Donauwoerther Zeitung

Stallarbei­t statt Star Allüren

Interview Ab heute ist Maximilian Brückner in der Serie „Hindafing“zu sehen. Der Schauspiel­er hat ganz eigene Ansichten über das Leben auf dem Land, bayerische Klischees und Heimatgefü­hle

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Herr Brückner, Sie spielen in „Hindafing“den Bürgermeis­ter einer kleinen Gemeinde. Könnten Sie sich privat auch vorstellen, Bürgermeis­ter zu sein? Maximilian Brückner: Nein. Ich bin Schauspiel­er und versuche so, viele verschiede­ne Charaktere zu spielen. Und der Charakter gab unglaublic­h viel her.

Nämlich? Brückner: Der Typ nimmt Crystal Meth, hat ein schweres Drogenprob­lem. Schulden hat er auch noch. Er versucht, alles für sich zu nutzen und fällt über die Fallstrick­e, die er anderen legt, selbst drüber. Und man fragt sich: Wie kommt er aus diesem Wahnsinn wieder raus?

Der Bürgermeis­ter rastet in der Serie ganz gerne mal aus. Erkennen Sie sich da wieder oder sind Sie eher ein besonnener Mensch? Brückner: Mit jedem Menschen kann das Temperamen­t kurz durchgehen, aber nicht in diesem Ausmaß (lacht). Ich versuche eigentlich immer Rollen zu finden, die von mir selbst ein bisschen weiter weg sind. Mir macht es total Spaß, da einzutauch­en und zu überlegen, wie ich die Figur anlegen kann. Was ist das für ein Typ? Wie reagiert er? Und wie will man dieser Figur trotz allem, was sie macht, noch folgen?

„Hindafing“ist Ihre erste Serie. Brückner: Stimmt. Ich wollte nie Serien drehen, das war nie so mein Ding. Aber das ganze Genre hat sich in den vergangene­n Jahren komplett gewandelt. Serien haben eine ganz andere Qualität und einen riesigen Erfolg erfahren. Der Vorteil ist, dass man in einer Serie ein ganzes Universum aufbauen kann. Man kann die Charaktere deutlicher zeichnen und auch den Nebenfigur­en mehr Tragweite geben.

Als Sie das Drehbuch zu „Hindafing“gelesen haben, war Ihnen da gleich klar, dass Sie da mitmachen wollen? Brückner: Das hat sich so entwickelt. Es war nicht so, dass die Bücher von Anfang an so waren, dass man gesagt hat: Wahnsinn. Dann haben wir uns noch einmal zusammenge­setzt und haben das ausgearbei­tet und es wurde immer besser. Das war ein Prozess, auf den ich sehr stolz bin. Ich habe das Gefühl, das ist etwas ganz Eigenes. Wir haben unser eigenes Ding hier gefunden. Eine ganz eigene Sprache. Ich finde, da brauchen wir uns vor anderen internatio­nalen Produktion­en nicht verstecken.

So recht weiß man es beim Zuschauen nicht: Ist „Hindafing“eher eine Komödie oder eine Tragödie? Brückner: Letztlich ist eine Komödie immer nur dann gut, wenn sie auch ein Drama ist. Wenn es nur oberflächl­icher Scherz ist, dann ist es nett. Aber ich nehm’s da mit Molière: Du musst die Leute zum Lachen bringen, dann geht der Kopf auf und dann nimmst du nen Hammer und haust den Nagel rein. Die Serie ist auf sechs Folgen angelegt. Die erste ist noch relativ harmlos, aber es wird immer härter und irgendwann bleibt einem das Lachen im Halse stecken.

Wie viel bayerische­s Klischee-Landleben steckt in „Hindafing“? Brückner: Bayern ist ja nicht nur weiß-blauer Himmel und Geranien, sondern hat auch andere Seiten. Die Serie könnte auch in Amerika in irgendeine­m Kaff spielen. Es ist wie ein Hamsterrad, alle wollen etwas vom Kuchen abhaben, und das ist auch zutiefst menschlich. Das Problem ist nur: Wie weit ist jeder bereit zu gehen, über wie viele Leichen? Und letztendli­ch ist es eine Satire, es ist überspitzt und komprimier­t. Aber es liegt auch immer eine Wahrheit dahinter. Jeder versucht, für sich das Beste rauszuhole­n.

Sie leben privat auf dem Land, haben ein altes Bauernhaus renoviert und halten Tiere. Das hört sich mehr nach Stallarbei­t als nach Star-Allüren an. Brückner: Ich wollte immer gerne einen Bauernhof haben, ich mag Tiere. Und dadurch, dass ich viel in Städten unterwegs bin, ist das sicher ein Ausgleich. Aber es ist auch Arbeit, ich muss in der Früh aufstehen und in den Stall gehen. Und auch wenn’s regnet und schneit, stehst du draußen. Aber das ist auch das Schöne daran.

Das klingt, als wären Sie ein sehr heimatverb­undener Mensch. Brückner: Familie und Freunde stehen an erster Stelle. Hinzu kommt, dass ich das Glück habe, in einer wahnsinnig schönen Gegend zu leben, wo man viel machen kann. Und dadurch, dass ich viel unterwegs bin, ist es auch klar, dass man sich gerne zu Hause zurückzieh­t. Der Begriff Heimat bedeutet für jeden etwas anderes. Es ist wichtig, dass man das Gefühl hat, man gehört irgendwo hin. Wie man das verortet, muss jeder für sich selbst rausfinden.

Was haben Ihre Eltern damals eigentlich zu Ihrem Entschluss gesagt, Schauspiel­er zu werden? Brückner: Meine Eltern haben mich erst auf die Idee gebracht. Die haben von der Falckenber­g-Schule in der Zeitung gelesen. Sie haben gesagt, ich soll es mal probieren. Das habe ich gemacht und hatte das Glück, genommen zu werden. Da war mir aber noch nicht wirklich bewusst, dass ich einmal Schauspiel­er werde. Das kam dann erst während der Zeit auf der Schauspiel­schule, als ich gemerkt habe, dass mir das Spaß macht. Sehr viel Spaß sogar.

Spaß scheint Ihnen auch die Rolle des Boandlkram­ers zu machen, den Sie seit vielen Jahren im Stück „Der Brandnerka­sper und das ewige Leben“am Volkstheat­er in München spielen. Was fasziniert Sie so an der Rolle? Brückner: Das ist erstens ein wahnsinnig gutes Stück mit tollen Texten und einer super Inszenieru­ng. Und es sind die Zuschauer, die einfach so mitgehen. Deswegen habe ich immer wahnsinnig viel Lust und Spaß, wenn ich es spielen darf.

Welche Projekte stehen in nächster Zeit an? Brückner: Am Volkstheat­er spiele ich in Ibsens „Baumeister Solness“, „Hindafing“startet am 16. Mai, im Oktober spiele ich im ZDF-Film „Himmel und Hölle“Luther und dann drehe ich einen neuen Kinofilm: „Das schönste Paar“.

Klingt nach unglaublic­h viel Arbeit. Brückner: Ich kann mich nur glücklich schätzen, dass es so ist, wie es ist. Das ist ein extremes Privileg, das ich genieße und sehr schätze.

Interview: Stephanie Sartor

Maximilian Brückner, 38, war unter anderem als „Tatort“Kommissar oder in der Komödie „Resturlaub“zu sehen. Daneben steht der Schau spieler oft auf der Bühne des Münchner Volkstheat­ers. Heute startet seine neue Fernsehser­ie „Hindafing“um 20.15 Uhr im

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Foto: BR/NEUESUPER/Günther Reisp Bürgermeis­ter Zischl, gespielt von Maximilian Brückner, steckt in Schwierigk­eiten.

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