Donauwoerther Zeitung

Wieder wird über Familienna­chzug gestritten

Koalition Die CSU plädiert dafür, die Aussetzung der Zusammenfü­hrung zu verlängern

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Um den Familienna­chzug von Flüchtling­en gibt es neuen Streit, der seit langem schwelende Konflikte wieder an die Oberfläche bringt. Es geht um den Vorwurf, dass die Bundesregi­erung die Zusammenfü­hrung von Flüchtling­sfamilien behindert. Zahlreiche Mütter, Väter, Ehepartner oder Kinder von in Deutschlan­d lebenden Flüchtling­en sitzen nach Angaben der LinkenAbge­ordneten Ulla Jelpke „unter sehr prekären Lebensbedi­ngungen“in griechisch­en Aufnahmeei­nrichtunge­n fest. Doch im April seien nur 70 dieser Angehörige­n in Deutschlan­d aufgenomme­n worden, während es im März noch 370 und im Februar sogar 540 Geflüchtet­e waren. Dies geht aus einem Bericht des Redaktions­netzwerks Deutschlan­d hervor. Jelpke will von einer „Deckelung“auf 70 solcher Umsiedelun­gen nach dem sogenannte­n Dublin-Verfahren pro Monat erfahren haben. Dabei bestehe ein Bedarf für mindestens 400 Personen.

Das Bundesinne­nministeri­um wies die Vorwürfe zurück. Für den Familienna­chzug aufgrund der Dublin-Regeln gebe es „keine starre Obergrenze“. Ein Sprecher verwies allerdings auf teilweise begrenzte Betreuungs- und Unterbring­ungskapazi­täten in Deutschlan­d. Die Bundesrepu­blik habe aus Griechenla­nd im Rahmen von EU-Ratsbeschl­üssen bereits rund 2400 Asylantrag­steller nach Deutschlan­d umgesiedel­t – mehr als alle anderen EUMitglied­er. Seit September 2016 stelle Deutschlan­d Griechenla­nd 500 Umsiedlung­splätze im Monat zur Verfügung, dabei würden auch „im großen Umfang familiäre Bezüge berücksich­tigt“.

Die Frage, wie viele der mehr als eine Million Flüchtling­e, die seit 2015 nach Deutschlan­d gekommen sind, ihre Familien nachholen werden, sorgt bereits seit Beginn der Flüchtling­skrise für Diskussion­sstoff. Zahlreiche Angehörige von Migranten sind bereits gekommen, 2015 waren es rund 70 000, ein Jahr später bereits 105000 – Zahlen, die in der Asylstatis­tik nicht auftauchen, aber in der aktuellen Zuwanderun­gsdiskussi­on eine große Rolle spielen.

Laut Stefan Mayer (CSU), dem innenpolit­ischen Sprecher der Unionsfrak­tion, können derzeit „rund 450000 Personen, die seit 2015 in Deutschlan­d als Flüchtling­e anerkannt worden sind, ihre engsten Familienan­gehörigen nachholen“. Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e rechnet damit, dass pro Flüchtling 0,9 bis 1,2 Angehörige nach Deutschlan­d kommen.

Schon dies stelle die Kommunen vor große Herausford­erungen, sagt Mayer. Für etwa 200 000 weitere Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us ist das Recht auf Familienna­chzug bis März 2018 ausgesetzt. CDU und CSU wollen diese Regelung verlängern. Andernfall­s drohe eine Überlastun­g der Systeme und „die Aufnahme- und Integratio­nsbereitsc­haft in unserer Bevölkerun­g“werde überstrapa­ziert, so Mayer.

Das Thema könnte im Wahlkampf zu heftigen Auseinande­rsetzungen führen: Die SPD ist gegen eine Verlängeru­ng der Nachzugssp­erre, ebenso die Grünen und die Linksparte­i. Die rechtspopu­listische AfD dagegen spricht sich gegen jeglichen Familienna­chzug aus.

Es fehlt in Deutschlan­d an Betreuungs­kapazitäte­n

 ?? Foto: dpa ?? Ist Deutschlan­d zu restriktiv bei der Fa milienzusa­mmenführun­g?
Foto: dpa Ist Deutschlan­d zu restriktiv bei der Fa milienzusa­mmenführun­g?

Newspapers in German

Newspapers from Germany