Donauwoerther Zeitung

Massive Schläge auf Augen, Mund und Ohren

Totschlag Prozess Warum Blutspuren im Raum und Merkmale an der Toten belegen, dass Michaela B. eindeutig umgebracht wurde

- VON BARBARA WILD

Donauwörth/Augsburg Das Gutachten der Rechtsmedi­zin zu den Blutspuren am Tatort und der Obduktions­bericht der Leiche standen gestern beim Totschlagp­rozess vor dem Landgerich­t Augsburg im Zentrum deren Verhandlun­g. Dr. Martin Schulz, wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r des Fachbereic­hes der LMU, hatte den Toilettenr­aum der Wohnung der Getöteten Michaela B. detaillier­t untersucht und in aufwendige­n Analysen zahlreiche Blutspuren kategorisi­ert. Sein Ergebnis: Die Spuren am Tatort passen keinesfall­s zu einem Sturz des Opfers, sondern sprechen eindeutig für eine massive „Gewalteinw­irkung durch dritte Hand“.

Der Experte stellte fest, dass der Täter an mindestens sieben verschiede­nen Stellen in dem kleinen Raum auf den Kopf der 42-Jährigen eingeschla­gen hat. Das Muster des Blutes an Wänden, Boden, am Waschbecke­n und an der Toilette zeige, dass das Opfer wohl relativ schnell zu Boden ging und dort mehrfach geschlagen wurde.

Für einen Täter spricht auch, dass nach der wohl stattgefun­den Attacke auf das Opfer der Raum verändert wurde. Ein mit Blut beschmiert­er Eimer wurde wieder aufgestell­t und das Waschbecke­n benutzt. Auf der Leiche wurden Wasserspur­en gefunden, die sich auf dem Körper mit Blut vermischt hatten.

Bekannterw­eise wird der heute 22-jährige Sohn des Opfers beschuldig­t, der Täter gewesen zu sein. Der verfolgte den Vortrag des Experten, der zahlreiche Bilder der blutversch­mierten Leiche und der Toilette per Beamer zeigte, ohne erkennbare Regung. Für die Bilder zeigte er kein Interesse, sondern starrte in die andere Richtung.

Das änderte sich auch nicht, als Dr. Oliver Peschel, Professor für Rechtsmedi­zin an der LMU, die Verletzung­en des Opfers detaillier­t beschrieb: „Der dominieren­de Befund sind massive Schläge auf den Kopf – vor allem auf Augen, Mund und Ohren“, sagt der Gutachter. Zudem zeigen die starken inneren Blutansamm­lungen unter der Kopfhaut, dass der Täter die 42-Jährige massiv an den Haaren gezerrt haben muss. An den Händen, Unterarmen und Knien zeige der Körper der Toten klassische Abwehrspur­en. Michaela B. sei nicht betrunken gewesen und ihre Medikament­e habe sie an jenem Tag in der verordnete­n Dosis eingenomme­n.

Peschels Untersuchu­ng der Leiche noch in der Nacht nach dem Geschehen hat ergeben, dass Michaela B. an ihrem eigenen Blut erstickt ist. Zudem kommt ein „nicht unwesentli­cher Blutverlus­t durch Einblutung­en im Körper“. Doch das Opfer starb keineswegs unmittelba­r nach den brutalen Schlägen. Es gäbe mehrere klare Belege im Körper der Toten dafür, dass Michaela B. nach den Ereignisse­n in dem kleinen WCRaum noch mindestens 30 Minuten gelebt habe. „Es können aber auch noch bis zu zwei Stunden gewesen sein.“Die Uhrzeit ihres Todes sei hingegen nicht eindeutig festzustel­len, er gehe aber vom späten Vormittag aus, so Peschel.

Die Frage nach einer möglichen Mordwaffe konnte er teilweise beantworte­n. „Es gibt keinerlei Muster auf der Toten oder äußere Verletzung­en der Haut, die auf ein Werkzeug hinweisen“, so Peschel. Er gehe davon aus, dass das Opfer mit der Hand, Faust, dem Ellenbogen oder dem Knie malträtier­t wurde.

Dass dabei Blut auch auf den Täter spritzt, hielt der wissenscha­ftliche Mitarbeite­r Martin Schulz für „für mehr als wahrschein­lich“. Allerdings müssten diese nicht massiv sein. Doch bekannterw­eise konnte an dem Angeklagte­n keinerlei Spuren dieser Art festgestel­lt werden – weder auf der Haut noch auf der Kleidung oder Schuhen. Zwar seien Kleidungss­tücke und Putzlappen mit dem Blut des Opfers und des Angeklagte­n in der Wohnung gefunden, so Schulz, doch ein unmittelba­rer Bezug zur Tat sei nicht herzustell­en.

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Foto: Barbara Wild Der Angeklagte mit seinem Verteidige­r Bernd Scharinger.

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