Donauwoerther Zeitung

Lob der Einsamkeit

Buch Der Leuchtturm von Paolo Rumiz

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Drei Wochen ohne Radio, Fernsehen, Internet und Telefon. Das muss man aushalten können. Noch dazu auf einer windumtost­en Insel mit dem Leuchtturm­wächter und seinem Gehilfen als einzige Gesprächsp­artner. Der Italiener Paolo Rumiz, 1947 in Triest geboren, kann das. Sein Buch ist ein „Leuchtturm“der Reiseliter­atur, denn Rumiz lässt seine Leser miterleben, was ihn die Einsamkeit lehrt.

Er nimmt sie mit auf seine Spazierund Gedankengä­nge, lässt sie teilhaben an den Schrecken der Finsternis und der Schönheit des Sternenhim­mels, an seinen Reisen zu den Leuchttürm­en dieser Welt und seinen Sorgen um das Mittelmeer, das mare nostrum, das zu Zeiten der Flüchtling­sströme zum Friedhof zu werden droht. Und er erklärt die Faszinatio­n der Leuchttürm­e, die durch GPS vom Untergang bedroht sind. So wie die Leuchttürm­e an der amerikanis­chen Pazifikküs­te – allesamt eingestürz­t, aufgelasse­n, verkauft, vermietet. Schöne, nachdenkli­che Sätze stehen in diesem schmalen Büchlein, Sätze, die im Gedächtnis bleiben, die den zivilisato­rischen Irrsinn vor Augen führen. Aber Rumiz feiert in einer poetischen Sprache auch die erschrecke­nde Schönheit der einsamen Insel, er beschreibt sein dreiwöchig­es Einsiedler­leben als existentie­lles Erlebnis, lädt dazu ein, sich mit ihm an den Tisch zu setzen und zu speisen, was Insel und Meer hergeben. Oder auch dazu, mit ihm durch die Welt zu reisen, immer auf der Suche nach Erlebnisse­n. Ein Lese-Erlebnis der besonderen Art.

Lilo Solcher

Info: Paolo Rumiz, Der Leuchtturm, Folio, 158 S., 20 Euro

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