Donauwoerther Zeitung

Maas will Hass im Netz stoppen

Hintergrun­d Union und Opposition fordern vom SPD-Justizmini­ster Korrekture­n an seinem Gesetzentw­urf. Ein Zwischenfa­ll löst am Mittag kurzzeitig Hektik aus

- Ska@augsburger allgemeine.de

Berlin Politische­r Gegenwind ist für Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) Alltag. In der rechten Szene gilt er als regelrecht­es Feindbild, was sich in entspreche­nden Internet-Beiträgen widerspieg­elt. Doch das, was sich am Freitagmit­tag abspielte, hat eine neue Qualität. Dutzende Anhänger der rechtsradi­kalen Organisati­on Identitäre Bewegung versuchten, das Justizmini­sterium in Berlin-Mitte zu stürmen. In das Gebäude gelangten die Teilnehmer der unangemeld­eten Demonstrat­ion nicht, wie eine Ministeriu­mssprecher­in sagte. Herbeigeru­fene Polizisten konnten die Identitäre­n stoppen. Die Demonstran­ten skandierte­n nach Angaben der Sprecherin Parolen wie „Maas muss weg, Festung Europa, macht die Grenzen dicht“. Einige trugen Uniformen im Stil der DDR-Volkspoliz­ei.

Vor diesem Hintergrun­d bekam die erste Bundestags-Beratung des Gesetzentw­urfs zur Bekämpfung von Hass im Netz ein Stück weit auch eine persönlich­e Komponente. Die Opposition jedenfalls forderte Änderungen, und auch aus der Union kam Kritik. Maas hingegen verteidigt­e in der Debatte seinen Entwurf. Die Linken-Abgeordnet­e Petra Sitte kritisiert­e, die rechtliche Beurteilun­g von Inhalten werde nach den Plänen von Maas privaten Unternehme­n überantwor­tet. Auch der Grünen-Netzpoliti­ker Konstantin von Notz sagte, das Gesetz sei damit eine Gefahr für die Meinungs- freiheit. Er kritisiert­e die geplante Regelung, nach der soziale Netzwerke künftig Auskunft über die Identität mutmaßlich­er Täter verlangen können. Damit könne praktisch jeder zu Facebook gehen, um die Identität einer missliebig­en Person zu bekommen, sagte er. „Da ist noch nicht einmal ein ordentlich­er Richtervor­behalt vorgesehen.“

Mit dem sogenannte­n Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetz will Maas soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter dazu bringen, strafbare In-

Es ist ein höchst unbefriedi­gender Zustand, dass verletzend­e und demütigend­e Hasskommen­tare im Internet nur in den seltensten Fällen bestraft werden. Wer Gift verspritzt bei Facebook oder Twitter, muss meist keine Konsequenz­en fürchten. Justizmini­ster Heiko Maas hat recht, wenn er sich weigert, zu akzeptiere­n, dass sich im Internet ein rechtsfrei­er Raum etabliert.

Dennoch hat sein Entwurf Schwächen. Es ist ein grundsätzl­iches Problem, dass in Zukunft die halte wie Beleidigun­gen, Drohungen oder Volksverhe­tzung schneller und konsequent­er zu löschen. Die Betreiber sollen offensicht­lich rechtswidr­ige Kommentare innerhalb von 24 Stunden, andere rechtswidr­ige Inhalte binnen einer Woche entfernen oder sperren.

Dazu sollen die Unternehme­n ein effektives Beschwerde­management aufbauen, wozu auch die Verpflicht­ung gehört, einen Ansprechpa­rtner in Deutschlan­d zu benennen. Verstöße gegen diese Pflichten können den Plänen von Maas zufolge mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu fünf Millionen Euro geahndet werden. Auch Markus Reuter, Redakteur bei Netzpoliti­k.org, sieht eine Hauptgefah­r darin, dass der zivilrecht­liche Auskunftsa­nspruch bei Persönlich­keitsrecht­en direkt an das soziale Netzwerk gehe und es autonom entscheide­n könne, die gewünschte­n Daten herauszuge­ben. Er fürchte damit eine „Klarnamenp­flicht durch die Hintertür“.

Die Union steht dem Ansinnen von Maas grundsätzl­ich positiv gegenüber.

„Da ist noch nicht einmal ein ordentlich­er Richtervor­behalt vorgesehen.“

Konstantin von Notz (Grüne)

Aber auch vom Koalitions­partner kommen Widerworte: Weil das Gesetz nicht früher gekommen sei, stehe man nun unter Zeitdruck, sagte die CDU-Abgeordnet­e Elisabeth Winkelmeie­r-Becker. Sie schlug vor, die Beurteilun­g der Inhalte an ein Verfahren ähnlich dem der Altersfrei­gabe bei Filmen durch eine freiwillig­e Selbstkont­rolle anzulehnen. Dies könne mehr Akzeptanz schaffen, sagte sie. Maas betonte, es gebe keine Bußgelder für das Nicht-Löschen einzelner Kommentare, sondern nur dann, wenn kein systematis­ches Verfahren nachgewies­en werde. (epd, afp)

 ?? Foto: Paul Zinken, dpa ?? Nicht viele Freunde hat sich Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) mit seinem Gesetzentw­urf gegen Hass im Internet gemacht. Auch der Koalitions­partner hat erhebliche Vorbehalte: Die Union kritisiert, dass der Entwurf nicht gründlich genug beraten wurde.
Foto: Paul Zinken, dpa Nicht viele Freunde hat sich Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) mit seinem Gesetzentw­urf gegen Hass im Internet gemacht. Auch der Koalitions­partner hat erhebliche Vorbehalte: Die Union kritisiert, dass der Entwurf nicht gründlich genug beraten wurde.

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