soldaten aus der Türkei, was ein schweres Zerwürfnis zwischen den beiden Nato-Partnern bedeuten würde.

Der Grund: In ihrer Nachricht von Samstag hat es die türkische Regierung deutschen Abgeordnet­en erneut untersagt, Bundeswehr­soldaten auf der Luftwaffen­basis Incirlik zu besuchen. Am Dienstag um 7.15 Uhr wollte eine Delegation des Verteidigu­ngsausschu­sses zu dem Stützpunkt aufbrechen, von dem aus sich „Tornado“-Aufklärung­sjets am Kampf gegen die Terrororga­nisation Islamische­r Staat beteiligen. Wochenlang ließ die türkische Regierung den Besuchsant­rag unbeantwor­tet.

Über die Absage wurden die Abgeordnet­en keine 48 Stunden vor dem Abflug unterricht­et. Schon im vergangene­n Jahr mussten die Ausschussm­itglieder monatelang warten, bis sie nach Incirlik fliegen durften.

Damals rächte sich die türkische Regierung für die Armenien-Völkermord-Resolution des Bundestags­beschlusse­s. Jetzt geht es darum, dass die Bundesregi­erung türkischen Soldaten Asyl gewährt hat.

SPD, Linke und Grüne fordern nun den Abzug der „Tornado“-Truppe. Die Bundesregi­erung versucht dagegen, wieder auf Zeit zu spielen. Zwar droht auch sie erstmals mit einem Abzug, will sich aber noch nicht festlegen.

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Foto: dpa Neue Provokatio­n: der türkische Präsi dent Recep Tayyip Erdogan.

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