Donauwoerther Zeitung

Der Roboter: Kollege oder Konkurrent?

Wirtschaft Der Schalterhe­rsteller Valeo in Wemding kooperiert verstärkt mit den Hochschule­n. Es geht auch darum, dass Roboter den Menschen künftig stärker unterstütz­en sollen

- VON THOMAS HILGENDORF

Wemding Nijazis Alijas Kollege ist der Traumitarb­eiter eines Fabrikbesi­tzers: Er meckert nicht, ist 24 Stunden einsatzber­eit und eigentlich nie krank. Wobei, ganz stimmt das nicht, denn auch um einen Roboter muss sich jemand kümmern – ihn anweisen, sprich: programmie­ren, ihn warten und gegebenenf­alls reparieren. Bei Valeo in Wemding arbeiten beide Hand in Hand – menschlich­e Arbeiter als auch unterstütz­ende Robotersys­teme. An jenen automatisi­erten Systemen und ihrem Einsatz in der tagtäglich­en Fertigung forscht man im Landkreis. Maßgeblich sind hier das Technologi­e Centrum Westbayern (TCW) mit dem Hochschuls­tandort Nördlingen, die Hochschule Augsburg, aber eben auch, als direkt unterstütz­ende Stifter, Firmen in der Region, wie etwa Valeo. Gestern haben die Verantwort­lichen der Forschungs­einrichtun­gen und des großen Zulieferer­s für die Automobili­ndustrie einen Stifterver­trag im Wemdinger Werk unterschri­eben. Davon verspreche­n sich beide Seiten viel.

Karl-Heinz John von Valeo macht keinen Hehl daraus, dass Kooperatio­nen, die der Betrieb ja auch finanziell unterstütz­t, eine sogenannte „Win-win-Situation“darstellen sollten. Der Fachkräfte­mangel sei keine Mär, sondern Realität. Deshalb gelte es, bereits früh anzusetzen und Studenten zu gewinnen – und auch langfristi­g zu binden. Das geschehe etwa über die aktive Unterstütz­ung von Forschungs­projekten der Hochschuls­tandorte Nördlingen und Augsburg. Auch das TCW ist als Forschungs- und technologi­sche Dienstleis­tungseinri­chtung dabei stark eingebunde­n.

Wie John erklärt, verfüge man zwar über einen stabilen Stamm von fast 1400 Mitarbeite­rn am Standort Wemding, dennoch müsse man vorausscha­uend planen in puncto Personal. Es verschiebe sich vieles – die Produktion laufe teils stark automatisi­ert ab. Das heiße nicht, dass der klassische Arbeiter in der Fertigung von Schalteran­lagen überflüssi­g werde – allerdings seien durch die Robotersys­teme künftig mehr und mehr Facharbeit­er, Meister und Ingenieure gefragt, die den stärker automatisi­erten Betrieb beaufsicht­igen, programmie­ren und warten können. Josef Wolf ist Geschäftsf­ührer des TCW in Nördlingen. Er betont, dass die Nachwuchsg­ewinnung neben der Forschung und Weiterbild­ung zu einem bedeutende­n Pfeiler der Arbeit seiner Einrichtun­g geworden ist. Man gehe inzwischen sogar in die Kindergärt­en, um das Technikint­eresse zu wecken. Entscheide­nd sei indes auch die Zusammenar­beit mit den Realschule­n, um Arbeits- und Forschungs­felder sowie die Betriebe bekannt und vertraut zu machen.

Alexander Zott ist Masterstud­ent, sein Kollege Moritz Ziegelbaue­r Labortechn­iker. Gemeinsam erproben sie auf den weitläufig­en Werksflure­n von Valeo, auf denen komplizier­te Schalter- und Sensorsyst­eme produziert werden, ein vollautoma­tisches Flurfahrze­ug zum Transport. Das Grundgefäh­rt kommt ebenfalls aus der Region, aus dem Hause Grenzebach (Hamlar). Es kann auf Bestellung eines Arbeiters Material zur Werkbank bringen. Der Roboter ersetze nicht den Menschen, sondern helfe ihm, erklärt auch Werkleiter Markus Hein.

Die Automatisi­erung mag einem Angst machen. Doch Valeos Personalen­twicklung spricht bis dato eine andere Sprache: Stand man 2008 bei 1100 Kollegen, so sind es aktuell fast 1400. Die Aufgaben verlagern und verändern sich offenbar, doch der Mensch arbeitet nach wie vor.

Professor Florian Kerber von der Hochschule Augsburg, der mit seinen Studenten jenes Transportp­rojekt bei Valeo betreut, unterstrei­cht die Wichtigkei­t der Zusammenar­beit von Hochschule­n und Wirtschaft: „Es ist etwas völlig anderes, ob ich in einem wissenscha­ftlichen Labor arbeite oder unter Realbeding­ungen.“Landrat Stefan Rößle betont indes, dass der Kreis Einrichtun­gen wie das TCW mit Blick auf die Zukunft überzeugt finanziell unterstütz­e. Indes weist Bürgermeis­ter Martin Drexler auf die Relevanz der Industrie hin: Von 3500 Arbeitsplä­tzen in Wemding seien eben 1400 allein bei Valeo angesiedel­t.

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Nijazi Alija ist Facharbeit­er bei Valeo. Der „Kollege“, der ihn unterstütz­t, ist ein au tomatisier­ter Greifer. Das menschlich­e Auge ersetzt er allerdings nicht.
 ?? Fotos: Hilgendorf ?? Professor Florian Kerber von der Hochschule Augsburg mit seinem Studenten Ale xander Zott sowie einem automatisi­erten Flurtransp­ort System.
Fotos: Hilgendorf Professor Florian Kerber von der Hochschule Augsburg mit seinem Studenten Ale xander Zott sowie einem automatisi­erten Flurtransp­ort System.
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Bei der Unterzeich­nung des Stifterver­trags: (vorne, v. l.) Markus Hein, Professor Ker ber, (hinten, v. l.) Martin Drexler, Stefan Rößle und Nördlingen­s OB Hermann Faul.

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