Wenn alles gut ist
Der Gutmensch ist bei nicht wenigen eher schlecht angesehen, werden ihm doch allerlei Misslichkeiten in die Schuhe geschoben, welche dieses Land angeblich plagen. Eher rechtsdrehende Mitbürger etwa machen ihn dafür verantwortlich, dass Deutschland irgendwie untergeht. Dabei ist der deutsche Sprachraum derzeit eher von „Alles Gut“-Menschen bevölkert. Ständig bekundet jemand – gefragt oder ungefragt – es sei „alles gut“. Delle im Auto? Alles gut. Geplatzte Milchtüte macht Riesensauerei auf dem Küchenboden? Alles gut. Nachbars Dackel hat im Vorgarten das getan, was er gefälligst anderswo machen sollte? Alles gut. Was ist da los?
Modewörter kommen und gehen. Aus dem Berlinerischen hat sich zum Beispiel irgendwann der Begriff „knorke“in den allgemeinen Sprachgebrauch und damit auch in den Duden gedrängt, der ihn auf eine Stufe mit „astrein“, „famos“und „super“stellt. Allerdings wirkt er mittlerweile, wie aus einem alten Erich-Kästner-Kinderroman gefallen: nicht ganz taufrisch und damit alles andere als knorke. Während auch „affengeil“mittlerweile schon etwas ungeil daherkommt und der Superlativ „toptop-top“nur eine kurze Blüte als Pep-Guardiola-Marotte erlebte, ist heute „mega“das neue „dufte“. Das Eis mit dem Schnitzel-WasabiGeschmack? Echt mega!
Aber ist damit auch „alles gut“? Warum setzt sich der Ausdruck gerade jetzt derart durch, dass er einem noch öfter entgegengesäuselt wird wie „genau“, das eine Art gesprochene Verschnauf- und Denkpause darstellt.
Wahrscheinlich handelt es sich bei „alles gut“um alles andere als eine Wohlfühlformel. Angesichts einer zunehmend wirreren Welt scheint das Bedürfnis, sich so manches schönzureden, sehr ausgeprägt. Wenn eben nicht alles supertoll ist, dann muss man wohl zumindest im Kleinen demonstrieren, dass einen Misshelligkeiten der eher unbedeutenden Art nicht wirklich aus der Ruhe bringen können. Mach dir keine Sorgen, alles gut! Irgendwie.